Mai 2003
“Schreib was Anständiges!”, ermahnt mich ständig SPD-Ratsherr Uwe Reese. Also bitte. Wir fassen nur die Diskussionen der Ratsgremien zusammen. Wenn hier was Unanständiges zu lesen steht, ist das also nicht unsere Schuld. Seit Ende April haben wir einige Sitzungen besucht und die dort gefundenen Splitter zu thematischen Haufen zusammengekehrt. Den Besen schwang mal wieder Imke Zwoch.
wurde der Antrag der FDP-Fraktion, im Rat einen Tagesordnungspunkt “aktuelle Stunde” einzuführen. SPD-Fraktionsvorsitzender Siegfried Neumann hält das für “nicht erforderlich”, sein Gegenüber von der CDU, Prof. Günter Reuter, für “aktuell nicht erforderlich”. Reuter befürchtet, solch ein Angebot könne zu einem “Forum für die JadeWeserPort-Gegner” werden. Genau. Wo kämen wir da hin, wenn im Rat plötzlich die Meinungsfreiheit einkehren würde? Wenn Dinge diskutiert würden, die nicht schon vorher mehrfach in Fraktionen und Fachausschüssen gesagt worden sind? Nicht auszudenken. Dafür verdient Reuter locker . Und weil er im Eifer übersehen hat, dass der Antrag nicht von der WALLI, sondern von JWP-Befürworter Michael von Teichman kam, kriegt Reuter noch einen Länderpunkt: .
hatte das Jugendparlament zu Beginn seiner Amtszeit Änderungen seiner Geschäftsordnung, die nun vom Rechtsamt abgesegnet und vom Rat verabschiedet wurden. So gibt es jetzt – wie früher bei den GRÜNEN – eine Rotation des Vorstands innerhalb der Legislaturperiode: Er wird jährlich neu gewählt.
wird der 1969 aufgestellte Bebauungsplan “Geniusbank”. “Dieser Badestrand erfreut sich steigender Beliebtheit. Die Besucherzahlen in der Saison 1968 sind bis zu 30.000 Personen/Tag angestiegen”, so wurde damals die Planung begründet. Man hatte viel vor, um die “Weiße Industrie” an der Jade zu fördern: Strand- und Ferienhäuser, Parkanlagen, Zelt-, Sport- und Spielplätze und sogar ein Meerwasser-Hallenbad wollte man bauen. Manches davon wurde umgesetzt. Doch als wenige Jahre später in unmittelbarer Nachbarschaft die “Schwarze Industrie” Einzug hielt, war die Blüte des Tourismus rasch verwelkt. Die beliebten Familienlokale machten bis auf “Gertis Strandhaus” dicht. Immerhin haben etwa 1000 Camper dem Geniusstrand bis heute die Treue gehalten – das heißt dem kümmerlichen Rest, den sie sich an schönen Tagen mit einer großen Zahl unverdrossener Tagesgäste teilen. Großzügig überließ man Hooksiel die Chance einer Riesenfreizeitanlage inklusive Meerwasserhallenbad. Auch andere Umlandgemeinden profitieren heute von der wachsenden Tourismusbranche, sprich: Einnahmen, Fördermittel, Arbeitsplätze, Imagezuwachs.
Für Wilhelmshaven jedoch sind Nutzungen wie der Campingplatz “städtebauliche Konfliktbereiche”, die “frühzeitig planerisch zu lösen” sind. Die 1969 festgesetzte Nutzungsmöglichkeit “ist unter heutigen städtebaulichen Aspekten … als städtebauliche Fehlentwicklung anzusehen”, heißt es weiter in der Beschlussvorlage. “Die Stadt Wilhelmshaven hat … seit längerem eine veränderte Zielentwicklungsplanung für … Freizeit- und Tourismusaktivitäten an Standorten, die besser geeignet und mit anderen Nutzungen ‚verträglicher’ zu gestalten sind.” Nämlich im Bereich Banter See, Südstrand und Großer Hafen. “Hier wird mit der Entwicklung von städtebaulichen Akzenten in der Realisierung einer Museumslandschaft … die Zielentwicklungsplanung für die sektoralen Planungen ‚Freizeit’ und ‚Tourismus’ abgerundet.” Um den Satz zu verdauen, werden die Gäste sich erst mal gemütlich an den Hooksieler Strand legen.
