Wahlkampf-Rock
Dez 131994
 

Links gegen Rock

„Rock gegen Rechts“ nur noch kommerzielles Konzert!?

(ft) Am Samstag, den 8. Oktober 1994 fand ein „Rock gegen Rechts“-Konzert im Pumpwerk Wilhelmshaven statt. Mit „Kurz vor den Wahlen-Rock gegen Rechts“ wurde das Konzert angekündigt; doch diese Parole sollte auch das einzige politische Statement auf dieser Veranstaltung bleiben.

Ziel des Konzertes, das von Pumpwerk, DGB Kreisverband Wilhelmshaven, Musikinitiative und dem Aktionsbündnis „Viele Kulturen – Eine Zukunft“ geplant und durchgeführt wurde, war es wahrscheinlich, Jung- und Erstwähler davon zu überzeugen, dass Rechts wählen nicht die Lösung ihrer Probleme bedeutet. Und auch für die linke politische Szene war es mal wieder schön, sich zu treffen, zu feiern, zu diskutieren und einfach mal wieder gute Musik zu hören.
Bei Letzterem blieb es leider bei der hiesigen Veranstaltung. Musik war das einzige, was durch die Lautsprecher kam. Kein Statement seitens der VeranstalterInnen; auch die Bands spielten ihr unpolitisches Repertoire runter wie auf einer Silvesterparty. Auch die Zwischenkommentare und Liedankündigungen waren alles andere als politisch. Eine Band mit politischer Aussage, die auch in ihren Texten Stellung bezieht, hätte eindeutig besser in dieses Konzert gepaßt. Stattdessen mußte das Publikum Schmachtfetzen über Liebe und Soul mit Bühnenshow über sich ergehen lassen. Das dies nur 165 ZuschauerInnen, die sich im Pumpwerk verloren, angetan wurde, ist fast ein positiver Aspekt. Da aber niemand wußte, was sie/ihn erwartet, ist es schon wieder traurig, wie wenig Leute sich auf solchen Konzerten blicken lassen. War es die 17. Wiederholung des Otto-Films, die zeitgleich im Fernsehen lief, oder muß man/frau sich damit abfinden, daß solche Veranstaltungen nur zahlreich besucht werden, wenn kurz vorher Häuser gebrannt haben?!
Auch die hiesigen PolitikerInnen und BundestagskandidatInnen, die Wochen vorher den Wahlberechtigten einzubläuen versuchten, doch sie und nicht die Rechten zu wählen, ließen ihren Worten mal wieder keine Taten folgen. Sie ließen sich nicht blicken, trotz des „Kurz vor den Wahlen … „- Mottos.
Viele ZuschauerInnen fühlten sich einfach deplaziert. Daß sie auf einem „Rock gegen Rechts“-Konzert waren, wußten sie wirklich nur aus der Vorankündigung. Es hatte für sie den Anschein, daß das Konzert rein aus kommerziellen Gründen angesetzt wurde, denn auch die Bands, eine kam sogar aus Hamburg, spielten nicht etwa aus Benefizgründen, sondern für harte Gagen, und die waren nicht gerade niedrig. Der Eintrittspreis blieb mit fünf Mark angenehm erschwinglich, aber auch dieser konnte nicht locken, wohin auch? Schade, daß solche Veranstaltungen nicht mehr ziehen. Sollten jedoch die Veranstalter demnächst wieder keine Flagge zeigen, bleibt wohl auch das ewige Stammpublikum aus.

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