Türkenzentrum anerkennen!
Jun 011982
 

Interview mit Refik Elbasi

Der ROTDORN interviewte den Vorsitzenden des „Vereins der Türken in Wilhelmshaven und Umgebung“, Refik Elbasi. Elbasi ist Lehrer und leitet das neue „Türkische‘ Kommunikationszentrum“ in der Rheinstr. 123. In diesem Gespräch verriet er uns interessante Einzelheiten aus der Arbeit im Zentrum.

Rotdorn: Seit wann gibt es den „Verein der Türken“ in Wilhelmshaven, Herr Elbasi?
Elbasi: Der Verein gründete sich 1974.Etwa genauso alt ist das Problem, geeignete Räume für den Verein zu erhalten. Nachdem wir lange Jahre herumgestoßen wurden, kam im vergangenen Jahr das „Bunte Haus“ für uns ins Gespräch. Doch ausländerfeindlichen Hetzern gelang es – wie bekannt – durch eine sogenannte „Bürgerinitiative“ die Bevölkerung gegen uns aufzubringen. Das „Bunte Haus“ steht heute noch leer und verfällt …

ROTDORN: Seit Anfang 1982 verfügt der „Verein der TUrken“ über das Haus in der Rheinstr. 123, gemeint ist das türkische Kommunikationszentrum. Wie kam es dazu.
Elbasi: Noch im August 1981 – also einen Monat vor der Kommunalwahl – trat die Stadtverwaltung plötzlich mit dem Vorschlag an uns heran, uns das leerstehende Haus in der Rheinstr. 123 vertraglich zu übergeben. Ich unterschrieb damals sofort den mir vorgelegten Vertrag und erwartete eine ebenso schnelle Schlüsselübergabe . Doch – wie das so ist – plötzlich fielen die Herren an der zuständigen Stelle (wohl aus Angst vor der Kommunalwahl) um . Ein Herr aus dem Ausländeramt teilte meiner Frau mit, daß es zu der beabsichtigten Schlüsselübergabe nicht käme. Erst geraume Zeit nach der Wahl erhielt ich dann endlich den vertraglich zugesicherten Schlüssel.

ROTDORN: Wer unterstützt in Wilhelmshaven den „Verein der Türken“?
Elbasi: Zu bedanken haben wir uns besonders bei Herrn Oberstadtdirektor Dr. Eickmeier, auf dessen Initiative letztendlich unser Haus zurückzuführen ist. Von den im Rat vertretenen Parteien sind es SPD und F.D .P. die uns unterstützen. Konkrete Hilfe gab es außerdem vom Stadtjugendring und vom Stadtschülerrat, wie auch von der Jugendpflege und nicht zuletzt vom Pumpwerk.

TürkenROTDORN : Das Zentrum hat täglich ab 15:30 Uhr geöffnet. Welches Angebot hat das Zentrum zu bieten ?
Elbasi: Neben Nähkursen, Türkisch- und Deutschkursen, die in erster Linie am Wochenende stattfinden, gibt es einen Gesprächskreis, Chor-, Instrumental- und Folkloregruppen, eine Theatergruppe, Tischtennisturniere und jeden Abend ab 18 .00 Uhr einen türkischen Videofilm. Zweimal wöchentlich findet die kostenlose Hausaufgabenhilfe des Stadtschülerrats für türkische Schüler aller Schulen statt. Alkohol und Glücksspiele (wie Automaten) gibt es im Zentrum natürlich nicht . Das Angebot findet generell einen sehr guten Anklang.

ROTDORN: Wie beurteilen Sie die steigende Ausländerfeindlichkeit, Herr Elbasi?
Elbasi: Ausländerfeindlichkeit beruht auf Vorurteilen, und Vorurteile beruhen auf Unkenntnis. Es ist ein Irrglaube, zu sagen, es gibt 2 Mio. Ausländer und 2 Mio. Arbeitslose in der Bundesrepublik, deshalb müssen die Ausländer weg. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Die Dreckarbeiten, die türkische Arbeitnehmer in deutschen Betrieben verrichten müssen, würde kein deutscher Arbeiter annehmen. Auch sollte man einmal klar aussprechen, daß türkische Arbeitnehmer auch Steuerzahler sind.

ROTDORN: Sie wollen damit vermutlich auf die immer wieder vorgebrachte Behauptung eingehen ausländische Arbeitnehmer nützen unseren Sozialstaat aus?
Elbasi: Genau, das will ich. Steuerzahler haben in dieser Republik Pflichten. Da s ist uns nur zu bekannt. Aber sie haben auch Rechte.

ROTDORN: Herr Elbasi, welche konkreten Wünsche hat der „Verein der Türken“ heute?
Elbasi: Unser Ziel ist es – und das ist leider noch längst nicht gelungen – die Türken in Wilhelmshaven zu integrieren. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist, daß der Oberbürgermeister unser Zentrum endlich offiziell anerkennt. Das ist leider immer noch nicht geschehen. Herrn Janssen ist, wie er dem Stadtschülerrat im März schrieb, offiziell nicht bekannt. daß es in Wilhelmshaven ein „Türkisches Kommunikationszentrum“ gebe. Traurige Realität.

ROTDORN: Sie arbeiten alle praktisch ganztägig sieben Tage in der Woche ehrenamtlich . Der Stadtjugendring fordert deshalb, im Zentrum einen Sozialarbeiter anzustellen, während die Jusos – um der Stadt aus Kostengründen entgegenzukommen – die Anstellung eines qualifizierten Zivildienstleistenden in Ihrem Zentrum fordern.
Elbasi: Das entspricht genau unseren Wünschen. Die Arbeit im Zentrum ist nur mit einer festangestellten Kraft möglich, wobei wir die Juso-Forderung durchaus unterstützen, einen Zivildienstleistenden diese Aufgabe zu übertragen .

ROTDORN: Herr Elbasi, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen dem „Verein der Türken“ auch weiterhin eine erfolgreiche Arbeit.

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