Da man aber noch völlig im Dunkeln tappt, wer wie und ob überhaupt im Voslapper Groden Gewerbe treiben will, wird erst mal kein neuer Bebauungsplan für den Voslapper Groden aufgestellt. In 20 Jahren werden wir wissen, was denn wirklich die “städtebauliche Fehlentwicklung” war. Die Ratsvertreter von FPD und WALLI wollten an alledem nicht schuld sein. Sie mussten kurz vor der Abstimmung dringend aufs Klo.
wird wohl doch das Freibad Sportforum. Als Chef der städtischen Holding, die u. a. die Bäder betreibt, hatte Eberhard Menzel verfügt, die Anlage vorerst nicht in Betrieb zu nehmen. Die erforderlichen 120.000 Euro für die dringlichsten Sanierungsarbeiten seien nicht verfügbar. Über 6000 BürgerInnen hatten daraufhin mit ihrer Unterschrift zum Ausdruck gebracht, dass die stickigen Hallenbäder keine ernstzunehmende Alternative sind. Selbst aus den eigenen SPD-Reihen musste Menzel Kritik einstecken. Ende Mai hat der Aufsichtsrat der Holding doch einen Weg gefunden, das Bad zumindest während der Sommerferien zu öffnen.
ist die Mannschaft des Wilhelmshavener Handballvereins zwar noch nicht. Doch von vielen Seiten wird bezweifelt, ob man den Bundesligisten 1,3 Mio Euro in den … Turnschuh stecken soll, nämlich um die Nordseesporthalle so umzubauen, dass Sponsoren das Herz höher schlägt.
Der Verein hat wirtschaftlich nichts mit der kommerziellen Profimannschaft zu tun, bestätigte Dezernent Jens Graul, nachdem die CDU Siegfried Neumann als Vorstandsmitglied des Vereins für befangen erklären wollte.
Vor einem Jahr hatte zwar auch die CDU grundsätzlich für den Hallenumbau gestimmt, doch weil die Kosten seitdem auf das 4fache gestiegen sind, wollte sie die Investition aufs nächste Jahr vertagen und namentlich abstimmen lassen. Verwaltung und SPD-Spitze hielten dagegen, dass solche Kostensteigerungen im Bau normal seien. Zudem sei man mit den Ausschreibungen Verpflichtungen eingegangen, für die mit oder ohne Umsetzung etwa 200.000 Euro fällig seien. Und die Aufträge, versuchte die SPD zu beschwichtigen, gingen sämtlichst an heimische Firmen. Schaun wir mal. N
Der CDU-Antrag scheiterte übrigens knapp, weil kürzlich nach parteiinternen Querelen 2 Mitglieder der Fraktion den Rücken gekehrt hatten.
wirkte OB Menzel während der Ratssitzung. Seine ersten 150 Tage als eingleisiger Chef von Politik und Verwaltung haben ihm jetzt sogar Prügel von SPD-Genossen eingebracht. Die Machtkonzentration berechtige ihn nicht, über den Kopf von Fachausschüssen und Aufsichtsräten hinweg Entscheidungen zu treffen, schimpften Mitglieder der übergangenen Gremien. Anlass war Menzels einsame Entscheidung, das Freibad Sportforum geschlossen zu halten. Er beteuerte, dass er die Gremien sofort über die Entscheidung habe informieren wollen. Was sich erübrigte, als sie davon aus der Tagespresse erfuhren.
Das war Wasser auf die Mühlen der Holding-Kritiker, namentlich der FDP. Neben der mangelnden Transparenz hinsichtlich Verwendung von Steuergeldern, die in den geheimen Kassen einer Wirtschaftsgesellschaft verschwinden, hatten sie die Gefahr gewittert, dass deren Vorsitzende und Geschäftsführer einsame Entscheidungen treffen. Quod erat demonstrandum.
hat Stadtkämmerer Heiko Hoff die verschiedenen Zuständigkeiten und Töpfe im Gesellschaftsgeflecht der Holding. Vor allem viele BürgerInnen können nicht verstehen, warum 120.000 Euro für das Freibad Sportforum fehlen, wenn gleichzeitig mehr als der 10fache Betrag für einen Handballverein locker zur Verfügung gestellt wird. Also: Das Bad gehört zu den Stadtwerken, die Sporthalle jedoch der Gebäude- und Grundstücksverwaltungsgesellschaft. Und da kann man nicht einfach Gelder hin und her schieben, auch wenn letztlich alles unter dem Dach der Holding läuft.
Vorausgesetzt, die BürgerInnen (und wir) haben das richtig verstanden, so heißt das noch lange nicht, dass sie es im anderen Sinne verstanden haben. Sie sehen nur, dass Teile ihrer Steuern und Abgaben in diesem komplexen Betrieb landen, wofür sie zumindest eine Grundversorgung am Wohnort erwarten. Und dazu gehören unter anderem für eine Flächenstadt mit gut 80.000 EinwohnerInnen zumindest 2 Freibäder. Ein verständnisvolles Wort von Hoff für dieses berechtigte Anliegen wäre durchaus angebracht gewesen.
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