Südzentrale
Okt 082003
 

Das Forum Wilhelmshaven kämpft weiter um den Erhalt des Gebäudes

(hk) Seit ca. 2 Jahren berichtet der Gegenwind über das traurige Schicksal der Südzentrale, die immer weiter zu einer unansehnlichen Industrieruine zerfällt. Im August 2003 erteilte nun das Bauordnungsamt die Genehmigung zum Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes.

Auf einer Veranstaltung am 19. September gaben Corinna Janßen und Jürgen Engel vom Forum Wilhelmshaven den interessierten ZuhörerInnen einen Überblick über die Geschichte und Bedeutung des Gebäudes und darüber, welche Wellen die Abrissgenehmigung geschlagen hat. Da gab es kaum eine Institution, die sich nicht entsetzt über diesen Beschluss zeigte. Auch die Resonanz in der Presse (mit Ausnahme der Wilhelmshavener Zeitung) war beachtenswert.
So erschien z.B. in der Oktober-Ausgabe des Kunstmagazins „art“ ein Artikel unter der Überschrift

„Wilhelmshaven entsorgt wilhelminisches Erbe“.
Wenn Corinna Janßen von der Südzentrale spricht, dann schwärmt sie vom „Flair“ der 20 Meter hohen Maschinenhalle, den „gewaltigen elfenbeinfarbenen Eisenträgern mit den Nieten, die durchgedonnert wurden“, und dem Geländer im Jugendstil, das noch heute so „herrlich anzusehen“ ist. Zwei Jahre kämpfte die 27-Jährige für die Erhaltung des ehemaligen Kraftwerks der kaiserlichen Marinewerft in Wilhelmshaven. Die Stadtoberen überzeugte die angehende Denkmalspflegerin mit ihren Argumenten nicht. Im August genehmigte das Bauordnungsamt den Abriss des Kulturdenkmals.
Der private Grundstückseigentümer aus Ibbenbüren habe erfolgreich nachgewiesen, dass ihm die Erhaltung des Bauwerks nicht zumutbar sei, verteidigt Anton Englisch, Leiter des Bauordnungsamts, seine Entscheidung. Fachleute wie Wolfgang Ness vom Landesdenkmalamt Niedersachsen bedauern jedoch, dass die Stadt Wilhelmshaven selbst sich kaum bemüht habe, alternative Nutzungen für das Kulturdenkmal zu finden.
Die Südzentrale gehört für Ness ,,zu den bedeutendsten Industriebauten Norddeutschlands“. (…)
Bis 1993 wurde das Gebäude industriell genutzt. Seitdem verfiel die Anlage. Nun soll das Denkmal einer neuen wirtschaftlichen Nutzung weichen. Wofür genau die Südzentrale aber geopfert wird, darüber schweigt sich die Stadt aus.

Doch mehr noch als die Hintergründe der Südzentrale interessierten sich die Veranstaltungsteilnehmer dafür, was jetzt getan werden kann, um den Abriss noch zu verhindern.
Doch schon nach kurzer Diskussion zwischen den z.T. fachlich sehr versierten Teilnehmern war klar, dass es sehr schwierig sein wird, auf rechtlichem Wege erfolgreich agieren zu können.
Und mit der Vermutung, dass die Dokumentation (eine der Grundlagen für die Abrissgenehmigung) die Schäden am Gebäude über- und den Erhaltenswert unterbewertet, lässt sich so nicht viel anfangen. Da wäre es schon sinnvoller, die Dokumentation in die Finger zu bekommen und sie auf den Prüfstand zu stellen, wie ein Diskussionsteilnehmer meinte. Doch was dann?
Die rechtlichen Wege, die beschritten werden können, sind sehr schmal. Der Wilhelmshavener Rechtsanwalt Bolko Seifert will versuchen, vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag auf aufschiebende Wirkung der Einsprüche zu erwirken, weil der Abriss ohne jede Auflage genehmigt wurde.
Bolko Seifert führte in der Diskussion aus, dass Stück für Stück das gesamte Denkmalsensemble, bestehend aus Kaiser-Wilhelm-Brücke mit den dazugehörigen Bauten und der Südzentrale, niedergemacht wird. Der Anfang sei, so Seifert, mit dem Abriss des Kiosks am Fuße der KW-Brücke bereits gemacht.
Anwesende Anwohner der Südzentrale schilderten eindringlich, was sie zu erwarten haben, wenn die Südzentrale abgerissen wird: Lärm und Dreck.

