Ratssplitter
Okt 012002
 

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vom 18.9.02

Auch in der Septembersitzung wurde manches besprochen, was unsere LeserInnen interessieren könnte. Beiträge von Rats- oder Verwaltungsmitgliedern, die wir in Form und / oder Inhalt gern öfter notieren würden, honorieren wir mit bis zu 5 .

Bewegung

brachte Ratsherr von Teichman (FDP) in die Versammlung: Er stellte einen Dringlichkeitsantrag zur weiteren Entwicklung des Handelshafens. Der Forderungskatalog beinhaltet Entscheidungen über die Hafentorbrücke, die hafenwirtschaftliche Nutzung der Schleuseninsel (nördlich der Schleusenstraße), Standortsicherheit für die am Handelshafen ansässigen Unternehmen sowie Neuansiedlungen, Neubau der Deichbrücke und des dortigen Hafenwasserknicks sowie Aus- und Neubau von Kaianlagen und ein Dock bei der Firma MWB.
In der Regel werden solche Anträge der Minderheitenfraktionen von der rotgrünen Mehrheit abgeschmettert. So kurz vor der Wahl mochte sich SPD-Chef Neumann beim Thema „Arbeitsplätze“ jedoch nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, zumal die WZ das Problem hoch gekocht hatte und Mitarbeiter der betroffenen Firmen vorm Ratssaal demonstriert hatten (eine größere Demo in der Innenstadt gab es 3 Tage später). Sie befürchten Konflikte zwischen der wirtschaftlichen Nutzung und einer möglichen Erweiterung der Wohnbebauung am Innenhafen. Jadestahl musste zwecks Emissionsschutz bereits seinen Schredder einhausen lassen.
Neumann sah „keine Dringlichkeit“, aber „aus Gründen der Demokratie“ wurde der Dringlichkeitsantrag angenommen und die Sitzung abwechselnd für Besprechungen der SPD, der CDU und des Verwaltungsausschusses unterbrochen. Der Alternativantrag lautete dann sinngemäß: „Das Hafenkonzept wird behandelt wie die Bauleitplanung“ (die Anregungen und bedenken von Betroffenen einschließt). Von Teichman war das nicht konkret genug; für Neumann enthielt dessen Papier „Selbstverständlichkeiten“. Ratsherr Rech (CDU) erinnerte an eine Bereisung des Gebietes vom Mai 99 und betonte, dass nun wirklich was passieren müsse: “Wenn die (Betriebe) sensibel werden, wandern sie ab.“ Abschließend hoben vier Ratsherren (FDP, Walli, Rep) den Finger für den FDP-Vorschlag, die große Mehrheit entschied sich für die Formulierung des Verwaltungsausschusses.

Ein geschützter Landschaftsbestandteil (GLB)

wird jetzt die „Allee im Heppenser Groden“. Als Vorsitzende des Umweltausschusses erläuterte die grüne Ratsfrau Kümmel den Schutzzweck: Der vielschichtig strukturierte Gehölzstreifen wird durch 280 Winterlinden geprägt, die beidseitig des schmalen Klinkerweges vor einigen Jahrzehnten gepflanzt wurden. Weitere heimische Baumarten wie Feldahorn, Weißdorn, Rotbuche und Haselnuss ergänzen den wertvollen wie idyllischen Lebensraum. U. a. ist er jetzt vor Rodungen bzw. Pflanzenentnahmen, Versiegelungen, Ablagerungen oder Veränderungen der zugehörigen Gräben geschützt.
Kümmel kündigte an, dass sich der Umweltausschuss noch mit weiteren schützenswerten Landschaftsbestandteilen beschäftigen wird. Da haben sie sich einiges vorgenommen: 56 Flächen sind im städtischen Landschaftsrahmenplan von 1999 für diese Schutzkategorie vorgeschlagen.. Einiges davon hat sich zwar zwischenzeitlich „erledigt“ (z. B. wurde die Wurt am Friedhof Aldenburg überbaut) –aber um so mehr sollten sich die Öko-Fachleute im Rat ranhalten. Im Juni 2002 war die Fläche am Rüstringer Berg abgearbeitet worden. Alle zwei Sitzungen ein GLB – 11 Sitzungen im Jahr: Da ist der Ausschuss erst in 10 Jahren mit durch, und Bagger sind in der Regel viel schneller. Als Motivationshilfe gibt’s für die Allee schon mal 

