Wattenmeer
Jun 261996
 

Watt wurmt den Wattwurm wirklich?

napa1010 Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Kids, Kunst, Film, Rockmusik und meh/er und keine Resignation trotz „Schwarzer Flecken“

(iz) Leicht entsteht der Eindruck, Wilhelmshaven liegt am Ende der Welt, der Bahnstrecke, der Autobahn und der Entwicklung schlechthin. Zumindest in einem Fall liegt es sehr zentral: unter den Küstengemeinden zwischen Emden und Cuxhaven, vor deren Toren der zweitgrößte deutsche Nationalpark liegt. Nicht von ungefähr ist die Jadestadt Sitz der Nationalparkverwaltung und demnächst auch des Wattenmeerhauses als größtes Umweltbildungszentrum der Küste.

1996 besteht das Großschutzgebiet 10 Jahre – für die Verantwortlichen nicht nur ein Grund zum Feiern. Die Nationalparkverwaltung, die als exotische Außenstelle der Bezirksregierung meist im Hintergrund wirkt, nimmt das Jubiläum zum Anlaß für die kritischen Reflexion ihrer Arbeit und des Naturschutzgedankens schlechthin.

Unser (?) Nationalpark: Gemeinden und Verwaltung im Gespräch

Seit dem Frühjahr befaßten sich Nationalpark-Anliegerkommunen mit „Chancen und Risiken des Nationalparks“ in Hinblick auf die regionale Entwicklung. Die neue Nationalpark-Chefin Irmgard Remmers nahm das zum Anlaß, sich den Gemeindevertretern vorzustellen und einen Neuanfang für konstruktive Zusammenarbeit und Akzeptanz zu schaffen. Die Ergebnisse der Sitzungen wurden als Protokolle oder Grußbotschaften vorgelegt (Auszüge s. unten).

Das Lauf-Feuer

Am 21. Juni radelten und liefen fast 1000 SchülerInnen für ihren Nationalpark. Von Emden und Cuxhaven aus führte die Strecke immer auf dem Deich entlang bis Wilhelmshaven. Die Nationalparkhäuser bereiteten den Staffelgruppen einen gebührenden Empfang. Dort übergaben die Bürgermeister ihre Botschaften zum Nationalpark. Abends wurden die letzten Gruppen mit großem Hallo beim Wattenmeerhaus am Südstrand empfangen. Ein kleines Kulturprogramm mit Spielen, Jongleuren und Musik von Radio Jade schloß eine der aufwendigsten und publikumswirksamsten Veranstaltungen dieser Reihe ab.
Die Kids waren klasse! Es war wohl der lausigste Sommeranfang seit Jahren, die Kinder kämpften gegen Regen und Wind an, es gab sogar einige Stürze und manche gaben auf – aber alle Kinder zusammen brachten die Botschaften ans Ziel. OB Menzel und Regierungsvizepräsident Dieter Boll würdigten diese Leistung, die der Wilhelmshavener Zeitung leider keine Vorankündigung wert war.
Die Botschaften gehen dem Niedersächsischen Umweltministerium zu, das für den Herbst eine Konferenz der Nationalpark –Anliegergemeinden und Naturschutzverbände vorbereitet.
wattwurm

Mensch ärgere den Wattwurm nicht

hieß eine von 160 Einsendungen, mit denen sich Schulklassen aus ganz Niedersachsen an dem Preisausschreiben „Watt wurmt den Wattwurm“ beteiligte: Spiele, Theaterstücke, Hörspiele, Modelle, Märchenbücher,
Lern- und Erlebniskisten, Collagen, Gedichte, Geschichten … Die Vielfalt an Ideen und der Fleiß der SchülerInnen stellen die Jury vor eine schwere Aufgabe.

Abenteuer Wattenmeer

heißen die dreitägigen Camps, die Anfang Juli an mehreren Orten im Nationalpark stattfinden. In Zusammenarbeit zwischen Nationalparkhäusern und Jugendpflege (Kinder-Ferienpaßaktion) ziehen die Kids in Watt und Salzwiesen, lernen Pflanzen und Tiere kennen und beobachten und ergründen Konflikte durch menschliche Nutzung. Abschließend gestalten und präsentieren sie eine eigene Aktion, um Erlerntes und Erlebtes für sich und andere durch Erfahrungen zu dokumentieren. An jedem Ort werden verschiedene Konzepte wie „Junge Prielforscher“ oder „Watt’n Kunst“ erprobt und so vielleicht zukünftig ein festes Angebot zur Umweltbildung im Nationalpark.

