Recht auf Umweltverschmutzung?
Aug 161990
 

Kollektiver Kniefall

Von dem Maaß bis zur WZ, von Menzel bis Theilen: Keiner will eine Rauchgasentschwefelung

(hk) Da sind sie nun wieder, die selben Töne wie vor jeder Industrieansiedlung: „Vitaminspritze für die Region“, „500 neue Arbeitsplätze“, „Positives Signal für den Arbeitsmarkt“ und so weiter und so weiter. Was unterm Strich dann herauskommt – auch das kennen die Menschen hier oben seit Jahrzehnten.

Doch etwas ist diesmal anders: Hieß es sonst immer, daß die neue Firma „weltweit führend“ im Umweltschutz sei, will man diesmal die Bürger von der Notwendigkeit der Umweltverschmutzung überzeugen. Für diese höchst schmutzige Sache schmeißen sich momentan die Politiker (und andere sich für kompetent haltende Leute) aller Couleur in die Brust. Es geht um die möglicherweise bevorstehende Wiederinbetriebnahme der MOBIL-Raffinerie auf dem Voslapper Groden, ohne die inzwischen gesetzlich vorgeschriebene Rauchgasentschwefelung. Wilfrid Adam hält Wilhelmshaven trotzdem (oder gerade deswegen?) auch weiterhin für die „Speerspitze des Umweltschutzes“.

Ziert BULK OILs Schriftzug bald die Tanks der MOBIL-OIL-Raffinerie? Während die Gerüchteküche brodelt, treffen die Behörden bereits ihre Entscheidungen. Der Bürger wird, wie so oft, auch hier vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Ziert BULK OILs Schriftzug bald die Tanks der MOBIL-OIL-Raffinerie? Während die Gerüchteküche brodelt, treffen die Behörden bereits ihre Entscheidungen. Der Bürger wird, wie so oft, auch hier vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Es geht auch um die von MOBIL per Konzernentscheid vernichteten Arbeitsplätze. Da werden dann aus 300 schnell 500 Arbeitsplätze hochgetrimmt durch eine oft widerlegte Faustregel der Wirtschaftswissenschaft, die für neu errichtete Anlagen „auf der grünen Wiese“ kurzzeitig ihre Berechtigung hatte.
Gekennzeichnet ist die momentane Situation durch eine Unzahl von Fragezeichen und Ungereimtheiten. Klar ist, dass die Firma BULK OIL irgendwann Ende Mai/Anfang Juni bei der Bezirksregierung Weser-Ems vorstellig wurde und dort über die Wiederinbetriebnahme verhandelte. Beraten wird BULK OIL von einer Firma namens „Profimatics“. BULK OIL hatte eine bis zum 30.6. laufende Option auf die Anlage. Diese Option scheint verlängert worden zu sein . Desweiteren ist bekannt geworden, daß geplant war, Anfang August mit den Arbeiten zur Wiederinbetriebnahme zu beginnen und Mitte des nächsten Jahres die Produktion aufzunehmen.

Doch wer ist BULK OIL? Die Recherchen dazu gestalteten sich ausgesprochen schwierig: Kein Mensch kannte die Firma. Fündig wurden wir schließlich in einem 10 Jahre alten „Jahrbuch für Bergbau , Energie, Mineralöl und Chemie“. Seit 1986 ist die Firma im Jahrbuch nicht mehr aufgeführt. Der Firmenbeschreibung nach handelt es sich bei BULK OIL um eine Firma die in erster Linie im Außenhandel mit Mineralölprodukten, Chemikalien usw. tätig ist. Stammsitz der Firma ist (oder war) Cham/Schweiz mit Büros in Rotterdam, London, Mailand, Madrid, New York, Houston/Texas, Singapore, Bermuda, Monaco, Panama und Brüssel. In Deutschland war BULK in Hamburg ansässig.
In der Firmenbeschreibung wird als “ Gegenstand des Unternehmens“ auch die Rohölverarbeitung aufgeführt, einen entsprechenden Hinweis auf von BULK OIL betriebene Raffinerien konnten wir allerdings nicht entdecken.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz (BUW) hat inzwischen Kontakt mit dem Koalitionsausschuß der Niedersächsischen Landesregierung aufgenommen und darauf hingewiesen, daß eine Wiederinbetriebnahme der Raffinerieanlage ohne Rauchgasentschwefelung die Chancen für eine entsprechende Nachrüstung ins nächste Jahrtausend verschieben würde. Es geht jetzt darum, so die BUW weiter, die Chance der Anpassung an den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen während der Zeit durchzusetzen, wo die Raffinerie stilliegt. Die für andere Raffinerien erteilten Ausnahmegenehmigungen dürfen nicht zur Richtschnur des Handelns der Landesregierung werden.

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