Versprochen- nicht gehalten
Jan 122000
 

Neuengroden wird wohl auch weiter keine Poststelle haben

(red) Anfang 1993 ging ein Gerücht durch Neuengroden. Man erzählte sich, dass die Poststelle Freiligrathstraße geschlossen werden solle. Und bald wurde aus dem Gerücht Gewissheit. Zum Jahresende werde die schnuckelige kleine Poststation geschlossen, verfügte die Post. Da half auch keine einstündige „Belagerung“ des Poststelle durch einige Neuengrodener Sozialdemokraten, unterstützt durch Wilfrid Adam und Gabriele Iwersen.

Zusätzlich hatte der SPD-Vorstand an die Bewohner dieses Stadtteils Handzettel verteilt und sie aufgefordert, durch ihre Unterschrift ihren Unmut über die beabsichtigte Schließung zu zeigen. Über 600 Unterschriftenbelege gingen ein. Sie wurden – zusammen mit einem Brief an den damaligen Postminister Bötsch (CSU) nach Bonn gesandt.
Doch der hatte wohl zu viel mit den Skandalen um die Telekom zu tun, denn eine Antwort bekamen weder der SPD-Vorstand noch der für die BürgerInnen von Neuengroden im Rat der Stadt sitzende Norbert Schmidt.
Welche weiten Wege nach der Schließung nun den NeuengrodenerInnen zugemutet werden, welche zusätzlichen Kosten entstehen, um zu einer anderen Poststelle zu gelangen, hat damals der GEGENWIND eingehend geschildert (GW 125 „Post mortem“).
Nach Aufgabe der Poststelle gab es nun noch die Möglichkeit, eine private so genannte Postagentur zu finden, also ein Geschäft oder einen Kiosk mit der Wahrnehmung postalischer Aufgaben zu betrauen.
Darum wollte sich im Jahr 1994 der Neuengrodener Ratsherr Norbert Schmidt bemühen, und so hofften die NeuengrodenerInnen, die Chance zu bekommen, unweit der Wohnung wenigstens ihre Briefmarken zu erwerben, Pakete abzugeben und Einzahlungen vorzunehmen.
Bei der Post geht’s nicht so schnell, dachten sie sich – und warteten. Beim Rat der Stadt wohl auch nicht. Denn es geschah nichts.
Weshalb nicht, das ergab nach einem Jahr eine private Rückfrage bei der Post. Die Antwort lautete: Der Postverwaltung lag zu keiner Zeit ein entsprechender Antrag des Stadtrates vor.
Nun, nach Jahren, war es eine Neuengrodener Bürgerin, die – da die Politik kein Interesse gezeigt hatte – Ende 1998 privat einen Versuch unternahm, für diesen Stadtteil eine Postagentur zu fordern.
Frau Iris Krein hat einen Kiosk in der Hauffstraße, also im Zentrum des Stadtteils, und wäre in der Lage, zusätzlich eine Postagentur zu betreiben. Was sie alles unternommen hat und wie es endete, schildert sie uns so: „Ich habe vor nicht ganz drei Jahren den Kiosk in der Hauffstraße übernommen. Da habe ich viele Kontakte mit der Neuengrodener Bevölkerung, die bei mir einkauft. Immer wieder bekam ich dabei auch Klagen zu hören, dass man doch eine Poststelle im Stadtteil sehr vermisst. Neuengroden ist überaltert. Besonders die vielen älteren Leute beklagen die Fahrtkosten und die langen Wege bis zur nächsten Postannahmestelle.
Deshalb habe ich mich im Oktober 1998 an das Postamt Leer gewandt, das für die Einrichtung von Postagenturen verantwortlich ist, und um Prüfung gebeten, ob eine solche in meinen Räumen eingerichtet werden kann. Ich bekam von dort den Bescheid, dass keinerlei Bedarf dafür bestehe.
Daraufhin sammelte ich – wie vor Jahren die SPD – Unterschriften. Außer in meinem Kiosk lagen Listen auch in Gaststätten und in der Kahl’schen Apotheke aus. Nach kurzer Zeit hatte ich 774 Unterschriften beisammen. Im Juni 1999 übergab ich die Unterschriftensammlung im Beisein des Ratsherrn Norbert Schmidt und des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Jürgen Gerdes der Bundestagsabgeordneten Gabriele Iwersen. Alle drei versprachen, mein Vorhaben voll zu unterstützen.
So meinte ich meinem Ziel nahe zu sein.
Zwölf Wochen später rief ich den Ratsherrn Schmidt an, um mich zu erkundigen, ob schon eine Antwort vorläge. Herr Schmidt war persönlich nicht erreichbar; deshalb habe ich meine Anfrage auf den Anrufbeantworter gesprochen. Bis heute habe ich von ihm keinen Rückruf bekommen.
Vor einigen Tagen kam nun der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Jürgen Gerdes zu mir und erklärte mir – im Auftrag von Gabriele Iwersen – dass es keine Postagentur in Neuengroden geben werde. Die Post müsste zu viel Geld investieren, u.a. auch für eine Schulung der Inhaberin.“
Dieser Bescheid wird die BürgerInnen von Neuengroden ziemlich entrüsten. Denn fehlendes Geld dürfte kein Grund sein. Die Post schließt in diesem Jahr mit einem Milliardengewinn ab.
Und die Pächterin des Kiosks ist sauer auf die SPD. „Da wird nur groß getönt, und gemacht wird nichts. Das werden sie bei der nächsten Wahl merken“, so Frau Krein. Doch nicht nur auf die Sozialdemokraten ist sie sauer. „Hier hätten auch die anderen Parteien, die CDU, die Grünen und die FDP, Bürgersinn zeigen können. Denn auch die Vertreter dieser Parteien wussten von meinem Vorhaben.“

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