Ratssplitter
Mrz 052008
 

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vom 6.2. & 27.2.2008

zusammengeklebt von Imke Zwoch

Die Diskussion zum Electrabel-Kohlekraftwerk war reines Schaulaufen, denn das Ergebnis – Verabschiedung des Bebauungsplanes gegen die Stimmen von LAW, BASU und Grünen – war schon Wochen vorher klar. Bemerkenswert war einzig das Schlusswort von FDP-Ratsherr Michael Schadewaldt, dem er wenig später Taten folgen ließ.

Und tschüs!

Schadewaldt kritisierte sichtlich erregt, dass alle Kritiker der Kraftwerksplanungen als „Ideologisten“ abgestempelt würden. „Ich bin froh, dass die uns sensibilisieren“, hielt er dagegen. Erst durch die Kraftwerksgegner sei er darauf gekommen, sich intensiv zu informieren, und dabei habe er „viele Ungereimtheiten“ entdeckt. Er appellierte an die Ratskollegen: „Kritiker sind notwendig – gehen Sie nicht so schäbig mit Ihnen um!“
Er stimmte dann zwar fraktionstreu trotzdem für die Planung („es fällt mir nicht leicht, ja zu sagen“), doch dies war dann auch sein letztes Plädoyer und seine letzte Abstimmung im Rat: Ende Februar gab er sein Mandat ab, „aus persönlichen Gründen“ hieß die offizielle Begründung, doch es waren schon politische, s. o., die er auch in einem Interview mit Radio Jade bestätigte. Respekt. 

Kleine dicke Klimakiller

Derzeit wird die ehemalige Helene-Lange-Schule zum Grundschulzentrum für die Südstadt umgebaut. Folgerichtig soll die Rheinstraße im Schulbereich verkehrsberuhigt, der Fußweg an der stark befahrenen Virchowstraße durch ein Absperrgitter kindersicher gestaltet werden.
Doch wie kommen die Kurzen eigentlich zur neuen Schule? Mit dem Auto, ist sich OB Menzel sicher, andere Vorstellungen gingen „an der Lebenswirklichkeit vorbei“. An seiner geht offensichtlich vorbei, dass gerade in der Südstadt viele Eltern froh sind, wenn sie oder die Kinder sich überhaupt ein Fahrrad oder Busfahrten leisten können. Andererseits pflegen jene, die sich ein oder gar zwei Familienkutschen leisten können, tatsächlich die Unsitte, die ABC-Schützen zur Schule und zurück zu chauffieren. Für die werden nun extra 14 Parkplätze geschaffen – nach Ansicht von Ratsherr Joachim Ender (BASU) noch zu wenige, für Michael von Teichman (FDP) zu viele: Da würden durch die Eltern zusätzlich „unheimliche Verkehre geschaffen“, die Kinder könnten doch auch zu Fuß oder mit dem ÖPNV kommen. (Ab der 3. Klasse dürfen sie seitens der Schule auch mit dem Fahrrad kommen – Anm. d. Red.) Mal ehrlich: Da klagen alle über die zunehmende Zahl dicker Kinder und zuviel Innenstadtverkehr, dessen Gefahrenpotenzial sowie Lärm und Luftverschmutzung gerade auch die Kleinen selbst belasten. Wäre es nicht der richtige Weg, die Schulwege so zu gestalten, dass die Kinder sie gefahrlos und mit zumutbarem Aufwand auch allein bzw. gemeinsam mit KlassenkameradInnen zurücklegen können? Das würde die Bewegung, die Selbständigkeit und auch die Kontakte zu Gleichaltrigen fördern. Und wann wollen Eltern den Kleinen beibringen, wie man eine Straße überquert, Ampeln und Zebrastreifen benutzt, Bus und Fahrrad fährt? Nach dem Abitur? Mit einem „Konzept“, das allein die Vorstellungen überängstlicher Eltern bedient, zieht man sich die unsportlichen, autosüchtigen Problemkinder von morgen selbst heran. Und die Bedürfnisse von Familien, die auch ohne Auto mobil sein müssen oder wollen, bleiben unberücksichtigt. 

Ökosiedlung: Erinnerungslücken

Nördlich des Friedhofs Aldenburg schmort seit Jahren ein Baugebiet vor sich hin. Geplant waren Riesengrundstücke mit Luxusvillen z. B. für Führungskräfte der erwarteten Hafen- und Industriebetriebe. Vielleicht wohnen die lieber woanders – jedenfalls ist da bis auf ein paar Häuser immer noch grüne Wiese. Nun sollen die Grundstücke im Zuschnitt so verkleinert werden, dass sie auch an normal Sterbliche zu vermarkten sind. So weit, so gut.
Doch noch vor der Luxusvariante war, wie Bernhard Rech (CDU) erinnerte, eine Ökosiedlung „angedacht, aus der leider nichts wurde“. Von Teichman widersprach der Behauptung mehrerer Ratsvertreter, das Konzept sei gescheitert: „Die Ökosiedlung ist gescheitert worden, weil der politische Wille fehlte!“ Wer ein weniger gutes Gedächtnis hat, kann im Gegenwind Nr. 148 (September 1998) nachlesen, dass v.T. sich richtig erinnert. Werner Biehl (Bündnis 90/Die Grünen) erinnert sich sehr gut, denn er trat damals aus Protest gegen die Blockadehaltung der Stadt als Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft zurück. Alles Lüge, behauptete sinngemäß SPD-Sprecher Siegfried Neumann, die Ökosiedlung sei nicht am Willen der Stadt gescheitert, sondern an den Forderungen der Interessensgemeinschaft für die Siedlung. Man hätte sich damals intensiv damit beschäftigt, sogar andernorts solche Modellsiedlungen besichtigt. Stimmt – diese Infofahrten wurden von der IG Ökosiedlung organisiert – doch mit so fremden Techniken wie einer Schilfkläranlage konnte sich die konservative Politik damals nicht anfreunden. Mittlerweile gibt es Vorzeigeprojekte auch in der Nähe (Oldenburg-Lindenbogen, Jever – Klein Grashaus), bemerkte Claus Westermann (Grüne). Nun, Wilhelmshaven hinkt da mal wieder hinterher – aber die Verhinderer sollten wenigstens bei der Wahrheit bleiben.

Interessenkollision

Johann Janssen (LAW) wollte in einer kleinen Anfrage wissen, ob ein Oberbürgermeister nicht – unabhängig von seiner persönlichen Meinung – um Ausgleich zwischen Vertretern verschiedener Meinungen bemüht sein sollte. Hintergrund war, dass Menzel Kraftwerksgegner öffentlich als „Verwirrte und Unverantwortliche“ bezeichnet hatte. Menzel ergänzte, die „Unverantwortlichkeit“ beziehe sich auch auf jene, die durch gerichtliche Klagen (die das geltende Recht ausdrücklich vorsieht – Anm. d. Red.) die Planungen verhindern wollten. Als oberster Wirtschaftsförderer der Stadt sieht er sich verpflichtet, Investoren grundsätzlich zu unterstützen. Das wirft die Frage auf, ob man die beiden Ämter – OB und Wirtschaftsförderer – nicht besser trennen sollte.

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