Schwarze Seiten
Okt 081990
 

Zu brav?

Gespräch mit Gabriele Iwersen

Schwarze_Seiten

Auszug aus dem Kommentar im Gegenwind 97:

Schwarze Seiten

Das hat es im GEGENWIND noch nie gegeben: Zwei Seiten der letzten Ausgabe erreichten unsere LeserInnen geschwärzt.
Was war geschehen?

Der GEGENWIND führte ein Gespräch mit der SPD-Bundestagskandidatin Gabriele Iwersen. Nach der redaktionellen Bearbeitung übergaben wir ihr einen Vorabdruck. Am darauf folgenden Montag ging die Zeitung in Druck. Während die Druckmaschinen auf Hochtouren liefen, bekamen wir die Mitteilung, daß Frau Iwersen mit dem Abdruck nicht einverstanden sei. Als Begründung führte sie neben zwei inhaltlichen Aussagen an, daß wir in der Bearbeitung das gesprochene Wort über die grammatikalische Richtigkeit setzten.
Festzustellen ist , daß in dem Interview nichts stand, was F rau Iwersen uns gegenüber nicht geäußert hat; das Gespräch war durch die redaktionelle Bearbeitung weder in Sinn noch Aussage verändert oder entstellt. Falsch ist auch die von Frau Iwersen aufgestellte Behauptung, daß wir alle „eh“ und „öh“ mit abgedruckt hätten.
Frau Iwersen drohte, die Veröffentlichung gegebenenfalls mittels einer einstweiligen Verfügung zu verhindern. Nach Rücksprache mit unserem Rechtsanwalt war klar, daß einer Veröffentlichung rechtlich nichts im Wege stand.
Aufgrund der sehr eindringlichen Bitten von Frau Iwersen, die anscheinend ihre politische Zukunft vom Nichterscheinen des Interviews abhängig machte, beschloß der verantwortliche Redakteur, die bereits gedruckten Seiten zu schwärzen, und das, obwohl dadurch der Eindruck entstehen könnte, wir hätten bei der Veröffentlichung nicht ganz korrekt gehandelt. Der Entschluß wurde allerdings dadurch erleichtert, daß in dem Gespräch nichts Aufregendes oder besonders Interessantes zu lesen war.
Die Schwärzungsaktion hat den GEGENWIND um 600.- DM ärmer gemacht.
Zwei Lehren: 1) In Wahlkampfzeiten kann man nur bedingt mit Politikern Gespräche führen und 2) der verantwortliche GEGENWIND-Redakteur hat ein zu weiches Herz.
(…)

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