Es kneift an allen Ecken und Enden

und so gab es auch in dieser Sitzung wieder Nachbewilligungen für den Haushalt: für Schulungen der städtischen Auszubildenden, für die Qualifizierung von Führungskräften und für die Kulturverwaltung. Nur 20.400 der insgesamt 108.000 Euro sind durch Minderausgaben an anderer Stelle gedeckt. Ergänzt wurden noch 58.000 Euro für die (bauliche) Einrichtung der zweiten Kindergartengruppe in Fedderwarden, die in gleicher Sitzung beschlossen wurde – ebenfalls ungedeckt, aber es besteht nun mal ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, und die Eltern haben lange genug dafür gestritten.
Ratsherr von Teichman hätte das „Schulgeld“ für die Führungskräfte (31.900 Euro) lieber in den Grundschulen gesehen. Neumann erläuterte, die Fortbildungen seien im Zusammenhang mit der städtischen Holding zu sehen: „Weniger Leute sollen mehr Arbeit erledigen.“ Stadtrat Frank versprach, bis Jahresende für die Deckung der offenen Beträge zu sorgen; im übrigen sei die städtische Haushaltslage nicht, wie von Teichman behauptet, „prekär“; andere Kommunen würden unter prekär etwas anderes verstehen. Von Teichman stimmte gegen die Nachbewilligungen, sein FDP-Kollege Schadewaldt mit der Mehrheit dafür.
Die Begründung für den Nachschuss an die Kulturverwaltung (25.000 Euro) möchten wir Ihnen nicht vorenthalten: „Das Jubiläum des Jadevertrages bietet ausgezeichnete Möglichkeiten zur Werbung für die Stadt. Sollte diese Möglichkeit nicht genutzt werden, ist mit einem hohen Imageschaden bzw. –Verlust für die Stadt zu rechnen“. Nicht auszudenken: Da wartet die ganze Republik seit Jahren auf die Jubiläumsfeiern zum Jadevertrag – wie peinlich wäre es, wenn wir da nicht dran denken würden! Gut, dass an alles gedacht wurde: „Für 2003 werden 50.000 Euro benötigt“.

Umstritten

blieb der Beschluss über die Gründung eines „Netto-Regiebetriebs Grundstücks- und Gebäudeservice (NRB GGS)“. CDU und FDP hatten stets Bedenken geäußert, wenn es um die Umstrukturierung städtischer Aufgaben in Richtung der Holding ging: Sie fürchteten, der Einfluss des Rates sowie die Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge (VOB) könnten dadurch ausgehebelt werden. Für die CDU waren mit dem vorgelegten Konzept die Zweifel ausgeräumt (Ratsherr Reuter: „Warum nicht gleich so?“), von Teichman blieb jedoch skeptisch. „Einhaltung der VOB“ bedeute gar nichts – die sähe auch freihändige Vergabe statt öffentlicher Ausschreibung vor. Mit Grausen sieht er den 15 Mio Euro Kreditaufnahme für die Schulsanierung entgegen. Laut Stadtrat Frank steht jedoch die öffentliche Ausschreibung an oberster Stelle, und diese Vorgaben könne man nicht aushebeln. Frank: „Nur wer die Stadt verschulden oder keine Schulsanierung will, ist gegen den Nettoregiebetrieb“. Neumann beschloss die Diskussion mit eigener Mathematik: Investive Ausgaben seien keine Schulden – die Bankkredite für sein Haus seien auch keine Schulden, sondern eine Investition für die Zukunft. Die Gründung des „NRB GGS“ wurde mehrheitlich beschlossen. Kürzer, aber ähnlich wurde der „Geschäftsbesorgungsvertrag“ zwischen den Wilhelmshavener Entsorgungsbetrieben und den Stadtwerken diskutiert. Ratsherr Gabriels (SPD) bestätigte, ver.di und die Personalvertretungen hätten zugestimmt – das tat dann auch die Ratsmehrheit bei drei Gegenstimmen.

