Vorteile
Sep. 141992
 

Hotel „Zur Piratherie?“

Benutzt SPD-Ratsherr Rath seine politischen Funktionen zur Erlangung persönlicher Vorteile?

(hk), Unter der eindeutig zweideutigen Überschrift „SKANDAL: PIRATH PLÜNDERT ETAT“ veröffentlichten Wilhelmshavens Jungsozialisten in der letzten Ausgabe ihrer Zeitung „Linke Bazille“ eine Geschichte, die so richtig alle Vorurteile über Filz und Mauschelei zu bestätigen scheint. Der GEGENWIND nahm die von den Jusos gelegte Fährte auf.

Vorweg einige Zitate aus dem Juso-Artikel: „‚Gute Beziehungen sind das A und O’ – mit diesem Slogan pflegt Arno Schreiber, seines Zeichens Oberstadtdirektor, sich intern zu publizieren. Ein stadtbekannter Pirath des Südstrandes scheint sich diesen Spruch angeeignet zu haben. – Zwei die sich gesucht und gefunden haben, planen nun den größten Deal seit den Zeiten des ‚Dreckigen Sumpfes‘.
Das Objekt der Begierde befindet sich am Südstrand und ist das ehemalige MWB-Gebäude, in dem zur Zeit das glorreiche Marine- (Kriegs-)museum untergebracht ist. Schreiber und Rath wollen nun das Gebäude in ein kommerzielles Küsten- und Marinemuseum incl. Hotel- und Cafékomplex umbauen. Das Großprojekt sieht Investitionen von ca. 20 Mio DM vor. Ein Schweizer Konsortium beteiligt sich mit ca. 10 Mio DM, Rath will 2,3 Mio (Bürgschaft der Stadt?) investieren; außerdem erwartet man eine Beteiligung des Landes.
Soweit so gut, meinen wir bis hier; doch wenn man des Rechnens fähig ist, bleibt da ja noch eine Finanzierungslücke, denn o.g. Beträge ergeben zusammen nicht die benötigten 20 Mio, es fehlen noch so schlappe 4 Mio DM! Der schlaue Freibeuter ist nun der Meinung, daß diesen Part nun gefälligst die Stadtkasse zu übernehmen hat ( … )
Die beiden gewichtigen Politiker legen sich (-auch wohl mittels ihrer Ämter) mächtig ins Zeug, um an die fehlenden Gelder zu gelangen. (… ) Die Öffentlichkeit und der Rat (und das ist auch ein Hammer!) sollen von diesem Vorhaben erst kurz vor der Realisierung des ehrgeizigen Projekts unterrichtet werden. ( … )
Fazit (oder Moral von der Geschicht‘): Stimmt der Rat der Sache zu, erhöht sich entweder der Schuldenberg (unwahrscheinlich), oder es wird mal wieder ein Etat zusammengestrichen (wahrscheinlich). Warum nicht wieder das Sozialbudget, das hatten wir dies Jahr doch schon mal?! Angesichts der sozialen Probleme in WHV ein Schritt in die Rechte Zukunft, oder anders gesagt: Schlechter Rath ist eben teuer! „

Soweit die Auszüge aus der Linken Bazille. Wie gesagt: Wir nahmen die Fährte auf, sprachen mit Leuten aus der SPD, aus den Ausschüssen des Stadtrates, aus der Verwaltung und letztendlich auch mit Arend Roland Rath. Danach stellen sich die Fakten wie folgt dar: In das Gebäude der Alten Torpedowerft (und nicht in das ehem. MWB-Gebäude) soll, so jedenfalls sehen konkrete Planungen der Stadtverwaltung aus, das Küstenmuseum und andere historische und kulturelle Objekte ein neues Domizil finden – dazu kann dann auch das Marinemuseum gehören. Diese Maßnahme hat einen grob geschätzten Kostenrahmen von 10 Mio DM. Wie dieses Objekt finanziert werden wird, steht noch nicht fest – sicherlich muß auch das Land (Frau Ministerin Schuchardt besichtigte Anfang des Jahres u.a. auch dieses Gebäude) sein Scherflein dazu beitragen.
Gleichzeitig möchte A.R. Rath, der Betreiber des Hotels Seeräuber, expandieren, „weil“ so Rath zum GEGENWIND, „die Nachfrage nach Übernachtungen entschieden höher ist, als wir sie mit unseren 44 Betten befriedigen können.“
Er hat Interesse daran, diese Erweiterung im ATW-Gebäude zu realisieren, und hat ein Konzept vorgeschlagen, wie das Hotel in die Planungen einbezogen werden kann. Nach Raths Berechnungen geht es dabei für ihn um die Summe von 2 bis 2,5 Mio. DM. Rath zum GEGENWIND: „Die Jusos haben da wohl allerhand durcheinandergebracht.“ Neben Rath soll es noch zwei weitere (finanzkräftigere) Interessenten für ein solches Café-/Hotel/Museumsobjekt geben.
Auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit stellt sich anders dar, als es die Jusos schreiben: Bereits im März 1992 gab es im öffentlichen Teil einer Sitzung des Kulturausschusses erste Informationen über dieses Projekt. Auf unsere Frage, warum er denn von den Jusos keine Gegendarstellung oder Richtigstellung verlange, sagte Rath: „Der Artikel ist so falsch und so schlecht – das ist doch eine Glosse! Da reagiere ich überhaupt nicht drauf.“

Unser Kommentar: Arend Roland Rath·ist mit Sicherheit ein Unternehmer, der seine geschäftlichen Ambitionen auf allen möglichen Schienen zu realisieren versucht. Und das geschieht auch nicht uneigennützig, doch welcher Unternehmer kann überleben, wenn er den Gemeinnutz zum Unternehmensprinzip macht?
Arend Roland Rath ist aber auch Ratsherr der SPD, ein Ratsherr mit vielen Verbindungen und Kontakten. Die Grenze zwischen Job und Politik verläuft bei vielen Ratsmitgliedern, so auch bei Arend Roland, fließend – hier aufzupassen, daß niemand seine politische Stellung zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile ausnutzt, darin sieht nicht nur der GEGENWIND, sondern sehen sicherlich auch die Jusos ihre Aufgabe.
Aber wenn es darum geht, jemanden einer solchen Vorteilnahme anzuklagen, müssen härtere Fakten auf den Tisch, als wir sie von den Jusos serviert bekamen, dürfen harte Fakten nicht durch un- oder halbrichtige Informationen ihrer Spitze beraubt werden.
Es bleibt zu hoffen, daß die Jusos auch weiterhin innerhalb der SPD für Unruhe sorgen werden, denn diese Partei braucht gehörigen Dampf. Ansonsten werden wir uns auch in Zukunft ständig mit solchen Geheimniskrämereien wie bei der Ansiedlung der Reha-Klinik auseinandersetzen müssen.

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