Weiterbildung
Okt 081990
 

Qualifikation nicht gefragt

(noa) Wenn Arbeitslose ihre Zeit dazu nutzen, sich weiterzubilden, so sollte das doch eigentlich im Sinne des Arbeitsamtes sein. Schließlich verbessern sie damit ihre Qualifikation. Beim Arbeitsamt Wilhelmshaven scheint das jedoch nicht zu gelten.

Die Volkshochschule bietet einen Tageskurs zur Vorbereitung auf die Realschulabschlußprüfung an. Arbeitslose, die an diesem Kurs teilnehmen, stehen dem Arbeitsmarkt dennoch weiterhin zur Verfügung, da es auch einen entsprechenden Abendkurs für Berufstätige gibt. Sollte also ein Teilnehmer Arbeit finden, bleibt ihm die Chance, in den Abendkurs zu wechseln.
Angesichts der Arbeitsmarktsituation in Wilhelmshaven und Umgebung ist allerdings kaum damit zu rechnen, daß sehr viele TeilnehmerInnen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen müssen. Für sie ist es also ganz vernünftig, diesen Kurs zu belegen, statt von vorneherein und auf Verdacht in den Abendkurs zu gehen.
Einige Vermittler beim hiesigen Arbeitsamt sehen das offenbar anders. So berichteten KursteilnehmerInnen, daß sie neuerdings auffallend häufig einbestellt werden. Während früher etwa einmal pro Vierteljahr eine Einladung zur „Arbeitsberatung“ kam, so ist das seit Kursbeginn öfter der Fall. Und aufgrund der Öffnungszeiten des Arbeitsamtes findet die „Beratung“ dann natürlich vormittags statt, so daß Unterricht versäumt werden muß.
Wenn dann das Gespräch mit einem Geplauder über die Dauer des Kurses und die Anzahl der täglichen Schulstunden beginnt und zunächst gar nicht ersichtlich ist, warum man einbestellt wurde, fragt man sich, wozu man jetzt eigentlich gerade eine Mathestunde sausen läßt. Nur: Diese Frage laut zu äußern, darf man nicht riskieren.
In einem Fall schloß sich an diesen gemütlichen Plausch die Frage an, ob der Arbeitslose denn auch bereit sei, gegebenenfalls eine zeitweilige Beschäftigung anzunehmen. Was diese Frage soll, ist nun gar nicht einzusehen – schließlich ist ja klar, daß man trotz des Kursbesuches weiterhin vermittelbar ist. Nicht umsonst haben die KursbesucherInnen, die Arbeitslosengeld bzw. –hilfe beziehen, vor Beginn der Maßnahme eine entsprechende Erklärung unterschrieben.
Vielleicht hat der betreffende Vermittler darauf gewartet, daß der Arbeitslose es ablehnen würde, eine Stelle anzutreten, was sofort eine Sperrfrist für den Leistungsbezug zur Folge gehabt hätte. Wie sonst soll man sich seine abschließenden Worte erklären, die da lauteten: „Junge Männer mit 22 gehen arbeiten und besuchen abends Kurse!“

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