SPD-Unterbezirksparteitag
Jun 071994
 

Ämterhäufung wieder hoffähig

SPD-Parteitag begann mir schrillen Tönen

(red) Mit schrillen Pfeiftönen begann am Samstag, 28. Mai um 9. 1 1 Uhr Parteitag der Wilhelmshavener SPD in der Stadthalle. Doch waren es nicht die Delegierten, die allgemeines Mißfallen bekunden wollten, sondern die Mikrophonanlage war – wie schon oft – mal wieder nicht in Ordnung. So bekamen die Genossinnen auch kaum mit, daß ein Antrag auf Neuansetzung des Parteitags, gestellt vom Altengrodener Delegierten Rolf Lauxtermann, vorlag. Entgegen den Statuten habe er die Parteitagsunterlagen nicht fristgerecht erhalten. Ohne dies genau zu überprüfen – der Antragsteller war nicht anwesend – wurde der Antrag verworfen …

So konnte man in die 20 Punkte umfassende Tagesordnung eintreten und die Ortsvereinsvertreter mußten erst einmal lange Grußworte der Landtagsabgeordneten Theilen und Adam über sich ergehen lassen und erfuhren so, daß man die Landtagswahl im März gewonnen habe und nun für Europa- und Bundestagswahl etwas tun müsse. Wie gut die Zusammenarbeit von Partei und Gewerkschaft zur Zeit ist, zeigte sich darin, dass man dem DGB-Chef „Manni“ Klöpper ein Grußwort an die Versammlung verwehrte … Werner Ahrens von der Arbeitsloseninitiative Wilhelmshaven-Friesland, der in kurzen Worten Aufgaben und Ziele der Vereinigung umriß, überbrachte „in Vertretung“ die Grußworte des Gewerkschaftsbundes. Über Inhalt des Referats der Bundestagsabgeordneten Iwersen, der Berichte des UB-Vorsitzenden Junklewitz, des Fraktionsvorsitzenden Bergner und das Procedere bis zu den Neuwahlen war – soweit wichtig und positiv – in der Ortspresse nachzulesen.
Wer von den Delegierten aber geglaubt hatte, sich nun einen neuen, etwas dynamischeren Vorstand wählen zu können, war nach den Wahlgängen arg enttäuscht. Zu viel war bereits „im Vorfeld abgekakelt“ worden. Zwar kürte man mit dem 45-jährigen Gewerbelehrer Norbert Schmidt einen „Macher“ zum neuen Vorsitzenden, doch beim Restvorstand war meist nur Platztausch angesagt. Im Nachhinein stellte man zudem fest, dass hier eine stille Invasion der Ratsherren/frauen auf UB-Funktionen stattgefunden hatte. Außer den kraft Amtes ständig im Unterbezirksvorstand sitzenden OB Menzel, MdL Adam, Fraktionsvorsitzer Bergner und OStD Schreiber nahmen noch die Ratsmitglieder Schmidt, Neumann und Barkowsky Vorstandssessel in Beschlag. Selbst auf die (Da)beisitzer-Sessel „hüpften“ noch die Ratsfrauen Gastmann und Trenne. So hatte auch ein Delegierter so unrecht gar nicht, als er im Foyer meinte, man hätte doch gleich den ganzen Vorstand mit Ratsmitgliedern „bestücken“ können um zu zeigen, daß man die im Programm „SPD 2000“ gerügte Ämterhäufung hier in der Kaiserstadt wieder „hoffähig“ zu machen gedenke.
Wenig Mühe hatten die Delegierten, die gegenüber den Vorjahren an Anzahl etwas reduzierten Anträge zu bearbeiten. So wurden diese auch – die ohnehin kaum politische Brisanz beinhalteten – meist angenommen. Erwähnenswert nur zwei Anträge, die abgelehnt wurden. Ein von Parteifrauen vorgetragener Antrag, die Frauenquote wieder abzuschaffen und der Antrag, den Reformationstag in Niedersachsen als Feiertag einzuführen.
Bleibt noch nachzutragen, daß in seiner Abschiedsrede Peter Junklewitz die Delegierten mit der Aussage überraschte, daß er bereits im November 1993 den Entschluß gefaßt habe, nicht mehr wieder zu kandidieren und nur – um die Landtagswahlen nicht zu gefährden – dies nicht öffentlich gemacht habe… Bleibt noch anzunehmen, daß vornehmlich Amtsträger und privilegierte Delegierte an diesem Samstagnachmittag noch topwichtige Termine wahrzunehmen hatten. Denn bei den letzten Wahlgängen und Anträgen gegen 17 Uhr waren es nur noch 74 von 106 Delegierten (von 113 möglichen), die sich im Stimmzettel-Hochrecken übten. Als dann wenig später die letzten Getreuen den Ausgängen zustrebten, konnte der neue Vorsitzende des Unterbezirks Wilhelmshaven ihnen seine Schlußworte nur noch nachrufen und so blieb auch das Parteilied – sonst hand by hand – ungesungen.

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