Verpackungsmüll
Aug 021993
 

Ein Loch im Gelben Sack

Kommunen setzten sich erfolgreich gegen einseitigen Vertragsbruch des DSD zur Wehr

(hk) Ein Brief des DSD (Duales System Deutschland) an die mit ihr vertraglich verbundenen Kommunen machte deutlich, was eh schon alle wußten: Die Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen läßt sich nicht realisieren.

Bevor das DSD sich mit seinem Brief an die Öffentlichkeit wagte, versuchte es über viele Monate hinweg auf mehr oder minder kriminelle Weise das Scheitern der Kunststoffverwertung zu vertuschen – Gelbe Säcke tauchten auf den Mülldeponien zwischen Paris, Bukarest und Bangkok zu Tausenden auf; in Deutschland wurden riesige (illegale) Zwischenlager – z. B. in verlassenen Kasernenanlagen der US-Army – entdeckt.

Warteschleife für Kunststoffmüll

Der Grüne Punkt kam immer mehr in Verruf. Innerhalb der verpackungsmüllsammelnden Bevölkerung trat Verunsicherung auf. Trotzdem, so Wilhelmshavens Umweltdezernent Jens Graul zum GEGENWIND, stiegen die eingesammelten Verpackungsabfalle auch im letzten halben Jahr weiter an. Schon im September 1992 mußte das DSD zugeben, daß es mit den Kunststoffverpackungen nicht klar kommt. Das DSD sprach damals von einer „Warteschleife vor dem Recycling“ . Daraus wurden dann die Müllandungen in Frankreich, Rumänien oder Südostasien. Das den Haushalten sattsam bekannte Problem „Wohin mit dem ganzen Verpackungsmüll?“ konzentrierte sich nun – millionenfach verstärkt beim DSD. Nun gab es für das DSD nur noch die Entscheidung zwischen dem Ersticken in Müllbergen oder dem Vertragsbruch. Man entschied sich für die zweite Variante.

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Foto: Klöpper

Einseitige Vertragsänderung

In einer für „unsere Gesellschaft schwierigen Situation“ teilte die DSD den Kommunen in einem Brief, geschrieben am 28. Juni 1993, mit, daß ab dem 1.Juli 1993 aus den Gelben Säcken „neben Weißblech, Aluminium und Getränkekartons nur noch Folien > DIN A4, Kunststoffflaschen < 5 l (…) aussortiert werden. Der restliche Inhalt des Gelben Sackes oder der Gelben Tonne einschließlich Mischkunststoffe ist – mangels Kapazitäten – derzeit stofflich nicht verwertbar und muß deshalb den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften als Gewerbeabfall zur Entsorgung überlassen werden.“ Gleichzeitig teilte das DSD den Kommunen mit, daß „die Entgelte für das Sammeln und Sortieren der Leichtstoffe um 20 % reduziert werden.“ Desweiteren kündigte die DSD an, daß sie „von den Zahlungen an entsorgungspflichtige Körperschaften für Containerstellplätze und/oder Öffentlichkeitsarbeit und/oder Wertstoffberatung 1,00 DM“ pro Einwohner einbehalten wird.

Kommunen erfolgreich

Die Kommunen liefen Sturm gegen diese einseitige Veränderung des Vertrages und hatten Erfolg. „Das DSD hat fast alle Punkte zurückgenommen. Die Sortiertiefe bleibt erhalten. Es werden keine Mittel gekürzt. Einzig die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit und die Standortunterhaltung werden dem DSD gestundet“, so Jens Graul in einem Telefongespräch mit dem GEGENWIND. Was das DSD allerdings mit den anfallenden Kunststoffabfällen machen wird, war kurzfristig nicht in Erfahrung zu bringen. Ob der in letzter Zeit als Allheilmittel gepriesene Weg der Hydrierung (das im Kunststoff enthaltene Erdöl wird auf chemischen Wege zurückgewonnen und steht dann zur Produktion neuer Verpackungen zur Verfügung), wirklich ein gangbarer Weg ist, muß aufgrund der schlechten Energiebilanz dieses Verfahrens bezweifelt werden.

Müll vermeiden

Der einzige Ausweg aus der Misere ist und bleibt der Weg hin zur Mehrwegverpackung und der Benutzung eigener Gefäße. Diese Meinung vertritt auch Wilhelmshavens Umweltdezernent Jans Graul: „Das einzige, was man jedem empfehlen kann, der Glaubwürdigkeitsprobleme hat, ist, keine Verpackung mehr zu kaufen. Deswegen wird die Stadt sich auch an der Mehrwegkampagne der niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn sehr aktiv beteiligen – weil das auf Dauer ja wirklich die einzige Lösung ist.“

Giftiger Gelber Sack

Der Gelbe Sack ist in den meisten Haushalten anzutreffen. Die Probleme mit dessen Unterbringung haben die meisten Verbraucher inzwischen wohl auch gelöst. Doch ein Teil dieser Haushalte wird umdenken müssen: Die gelben Kunststoffsäcke enthalten giftige Lösemittel, wie z.B. das krebserregende Toluol. Der Radiosender ffn , der eine entsprechende Untersuchung in Auftrag gegeben hat, verbreitete diese Meldung am 5. August über den Äther.
Empfehlung von ffn: Die gelben Säcke dürfen nicht in Küchen, Kinderzimmern oder anderen bewohnten Räumen gelagert werden.

Was tun?
  1. Überall, wo es möglich ist, auf Verpackungen verzichten. Milch, Joghurt und ähnliche Produkte gibt es in Pfandgefäßen.
  2. Wenn sich Verpackungen nicht vermeiden lassen, bewußt nur solche Verpackungen kaufen, von denen bekannt ist, dass deren Wiederverwertung klappt (z.B. Papier, Glas, Weißblech). Möglichst ganz auf Kunststoffverpackungen verzichten.
  3. Nicht vermeidbare Verpackungen auch weiterhin in den Gelben Sack, auf keinen Fall in den Hausmüll!

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