Stadtplanung
Okt 082008
 

Die Hammelbeine lang ziehen!

Rat und Verwaltung arbeiten stümperhaft

(hk) Wenn man nicht seit seiner Geburt in Wilhelmshaven leben würde, man würde kaum glauben, zu welchen Streichen die Damen und Herren der Wilhelmshavener Verwaltungsspitze und des Rates fähig sind. Neuestes Beispiel: Der Durchbau der Havermonikenstraße musste gestoppt werden, weil das Süd-(West-)Gleis der Bundesbahn, welches an den Kanalhäfen entlang zum Marinearsenal führt, im Weg liegt.


Nun liegt das Gleis ja nicht erst seit einigen Tagen dort, sondern schon seit vielen, vielen Jahrzehnten. Es ist auch nicht so, dass die Herren und Damen des Rates und der Verwaltung davon nichts wussten.
Dass es hier zum Kollaps kommen musste, beweisen die folgenden Ausschnitte aus dem Protokoll der Ratssitzung am 22.11.2006. Zur Erläuterung vorweg: Durch den Bau des ca. 6 Kilometer langen Nordgleises soll die Südstadt über das Industriestammgleis mit dem Schienenfernverkehr verbunden werden. Dazu wären u.a. zwei aufwändige Brückenbauten (Querung Maade und Überbrückung der Straße zum Marinestützpunkt) nötig. Doch zurück in den Ratssaal zur Ratssitzung am 22. November 2006. Es geht um die Behandlung der Anregungen und Bedenken zum Bebauungsplan Nr. 40 / 5. Änderung – Havermonikenstraße/Kohlenhafen:

Frau Aljets wies darauf hin, dass es in der Südstadt noch einiges zu beordnen gebe, wozu auch die verkehrliche Situation der Weserstraße gehöre. Sie begrüße es, dass die Verwaltung dafür eine Entlastungsstraße plane, die am Kohlenhafen ende. (…) Problematisch sei der Bebauungsplan an der Stelle, wo die Querung des Industriegleises erfolge. Die Stadt sei ihres Wissens seitens des Landes aufgefordert worden, an der Planung am Nordgleis nicht weiter festzuhalten. Dies bedeute, dass man das Industriegleis weiter benötige. Darum müsse hier besonders sensibel gearbeitet werden. (…)
Ergänzend zu den Ausführungen von Frau Aljets erklärte Herr Rech, dass sich der Bauausschuss sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt habe. Es handele es sich hier um historisches Gelände, dessen Gesicht sich in absehbarer Zeit völlig verändern werde. Dabei solle die Havermonikenstraße im Durchbau helfen. Das angesprochene Gleis sei in der Tat das einzige Gleis, welches zu den Hafenanlagen führe. Es werde zurzeit wenig genutzt, die Eigentümerin habe sich aber dazu bekannt, es weiterhin zu unterhalten.
(…) Herr Schmidt machte deutlich, dass das bestehende Problem der Gleise durch die Trennung von Bahn und Straße gelöst werden soll. Er ging im Weiteren auf die Ausführungen von Frau Aljets ein und wies darauf hin, dass das Land nicht generell das Planfeststellungsverfahren für das Nordgleis in Frage gestellt habe, sondern dass das Verfahren im Zuge der JadeWeserPort-Planung zurzeit nicht aufgestellt werden solle. Dennoch müsse man Sorge dafür tragen, dass die Planungen für das Nordgleis nicht in Vergessenheit geraten.
Herr Dr. von Teichman erklärte, dass ihm ein solcher Diskussionsstand nicht bekannt sei. Er wisse nichts von einer Aufgabe des Nordgleises (…) Der Bau des Nordgleises sei notwendig, denn das Südgleis könne lediglich als Hilfsgleis bezeichnet werden.
Herr Neumann widersprach der Aussage von Herrn Rech. Ständig werde die Stadt von der Bahn gebeten, ihr Einverständnis zur Aufgabe dieses maroden Gleises zu geben. Darüber hinaus wurde die Stadt vom Land aufgefordert, die Planungen für das Nordgleis aufzugeben. (…)
Herr Oberbürgermeister Menzel erklärte, dass es in der Tat eine Aufforderung des Landes gebe, diese Planungen momentan nicht weiter zu verfolgen, weil man für den Planfeststellungsbeschluss JadeWeserPort Gefahren sieht. Um sich nicht erneut Attacken im politischen Raum auszusetzen, die Stadt behindere den Planfeststellungsbeschluss, habe man zurzeit die Arbeiten unterbrochen.
Abschließend sprachen sich die Ratsmitglieder Rech und Adam gegen die Stilllegung des Westgleises aus.
Beschluss: -einstimmig zugestimmt-

Aus diesen Protokoll-Auszügen geht nicht gerade eindeutig hervor, dass die Ratsmitglieder wussten, worüber sie redeten. Dennoch gab es den einstimmigen Beschluss, und die Maschine nahm Fahrt auf.
Da wurde erst einmal das Fendel-Gebäude in der Rüderstraße aufgekauft – und das ganz sicher nicht für nur einen Euro! Anschließend wurde das gerade gekaufte Gebäude abgerissen (was ja auch nicht gerade billig war). Als nächstes wurden Bäume gerodet, wurde alles platt gemacht, um den Durchstoß der Rüderstraße zur noch nicht vorhandenen Havermonikenstraße in Höhe des ehemaligen Jade-Bades zu realisieren. Ob man dabei dann auf das Gleis gestoßen ist, oder darauf, dass das Gleis verlegt werden muss?
Nun bauen die Ratsmitglieder darauf, dass irgendwann das Nordgleis gebaut wird (von dem noch niemand weiß, wer’s bezahlen soll – man spricht inzwischen immerhin schon von mehr als 20 Millionen Euro!) und damit dann vielleicht das Süd-(West-)Gleis überflüssig wird.
Laut Wilhelmshavener Zeitung vom 2. Oktober soll der Bauausschussvorsitzende Norbert Schmidt den Vorgang mit dem Satz „Warum bekommen wir eigentlich nie eine Gesamtplanung hin?“ kommentiert haben. Wir wüssten da schon eine Antwort (siehe Überschrift).

 

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top