Watt’n dat da? Von Piraten und Piranjas

Zum Windfest am 6. und 7. Juli bietet das Kinderbetreuungsteam des Pumpwerks gemeinsam mit der Nationalparkverwaltung und der Kunstschule „Die Werft“ eine große Kinderaktion an: Es gilt, das Piratendiplom zu bestehen und einen Schatz zu finden. Das Abenteuer führt vom Piratenschiff auf eine geheimnisvolle Zauberinsel; dort verwandeln sich die kleinen Abenteurer in merkwürdige Tiere. Indem sie deren Sprache und Leben kennenlernen, gelangen sie zum Schatz …

Ein Wattenmeer-Kindergipfel

findet am 24. September ab 11 Uhr im Pumpwerk statt. Eingeladen sind die GewinnerInnen des Wattwurm-Preises und natürlich alle Interessierten. In einer Podiumsdiskussion können die Kids verantwortlichen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ihre Wünsche für das Wattenmeer vortragen und schwarze Löcher in den Bauch fragen. Neben der Präsentation der eingereichten Arbeiten – schon die sind einen Besuch wert – gibt es ein Begleitprogramm mit Aktionen, Jonglage mit Jan und Kai und Musik von Tüdelüüten. Geplant ist, gemeinsam mit der Kunstschule „Die Werft“ das Maskottchen Waltraud Wattwurm zu bauen, die als positives wie mahnendes Symbol für das weltweit einzigartige Ökosystem beim Pumpwerk bleiben soll.

Happy Birthday
Auch Geburtstagsgeschenke gab’s für den Nationalpark: Das erste war die neue Nationalpark-Chefin Irmgard Remmers, die, jünger, souveräner und konfliktfähiger als ihr Vorgänger, die schwierige Aufgabe erfolgreich angegangen ist, Akzeptanz für ein Großschutzgebiet in einer wirtschaftlichen Notstandsregion zu schaffen.
Pünktlich zum Saisonbeginn wurde, nach jahrelangen Forderungen der Nationalparkverwaltung und der Naturschutzverbände, die erste hauptamtliche Nationalpark-Wacht eingerichtet. International und auch in anderen deutschen Großschutzgebieten hat sich diese unmittelbare Form der Besucherlenkung schon seit Jahrzehnten bewährt.
Ein weiteres Geschenk die Nachricht, dass die Kaiserbalje nun doch nicht für die Schiffahrt ausgebaggert werden soll.

Es wird „… keine weitere Entwicklung gewünscht, an der am Ende ein Nationalpark im Sinne der … IUCN … entsteht bzw. fortentwickelt wird (die International Union for the Conservation of Nature setzt die strengsten Richtlinien im Sinne des Naturschutzes an – Anm. d. Red.). Die Inseln wünschen keine weitere Entwertung ihres Lebensraumes, ihrer Landschaft als Erlebnis- und Erholungsraum des Menschen. Sie treten derartigen Tendenzen oder Plänen entgegen.“
Aus dem Positionspapier der Ostfriesischen Inseln

„Die einheimische Bevölkerung muß sich mit dem Nationalpark identifizieren. Dieses zu erreichen, wird auch weiterhin eine wichtige und notwendige Kernaufgabe bei der Umsetzung des Naturschutzprojektes Nationalpark bleiben. Denn ohne einen intakten Lebensraum „Wattenmeer“ hat die Küstenregion keine Zukunft. Wir wünschen dem Nationalpark für die Zukunft den ihm zustehenden Erfolg zum Wohle der Natur und der hier lebenden Menschen.“
Aus der Grußbotschaft der Stadt Emden

„Die Stadt Wilhelmshaven bekennt sich zu ihrer Verantwortung als unmittelbarer Nordsee- und Wattenmeeranrainer. Nur wenn es gelingt, die Schadstoffeinträge aus Flüssen und Vorflutern sowie aus der Schiffahrt in das Wattenmeer so gering wie möglich zu halten, wird eine dauerhafte Erhaltung des Lebensraums Wattenmeer für Tiere und Menschen möglich sein.“
Aus der Erklärung des Rates der Stadt Wilhelmshaven

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