Inzwischen haben sie einen von über 30 Anwohnern unterzeichneten Widerspruch an die Stadt Wilhelmshaven übergeben:
Hiermit legen wir Widerspruch ein gegen die Abbruchgenehmigung betreffend der „Südzentrale“, dem unter Denkmalschutz stehenden, ehemaligen Heizkraftwerk der Kaiserlichen Werft.
Mit dem Abbruch der „Südzentrale“ wird nicht nur ein Baudenkmal unwiederbringlich zerstört, es wird uns als Anrainern damit der nötige Schutzwall genommen, der uns bislang vor den erheblichen Lärm- und Staubemissionen der Schüttgutlagerung schützt. Da die Abbruchgenehmigung der „Südzentrale“ nicht beinhaltet, dass im Gegenzug eine Lärm- und Staubschutzwand errichtet wird, werden unsere Rechte als Anrainer und Nachbarn damit verletzt.
Zudem ist das Gebäude „Südzentrale“ für die Stadt Wilhelmshaven als wichtigstes Zeugnis ihrer Stadtentstehungsgeschichte zu sehen. Es kann nicht sein, dass ein Gebäude mit massiver Grundsubstanz abgerissen werden muss, damit der Bezug zu seiner Entstehungsgeschichte ein für alle mal ausgelöscht wird. Gerade im Bezug auf die 150 Jahr-Feier zum Bestehen des Jadevertrages fordern wir als Bürger eine öffentliche Stellungnahme der Stadt Wilhelmshaven für die Entscheidung zur Abbruchgenehmigung der „Südzentrale“.
Sie, als untere Denkmalschutzbehörde, haben die Pflicht, nach § 9 des niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes, die privaten Eigentümer bei einer Neunutzung des Baudenkmals zu unterstützen. Da die „Südzentrale“ ein architektonisch einmaliges Baudenkmal ist, fordern wir den unbedingten Erhalt mit Ihrer Unterstützung!
Wir als Anrainer wissen um die Substanz dieses bislang nie genügend abgesicherten Gebäudes. Das Gebäude ist absolut sanierungswürdig und sollte so den Bürgern und den Touristen der Stadt Wilhelmshaven erschlossen werden. Damit würden auf lange Sicht höhere wirtschaftliche Einnahmen erzielt, die dann der Stadt zugute kämen.
Wir als Anrainer fordern Sie hiermit auf, dass sie die aufschiebende Wirkung unseres Widerspruchs beachten!

Abriss – wofür?

Während der Diskussion wurde auch der Vorschlag gemacht, dass versucht werden sollte, mit dem zukünftigen Nutzer (Nordfrost Bartels) eine Übereinkunft zu treffen, zumindest einen Teil (z.B. die Giebelwand) in seinen Planungen zu erhalten. Hier gab es dann auch schnell Widerspruch, weil es bei der Erhaltung eben um das gesamte Gebäude geht und nicht um einige schöne Steine. Eine Nutzung des gesamten Komplexes für Bartels’ Zwecke (Kühllagerhaus) wurde als nicht realistisch angesehen, weil die modernen Lagerhäuser ganz anderen Anforderungen genügen müssen.
Von mehreren Diskussionsteilnehmern wurde herausgestellt, dass das wichtigste Mittel zur Erhaltung der Südzentrale eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit sei. Und die ist ja auch momentan in vollem Gange: Rundfunk, Fernsehen und die Printmedien laufen den Aktiven der Bürgerinitiative momentan die Türen ein.

Informationsabend des Forum Wilhelmshaven:
„Erhaltet die Südzentrale“
Dienstag, 21.10.2003
um 19:30 Uhr
im Metropol

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