Na siehste!
Einphasige Lehrkräfte müssen nachversichert werden
(noa) Unter der Überschrift „Pech gehabt?“ berichtete der Gegenwind in seiner Ausgabe 127 von einem Lehrer aus Wilhelmshaven, der als (vermeintlich) einziger von Hunderten oder Tausenden von LehrerInnen gegen das Land klagte, um seine rückwirkende Rentenversicherung durchzusetzen.
Für die, die es damals nicht gelesen haben oder sich nicht erinnern: Betroffen sind Lehrer und Lehrerinnen, die die “ Einphasige Lehrerausbildung“ (ELAB) durchlaufen haben, die an der Universität Oldenburg einige Jahre lang als Modellversuch lief. Diese KollegInnen studierten länger als zweiphasig ausgebildete; dafür hatten sie jedoch keinen Vorbereitungsdienst (Referendariat) zu leisten; ihre schulpraktische Ausbildung absolvierten sie im 3. Studienabschnitt. Im Unterschied zu den auf üblichem Wege ausgebildeten Lehrkräften waren sie während der praktischen Ausbildung nicht sozialversichert, obwohl sie wie ReferendarInnen bezahlt wurden. Diejenigen, die nach dem Studium verbeamtet wurden, braucht das nicht zu ärgern, da ihre Pensionsansprüche dadurch nicht geschmälert werden. Sehr viele Lehrkräfte arbeiten jedoch – im Landesdienst oder bei anderen Arbeitgebern – als Angestellte, und deren Rentenanspruch sinkt deshalb.
Franz Kleinert aus Wilhelmshaven, Absolvent der ELAB, fand das ganz und gar ungerecht, zumal da einphasig ausgebildete Juristen rückwirkend sozialversichert wurden. Und so tat er zweierlei: Er verklagte das Land, und er wandte sich an die Öffentlichkeit.
Die Resonanz auf den damaligen GEGENWIND-Artikel fand er eher enttäuschend. Nur etwa zehn gleichermaßen Betroffene meldeten sich bei ihm, um sich über seinen Rechtsstreit und seine juristische Argumentation zu informieren und ebenfalls ihre Ansprüche durchzusetzen. Jetzt hat Franz Kleinert erfahren, daß seine Sache mittlerweile gute Aussichten auf Erfolg hat. Schon etwa zwei Jahre vor ihm hat eine gleichermaßen betroffene Lehrerin eine entsprechende Klage erhoben – mit Erfolg in der ersten Instanz.
Das Sozialgericht Hannover verurteilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, von der Klägerin und vom Land Niedersachsen die Beiträge zur Rentenversicherung entgegenzunehmen, und gleichzeitig das Land Niedersachsen, seinen Arbeitgeberanteil an diesen Beiträgen nachzuentrichten. Die Begründung für dieses Urteil liegt ganz auf der Linie, auf der auch Kleinert argumentiert, und bestätigt ihn darin, seinen Anspruch weiterhin geltend zu machen:
Der 3. Studienabschnitt der ELAB entsprach dem Vorbereitungsdienst (Referendariat) in der zweiphasigen Lehrerausbildung, und die Studierenden waren in diesen letzten 3 Semestern „im wesentlichen den gleichen Rechten und Pflichten unterworfen wie die übrigen vergleichbaren ‚Auszubildenden‘ des Landes Niedersachsen für den Beruf des Lehrers, also die Referendare“, und der „Gesetzgeber (wollte) die Teilnehmer einphasiger Ausbildungen nicht gegenüber denen von zweiphasigen Ausbildungen benachteiligt sehen ( … ). Die Einrichtung einphasiger Ausbildungen hatte nicht zum Ziel, die versicherungsrechtliche Stellung der Teilnehmer zu verändern, sondern die Möglichkeit zu schaffen, zu erproben, ob eine verbesserte Ausbildung gegenüber dem herkömmlichen Modell möglich wäre …. Es ist nach Auffassung der Kammer auch nicht möglich, die Versicherungspflicht dadurch zu umgehen, daß man eine Tätigkeit, die tatsächlich zur Ausbildung ausgeübt und entsprechend vergütet wird, als etwas anderes – z.B. als Studium – bezeichnet oder versucht, den tatsächlichen Charakter der Tätigkeit durch eine entsprechende Gestaltung der Rahmenbedingungen, die aber an dem Wesen der Tätigkeit als solcher nichts ändern, unkenntlich zu machen.“
Auch der Vergleich mit der einphasigen Juristenausbildung, den Kleinert gezogen hatte, wird in dem Urteil herangezogen und als Bekräftigung für die Verpflichtung zur Nachversicherung der ELAB-Lehrkräfte genannt.
Gegen das Urteil ist Berufung eingelegt worden, und laut Auskunft der Bezirksregierung Weser-Ems kann frühestens Ende des 1. Quartals 1996 mit einem Urteil des Landessozialgerichts gerechnet werden. Kleinert hat sein eigenes Verfahren deshalb erst einmal auf Eis gelegt und wartet dieses Urteil ab. Er wiederholt aber seinen Aufruf an ehemalige ELAB-Studentlnnen, ihre Nachversicherung einzufordern. Für die Argumentationslinie können sie das Urteil des Sozialgerichtes Hannover vom 26.10.94 (Az.: S 14 An 287/91) heranziehen.
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