SPD-Parteitag
Okt 082008
 

Wie lange noch?

Wilhelmshavens SPD-Spitze steuert weiter in Richtung Bedeutungslosigkeit

(hk) Die Wilhelmshavener SPD-Spitze hält unbeirrt an ihrem Kurs in Richtung 20% fest. Auch nach dem außerordentlichen Parteitag des Kreisverbands Wilhelmshaven Mitte September beharren Schmidt, Neumann, Adam usw. auf ihrem basisfernen Politikverständnis.


Der Parteitag war eigentlich das Langweiligste, was in den letzten Jahren auf dieser Bühne geboten wurde; dennoch fehlte es den gefassten Beschlüssen nicht an gehöriger Brisanz.
Im ersten Teil der Anträge ging es um Änderungen der Statuten. So sollte z.B. gestrichen werden, dass der Oberbürgermeister kraft seines Amtes auch stimmberechtigtes Mitglied des Kreisverbandsvorstands ist. Des weiteren sollte auch der Fraktionsvorsitzende der SPD-Ratsfraktion nicht mehr automatisch dem Kreisverbandsvorstand angehören. Begründet wurden beide Anträge damit, dass der Kreisverbandsvorstand die Aufgabe habe, die Umsetzung der SPD-Politik zu kontrollieren. Und da können ja schlecht die, deren Arbeit kontrolliert werden soll, auch stimmberechtigt sein.
Die Anträge, die sich mit diesen Themenbereichen befassten, wurden von bis zu 60% der Delegierten unterstützt; für eine Annahme wäre aber eine 2/3-Mehrheit nötig gewesen – die strukturelle Erneuerung der Wilhelmshavener Sozialdemokratie wurde damit erst einmal verspielt. Es gab dazu allerdings auch keine Debatten auf dem Parteitag – alles lief schematisch ab.
Nun war klar, dass es zumindest bei den Anträgen, für die keine 2/3-Mehrheit nötig war, spannend werden könnte. Die Versuche der Parteispitze, die Annahme der inhaltlich geprägten Anträge zu verhindern, liefen ins Leere. Und so muss sich der Wilhelmshavener Kreisverbandsvorstand u.a. für die Durchsetzung der folgenden Inhalte einsetzen:

  • Keine weitere Veräußerung von GEW-Anteilen
  • Eigene Energieproduktion unter dem Dach der GEW
  • Die JUSOS bekommen einen eigenen, selbstverwalteten Etat.
  • Konsequenter Ausbau des Banters Sees zu einem Naherholungsgebiet
  • Gewinnabführung der Sparkasse Wilhelmshaven ausschließlich für soziale und kulturelle Aufgaben
  • Sofortige Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels für Wilhelmshaven
  • Die SPD Wilhelmshaven spricht sich gegen jegliche Form der Leiharbeit in städtischen Betrieben, Eigenbetrieben und Tochtergesellschaften und Beteiligungen aus.
  • Die Ratsfraktion gibt sich eine Geschäftsordnung.
  • Alle Fraktionsmitglieder werden aufgefordert, ihre Einnahmen aus Aufsichtsräten, Aufwandsentschädigungen, Ratsvorsitz, Bürgermeisterämtern und sonstige Einnahmen, die aus dem politischen Mandat oder Amt resultieren, offenzulegen.
  • Die SPD Wilhelmshaven spricht sich gegen eine Ämterhäufung bei einzelnen Parteimitgliedern aus.
  • Die SPD spricht sich für Bürgerbefragungen bei städtischen Großprojekten aus.