Nach langem Zögern,

jedoch plötzlich und fast unerwartet wurde die Einrichtung einer zweiten Kindergartengruppe in Fedderwarden beschlossen. Ratsfrau Fiedler (SPD) entschuldigte die Verzögerungen („jeder hat ein Recht auf Urlaub“ – anwesende Eltern brachen in Gelächter aus) und zeigte sich entzückt: „Wir freuen uns über die 25 Neubürger“. Ratsherr Lauts (CDU) trübte ihre Freude ein wenig – das „wir“ könnten sich SPD und Grüne kaum anziehen, weil sie verhindert hätten, dass der Beschluss schon früher getroffen wurde; eher sei die Fleißarbeit des Ortsrates zu loben und es sei „Wahlpropaganda“ der Mehrheitsfraktion, sich jetzt die Ergebnisse auf die Fahne schreiben zu wollen. Mit einem beschwichtigenden „Hauptsache, jetzt herrscht Ruhe in Fedderwarden“ von OB Menzel wurde die Einrichtung einstimmig beschlossen.

Das übliche Geplänkel

zwischen klassischen Kontrahenten der verschiedenen Parteien bzw. der Verwaltung kommentierte Ratsvorsitzender Menzel mehrfach mit „jetzt steht’s 1:1“ oder „jetzt steht es wieder unentschieden“. Hat ihn das SVW-Fieber gepackt oder war es die Vorfreude auf das abendliche Handballspiel – das die Wilhelmshavener dann knapp vergeigten? Zum Trost verleihen wir ihm mal  für launige Moderation.

Einwohnerfragestunde.

Eine Bürgerin erkundigte sich nach dem Modus für die Beprobung von (Bade)Gewässern. Anlass waren amtlich festgestellte Erkrankungen von Leuten, die in der Maade gebadet hatten. Stadtrat Stoffers erläuterte: Badegewässer (wozu die Maade nicht zählt) werden vom Gesundheitsamt Ende April und Mitte September beprobt; Südstrand, Geniusstrand und Banter See in der Saison 14tägig und ggf. anlassbezogen. Nach EG-Richtlinie werden mikrobielle Parameter, Öle und Teere untersucht, anlassbezogen auch Tenside, Schwermetalle u. a. Nach Infektionsschutzgesetz müssen Ärzte das Gesundheitsamt auf Erkrankungen hinweisen, die ihnen bekannt wurden. Bei akuten Gefährdungen (wie z. B. bei der Blaualgeninvasion 2002 im Banter See) werden Hinweisschilder aufgestellt – auch wenn es keine Badegewässer sind. Der Ton und die Ausführlichkeit, wie Stoffers der Bürgerin antwortete, ist leider keine Selbstverständlichkeit. Er bekommt dafür .

Der unermüdliche Horst Radmer

erkundigte sich nach der Zukunft der Camper in Wilhelmshaven, wenn der Platz am Geniusstrand dem JadeWeserPort weichen soll. Dazu Stadtrat Frank: Die Kündigung sei noch nicht ausgesprochen und erfolge frühestens Ende 2003. Dann müsse man im jährlichen Rhythmus schauen, ob eine Verlängerung möglich sei; für 2004 sei das wahrscheinlich. Alternativen seien in einer Industrie- und Hafenstadt schwer zu finden; mit der Gemeinde Wangerland gäbe es keine Verhandlungen. Frank räumte auf Radmers Nachhaken ein, die Frage nach Alternativen „leicht umschifft“ zu haben; wegen möglicher Grundstücksspekulationen wolle er das nicht in der öffentlichen Sitzung ansprechen.

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