Torpedos zu Schweinswalen
Jul 011997
 

Wattenmeerhaus am Südstrand öffnete seine Pforten

(red) „Schwerter zu Pflugscharen“ – das sei, so Umweltministerin Monika Griefahn anläßlich der Einweihung des Wattenmeerhauses am Südstrand , durch die Umwidmung der alten Torpedowerft in das größte Umweltbildungszentrum der Nordseeküste im besten Wortsinne symbolisiert. Wird die Einrichtung in ihrem etwas suspekten Umfeld die gesteckten Ziele erreichen?

Am „einzigen Südstrand der Nordseeküste“ erwarten den Besucher, nach achtjähriger Vorbereitungs- und Bauzeit, in unmittelbarer Nachbarschaft zum U-Boot und dem geplanten Marinemuseum, abseits der Freß- und Saufmeile, spannende und ungewöhnliche Informationen zu Natur und Landschaft des Wattenmeeres. Im direkten Kontakt zu dieser weltweit einzigartigen Landschaft, die sich dem Blick von der Dachterrasse aus erschließt, ist diese Investition nach archtitektonischen und konzeptionellen Mißgriffen wie Helgolandhaus und Bahnhofszentrum eine echte Bereicherung für die Jadestadt.

Dennoch ist Kritik von Besuchern und Bevölkerung zu vernehmen. Zunächst einmal wäre das Küstenmuseum ein passenderer Nachbar für die zweite Gebäudehälfte gewesen als die Advance-Bank, die eher den konsumorientierten Zeitgeist verkörpert als den Einklang zwischen Mensch und Natur. Auch werden die Eintrittsgelder als ziemlich gepfeffert empfunden. Gute kulturelle Angebote haben ihren Preis, andererseits soll Umweltbildung allen sozialen Schichten in Erfüllung gesellschaftlicher Grundbedürfnisse verfügbar sein. Alle anderen Informationseinrichtungen (14) im niedersächsischen Wattenmeer-Nationalpark haben bislang von Eintrittsgeldern Abstand genommen, zumal noch keine entsprechende Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen als größtem Geldgeber für die Betriebs- und Personalkosten besteht.

Insgesamt bestehen zwischen der Wilhelmshavener und den anderen Einrichtun- gen große Diskrepanzen hinsichtlich betriebenem Investitions- und Personalaufwand und dem daraus resultierenden Angebot. Die anderen Einrichtungen müssen in der Regel mit 100.000 DM jährlich auskommen, das reicht für eine hauptamtliche Vollzeitkraft, die mit ehrenamtlicher Unterstützung, Kreativität und Improvisation ein lebendiges, ansprechendes Programm zaubert, wobei Hauseinrichtung und Programmstart oft parallel liefen (Kaltstart). Im Wattenmeerhaus tummelte sich bereits im Vorfeld ein ansehnlicher Stamm an festen und freien bezahlten MitarbeiterInnen. 12 Millionen Mark verschlang das Projekt in acht Jahren Vorlaufzeit; das Ergebnis wird von vielen Besuchern vorerst als etwas museal und steril empfunden.

Trotz der Kritik wird das Wattenmeerhaus sehr gut angenommen, und mit der Zeit werden die jetzt noch schicken Objektschränke und der empfindlich helle Fußboden durch die Be- und Abnutzung wohl einen anheimelnden Charme entwickeln. Wir freuen uns jedenfalls über diese kulturelle Bereicherung des städtischen Angebotes und wünschen dem Team des Wattenmeerhauses viel Erfolg und, angesichts leerer Stadtkassen, auch zukünftig eine gesicherte Finanzierung.

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