Stadtumbau West
Apr 292004
 

Familien in die Innenstadt

Projektwerkstatt „Stadtumbau West“ in Wilhelmshaven

(iz) Am 22. und 23. April trafen sich im „Oceanis“ über 60 VertreterInnen von Kommunen aus ganz Deutschland, die wie Wilhelmshaven einen starken Strukturwandel verzeichnen und in das Projekt „Stadtumbau West“ eingebunden sind. Diese dritte Projektwerkstatt widmete sich der Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung, die der Vermittlung des Prozesses an die Akteure dienen sollen.

Zur Präsentation der Ergebnisse hatten sich Dr. Wolfgang Preibisch (für das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen als Veranstalter), Dr. Fokke Schomburg (Nds. Sozialministerium) sowie Oberbürgermeister Eberhard Menzel und Michael Witt (Leiter Stadtplanungsamt) bereit gemacht. Die Beobachtung der Arbeitsgruppen im Vorfeld ließ Spannendes erwarten. Leider widmete sich das Pressegespräch dann eher allgemeinen Informationen zum Projekt, konkrete Erkenntnisse und Ideen aus dem Workshop kamen nicht zum Vorschein. Auch war der Raum inmitten der „Lounge“ schlecht gewählt, der Geräuschpegel vom Mittagsbuffet schaffte eine wenig konzentrierte Atmosphäre.
Laut Preibisch zeigte sich die Notwendigkeit zum Stadtumbau zunächst in den neuen Ländern, zeitgleich gab es aber Hinweise, dass auch im Westen der Republik, u. a. im Ruhrgebiet, etwas passieren musste.
Träger der Projekte sind jeweils die Kommunen. Sie erhalten Zuwendungen, mit denen sie arbeiten können. Bis 2006 stehen Wilhelmshaven 3,75 Mio Euro zur Verfügung, in einer Mischfinanzierung von Bund, Land, Stadt und Wohnungsbaugesellschaften. Laut Preibisch soll das Programm ab 2005 unbefristet weiterlaufen, so dass dauerhaft Projektmittel verfügbar sind. Die Städte, die jetzt schon im Programm sind, genießen weiterhin Priorität. Allerdings wird überprüft, wie effektiv die Kommunen mit den Fördermitteln umgehen. Ein detaillierter Bericht ist jeweils Grundlage für die Entscheidung über weitere Mittel für die nächsten Jahre.
Aktuelle Ziele sind, so Preibisch, die Pilotprojekte „weiter zum Laufen zu bringen“, den Erfahrungsaustausch der beteiligten Kommunen zu fördern und weitere Workshops zu veranstalten. Durch Öffentlichkeitsarbeit sollen die BürgerInnen „ins Boot geholt“ werden. Preibisch hält es für wichtig, das Wohnen für Familien wieder in die Innenstädte zu bringen. Wie die Stadt Wilhelmshaven das bewerkstelligen will, war leider nicht in Erfahrung zu bringen. Solange z. B. weitere Grundschulen geschlossen und überwiegend neue Senioreneinrichtungen geschaffen werden und weitere Neubaugebiete sich vom Stadtrand aus ins Umland fressen, ist kein Wandel erkennbar.
Schomburg kam aufs Thema zurück: Eine offene Diskussion sei erforderlich, der Meinungsbildungsprozess müsse mit den Bürgern stattfinden. Gab’s das hier nicht schon mal – Agenda 21, Stadtleitbild? Witt versprach auf unsere Anfrage, die Ergebnisse der lokalen Agenda 21 in das Projekt einfließen zu lassen. Hier hatten sich viele Akteure bereits mit Fleiß auch mit den Themen Wohnen und Wohnqualität befasst. Die Ergebnisse aus der Schublade zu holen, könnte die Akteure neu motivieren und das Projekt wesentlich voranbringen.
Menzel fragt sich bei 9.000 Berufs-Einpendlern täglich, warum diese nicht in der Stadt wohnen. Sein erklärtes Ziel ist, u. a. mit einer Agentur, Neubürger zu gewinnen. Seine große Hoffnung ist (Überraschung!) der JadeWeserPort, der „alle Augen auf Wilhelmshaven ziehen wird“. Richtig scheint sein Ansatz, dass „Wasser ein einzigartiges Pfund dieser Stadt“ ist, mit dem sie wuchern muss, zum Beispiel durch Nutzung des frei gewordenen Geländes an der Wiesbadenbrücke.
Eine andere Möglichkeit wäre, den Schrumpfungsprozess, sprich Verlust bzw. Stagnation der Bevölkerung, zu akzeptieren und zukünftige Planungen darauf auszurichten. Dieser Option will man sich in Wilhelmshaven offensichtlich noch lange nicht stellen.
Immerhin haben die Wohnungsbaugesellschaften sich schon einiges ausgedacht, um vorhandenen Wohnraum auf neue Bedürfnisse auszurichten. Witt nannte Angebote wie „Service im Alter“ oder „Junges Wohnen“ in Siebethsburg und Wohnraum für Studenten oder allein erziehende Mütter in F’Groden. Trotzdem steht der Abriss vorhandener Bausubstanz weiter auf der Tagesordnung. Privatbesitzer z. B. von erhaltenswerten Altbauten ins Boot zu kriegen, wurde von allen Podiumsvertretern als schwierig erachtet. Mit finanziellen Anreizen seien nur Teilerfolge zu erzielen. Man kann Eigentümer, die ihre Gründerzeitbauten spekulativ dem Verfall preisgeben, nicht einfach enteignen, aber es gäbe sicher andere, kreative Wege, um sie „ins Boot zu kriegen“.
Auffallend war, dass auf dem Podium keine Frau zu Worte kam, wie auch besondere Ansprüche von Frauen an die Stadtplanung zumindest in diesem Kreis nicht thematisiert wurden. Hier besteht wohl noch deutlicher Nachholbedarf.

Der Strukturwandel in deutschen Städten ist Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe von „Geo“ (Mai 2004). Im dort aufgestellten Ranking kommt Wilhelmshaven nicht gut weg. Menzel will die Grundlagen der Bewertung überprüfen lassen.

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