Was war in den letzten Wochen und Monaten in Niedersachsens und speziell Wilhelmshavens Schullandschaft los?
(noa) Die gute Nachricht vorweg: Wilhelmshaven hält schon wieder mal einen Spitzenplatz! Die Wilhelmshavener SchülerInnen sind die unfittesten im ganzen Land Niedersachsen, das seinerseits unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
„Nirgendwo in Niedersachsen sind die Kinder und Jugendlichen mit so geringer Fitness ausgestattet wie in Wilhelmshaven“, meldete die „WZ“ am 16. Februar. „Niederschmetternd“ findet sie das. „Eine Erklärung dafür sei die schlechte Infrastruktur im Sportangebot“, schreibt –HAR- weiter. Stimmt. IGS-SchülerInnen haben im laufenden Schuljahr keinen Sportunterricht. Wir schlagen darüber hinaus als weitere Erklärungen vor: Wilhelmshaven hat auch die dicksten Kinder, was mit schlechter Ernährung zu tun hat. Darüber weiß Kultusminister Busemann auch ein bisschen Bescheid. Er „sprach sich dafür aus, den Themen Ernährung, Bewegung und Gesundheit in der Schule eine größere Bedeutung beizumessen.“ Wir schlagen hierzu vor, dem Thema Armut eine größere Bedeutung beizumessen: Wilhelmshaven hat einen Spitzenplatz in der Privatschuldenstatistik, Kinderarmut ist hier ein Thema.
Aber „Wilhelmshaven ist auf einem guten Weg“, meint Bernd Busemann („WZ“ vom 21. Januar). Tags zuvor war er in Wilhelmshaven gewesen und „hatte Grund zum Feiern“ gehabt: „Zwei schulische Neubauten wurden eingeweiht.“ OB Menzel, geschmeichelt durch das Lob des Ministers, „betonte den hohen Stellenwert, den die Stadt der Bildung beimesse.“ Ob man ihn da beim Wort nehmen und die drohenden Kürzungen z.B. bei der Stadtbücherei (vgl. „Kahlschlag“ in dieser Ausgabe) abwenden kann?
Eins können wir uns aber von der Backe putzen: Hilfe vom Land wird es, so Busemann, keine geben. „Forderungen nach mehr Sportunterricht an den Schulen erteilte er eine Absage.“ (16.02.06) und „…die prekäre Haushaltslage des Landes … verbiete es auch, den schulischen Ganztagsbereich flächendeckend wie an der IGS Wilhelmshaven auszustatten“ (21.01.06) – dabei bekommt die IGS doch schon weniger Mittel vom Land als früher für ihren Ganztagsbetrieb!
Immerhin, am 16.Januar konnte die „WZ“ auf der Niedersachsen-Seite vermelden: „Ganztagsschulen bekommen mehr Lehrerstunden“ – 400 weitere Lehrerstunden werde Bernd Busemann für die Ganztagsschulen rausrücken. Das sind stolze 14 bis 15 Lehrkräfte für 130 Schulen, die sich in den letzten Monaten zum Ganztagsbetrieb entschlossen haben!
PISA war vernichtend für Niedersachsen, aber „Niedersachsen arbeitet sich vor“ („WZ“ vom 04.11. 05)! So schlimm sei es mittlerweile schon nicht mehr, man arbeite sich raus aus dem PISA-Keller. Schon am 15.07.05 hatte es geheißen: „Niedersachsen legt beim ‚Pisa’-Test zu. Niedersachsen sei „von Platz elf auf Platz neun geklettert“. Und: „Nur wenige Niedersachsen bleiben sitzen“ (02.02.06). Unser Land hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 2,1 % der SchülerInnen den zweitkleinsten Wiederholer-Anteil.
Also eigentlich ist doch alles toll, oder? Wie gemein, dass trotzdem alle an Busemann rummeckern! „Grüne werfen Kultusminister Versagen vor“ und „Schon nach drei Regierungsjahren ist er mit seinem Latein am Ende und auf einem Stolperkurs in die Misere“, lesen wir am 17. Februar auf der Niedersachsen-Seite.
Am 22. Februar kommt es dann aber ganz dicke: Jetzt kritisiert schon ein Ausländer unsere Bildungspolitik. „UN-Inspektor Vernor Muñoz übt heftige Kritik…: Es werde unter anderem zu wenig für die Integration von Migranten-Kindern … und Kindern aus armen Familien“ getan. Was geht die UN unser Schulwesen an! Wirklich! „Die Vereinten Nationen wollen prüfen, ob die Abschaffung der Lernmittelfreiheit durch die CDU/FDP-Landesregierung gegen das Menschenrecht auf Bildung verstößt.“ („WZ“ vom 17. Februar) Und dann redet Muñoz auch noch den ewig mäkelnden Linken, die so Schreckliches wollen wie eine Vermischung aller Schüler, egal, ob arm oder reich, das Wort: „Der UN-Sonderberichterstatter kritisierte die in Deutschland übliche ‚sehr frühe’ Verteilung von zehnjährigen Kindern auf Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien, wodurch herkunftsbedingte Nachteile noch vertieft würden…. Der PISA-Test hatte gezeigt, dass in keinem anderen Industriestaat die Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft“ (gemeint ist wohl eher die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft) „noch so groß ist wie in Deutschland“. (22.02.06)
Vernon Muñoz kommt aus Costa Rica. Das ist doch so eine Bananenrepublik… Soll man solche Leute überhaupt über das deutsche und speziell das niedersächsische Schulwesen zu Wort kommen lassen? Da gibt es doch weit berufenere Leute für, z.B. den Chefredakteur der „Wilhelmshavener Zeitung“, Klaas Hartmann. Der zeigt’s ihm aber in seinem Kommentar auf der nächsten Seite! „Was Muñoz allerdings in seinem Lamento unterschlägt, ist die Tatsache, dass Deutschland schon mit Schulformen experimentiert hat, die die frühzeitige Aufteilung um zwei Jahre (!) hinausgezögert haben. Einer dieser Versuche hieß Orientierungsstufe und scheiterte grandios.“ Man sollte halt lieber Experten fragen!
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