Die Tendenz der durchgesetzten Anträge ist eindeutig auf mehr Transparenz der Partei ausgerichtet – gleichzeitig soll eine Politik näher am Bürger durchgesetzt werden.
Tim Sommer vom OV Mitte brachte die Problematik der Beschlüsse (organisatorisch keine Erneuerung der Partei, inhaltlich recht weitreichende Beschlüsse) auf seiner Internet-Seite mit folgendem Satz auf den Punkt: „Interessant wird auch, wie die Parteispitze und insbesondere die Fraktion nun die Beschlüsse umsetzt.“ (Parteitag mit Inhalten und Verweigerung, http://www.timsommer.de/wordpress/)
Der Parteitag machte auch deutlich, dass die alte Riege der Wilhelmshavener SPD ausgedient hat. Bei den Anträgen zu den Statuten scheiterten die „Erneuerer“ denkbar knapp, bei den inhaltlichen Anträgen konnte sie beweisen, dass mit der Politik von Siegfried Neumann, Wilfried Adam, Eberhard Menzel (stellvertretend für ein gutes Drittel der Delegierten genannt) zukünftig in Wilhelmshaven kein Blumentopf zu gewinnen sein wird.
Doch was machen die alten Herren? Die Protokolle des Parteitags waren noch nicht geschrieben, da flatterte den beiden parteiinternen Kritikern Barbara Ober-Bloibaum und Karlheinz Föhlinger ein Einschreibebrief von der Fraktion ins Haus, in dem sie aufgefordert wurden, zu einer Anhörung am 29. September vor der Fraktion zu erscheinen. Ziel der Aktion: Ausschluss aus der Fraktion.
Klar ist, dass die beiden SPD-Ratsmitglieder der Anhörungs-Aufforderung nicht Folge leisteten.
Ziel: Rausschmiss
Innerhalb der SPD-Ratsfraktion schält sich eine Gruppe (Aljets, Gastmann, Will, Hartmann, Neumann) heraus, die nur ein Ziel hat: Raus mit Föhlinger und Ober-Bloibaum.
Das Angebot des friesischen SPD-Landtagsabgeordneten Olaf Lies, als Moderator zwischen den beiden Gruppen im Stadtrat zu fungieren, wird von der Fraktion ignoriert – schließlich will man Föhlinger und Ober-Bloibaum raushaben. Denn die beiden haben sich der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht – sie haben es gewagt, gegen Wilfrid Adam anzutreten und Siegfried Neumann zu kritisieren.
Dass sich hier die Ratsfraktion verselbständigt hat, wird durch den Beschluss des Kreisvorstandes vom 8. September deutlich, in dem die Ratsfraktion aufgefordert wurde, von Repressionsmaßnahmen gegen Barbara Ober-Bloibaum und Karlheinz Föhlinger abzusehen.
Föhlinger und Ober-Bloibaum haben wohl erst einmal bis zum November Ruhe – aber nach den Rats-Herbstferien will dem Vernehmen nach Siegfried Neumann dafür sorgen, dass die Kritiker rausgeschmissen werden. Wilfrid Adam soll schon über einen schriftlich fixierten Fahrplan zum Rausschmiss von Ober-Bloibaum und Föhlinger verfügen.
Die SPD-Geschäftsstelle (eigentlich ein Dienstleister für die Parteimitglieder) unter Leitung von Heino Janssen tendiert zur Unterstützung von Neumann und Co. – „der gewichtet seinen Job nicht ganz richtig und spielt die Bälle eher dem Siegfried Neumann zu“, hieß es dazu von einem SPD-Mitglied zur Rolle Heino Janssens.
Die Wilhelmshavener SPD (zumindest die Leute, die heute noch das Sagen in der Partei haben) erweist sich als lernresistent – das bewies auch die Kreisvorstandssitzung vom 25. September 2008. Anstatt sich mit den Forderungen der Basis auseinanderzusetzen, wird diese auf Antrag des Vorsitzenden Norbert Schmidt von der Sitzung ausgeschlossen.
Und hier geht es dann auch schon wieder um Personalien – wo käme die SPD auch hin, wenn sie nach einem Parteitag über Inhalte diskutieren würde? Die Parteitagsbeschlüsse werden auseinandergepflückt, werden personifiziert.
Es ist schon fast eine Tradition, dass wir die Artikel über die Wilhelmshavener SPD mit einem Zitat von Tim Sommers Internetseite (Leitsatz: Wir brauchen die Herausforderung der jungen Generation, sonst würden uns die Füße einschlafen. Willy Brandt) beschließen. Hier ein Auszug aus Tim Sommers Artikel zur Kreisvorstandssitzung:

Die vom Ortsverein Mitte gestellten Anträge des Parteitages wurden personenbezogen zerrissen. Zwar war weder der Kreisverbandsvorstand noch die Führungsriege in der Lage, eigene Anträge zu stellen, um die Partei fit für die Zukunft zu machen, dennoch kann man ja die aktiven Parteimitglieder abstrafen.
Derzeit versucht die Fraktion der SPD Wilhelmshaven, die beiden Fraktionsmitglieder Föhlinger und Ober-Bloibaum über eine Anhörung aus der Fraktion zu werfen. Gegen meine Person soll angeblich ein Parteiausschlussverfahren angestrebt werden, um die Kritiker endlich mundtot zu machen.
Entgegen den Lippenbekenntnissen der Parteiführung soll es also auch in Zukunft nicht um Inhalte gehen, sondern um den reinen Machterhalt und das Ausschalten von kritischen Parteimitgliedern. Anstatt sich mit den inhaltlichen Anträgen des Parteitages zu befassen und diese schnellstmöglich in die Tat umzusetzen, bestach vor allem der SPD-Fraktionsvorsitzende Neumann, der sich auf dem Parteitag nur zu einem Antrag (Durchbau der Friedenstraße) zu Wort meldete, bei der Kreisverbandsvorstandssitzung durch Nörgelei. Wörtlich sprachen Beteiligte von einem “Tim-Sommer-Parteitag”, ohne sich dabei bewusst zu sein, dass die Anträge, die ich begründet habe, vom Ortsverein Mitte gestellt wurden und bis auf zwei Ausnahmen (von 18 Anträgen!) alle die Mehrheit der Delegierten fanden!
Der Versuch der Kritiker, auf dem Parteitag inhaltliche Weichen zu stellen, ist zwar gelungen, dennoch schlägt die Parteiführung nun mit Mitteln zurück, die kaum mehr mit dem demokratischen Verständnis der SPD zu vereinbaren sind. Es scheint keinerlei Wille zu einer Beilegung der Streitigkeiten vorhanden zu sein. Vielmehr hat die Parteispitze die Schlagzahl erhöht und will nun augenscheinlich noch konsequenter die inhaltliche Auseinandersetzung verhindern. Das Ergebnis könnte die weitere und auch unheilbare Spaltung der SPD in Wilhelmshaven, verbunden mit weiteren Mitgliederverlusten, sein.
Positiv an der Kreisvorstandssitzung bleibt, dass ein Teil der konservativen Vorstandsmitglieder angekündigt hat, nicht mehr kandidieren zu wollen. Mal sehen, ob sich die Betroffenen beim nächsten Parteitag noch an ihre Ankündigungen erinnern….
Fazit: Es bleibt spannend in der Wilhelmshavener SPD – wie lange braucht die Wilhelmshavener Führungsriege, um der Partei bayerische Verhältnisse (18%) zu verschaffen?

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