Radwege
Okt 272005
 

Fit For Fun?


Fahrradklimatest 2005 –schlechte Noten für Wilhelmshaven

(ub) Wilhelmshaven taucht mal wieder landesweit in den Negativschlagzeilen auf. Diesmal wegen des Zustandes seiner Radwege – der ist katastrophal. In einer bundesweiten Umfrage hatten der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ermittelt, wie fahrradfreundlich Deutschlands Städte sind. Ergebnis: Wilhelmshaven belegt in der Kategorie der Städte bis 100 000 Einwohner den 92ten und damit vorletzten Platz. Fritz Oeltermann, Kreisvorsitzender des ADFC in Wilhelmshaven, nennt dem Gegenwind einige Gründe.

 In der groß angelegten Untersuchung des ADFC wurden diesmal 26 000 Fragebögen ausgewertet. Gefragt wurden radelnde Verkehrsteilnehmer zum Verkehrsklima in ihrer Stadt, zur Sicherheit, zum Komfort (Abstellmöglichkeiten, Baustellenumleitung, Mitnahme der Räder in öffentlichen Verkehrsmitteln), zum Stellenwert des Radverkehrs (fahrradfreundliche Ampelschaltungen), und zur Infrastruktur (geeignete Wegweiser etc.).
Die Auswertung der Fragebögen ergab allerschlechteste Noten für Wilhelmshaven in fast allen Belangen. Fritz Oeltermann sagt dazu: „Die Radwege in Wilhelmshaven sind überwiegend in einem schlechten Zustand. Und von einem Radwegenetz kann hier erst gar nicht gesprochen werden. Es gibt keine durchgehenden Verbindungen. Das ist alles Stückwerk.“ Neu angelegte Straßen sind in erster Linie autofreundlich. Der Rad fahrende Verkehrsteilnehmer findet ständig neue Behinderungen vor. Weil Pfosten zu eng gesetzt werden, müssen Fahrräder mit Kinderanhänger umkehren. Durchfahrtssperren, gebaut um motorisierte Mitmenschen am Weiterfahren zu hindern, zwingen auch Tandemfahrer (nicht selten fahren Blinde und andere Behinderte auf dem Sozius eines Tandems) zum Absteigen. Zu hoch gesetzte Bordsteine lenken ab von der Konzentration auf andere Verkehrsgefahren.
Oeltermann: „Bei Straßenerneuerung und Ausbesserungen fehlt das nötige Fingerspitzengefühl für die Anliegen der Radfahrer.“ Viele Gründe also, die Radwege erst gar nicht zu nutzen. Doch, so Oeltermann: „Das einfache Autostraßensystem mit breiten und geraden Straßen in Wilhelmshaven ist ein Angebot an den Autofahrer zum Schnellfahren. Viele Radfahrer meiden deshalb aus Angst die Straßen oder benutzen zum Radfahren auch die Gehwege.“
Dass es auch anders geht, zeigen vergleichbare Kommunen in der Region. Westerstede (Platz 3 auf der Fahrradklimahitliste), Leer(10) und Emden (15) schneiden mit guten Durchschnittsnoten ab. Bei den größeren Städten kommt Oldenburg auf Platz 2, und auch Bremen wird vorbildlich in der Kategorie der Großstädte mit Platz 5 gelistet. Um abzugucken, wie es geht, gäbe es also genügend Städte und Gemeinden, die mit dem Fahrrad erreichbar sind.Die Stadt hat bekanntermaßen akute Geldsorgen – düstere Aussichten also für auf Besserung hoffende Radler? „Es muss zwar nicht alles neu“, so Fritz Oeltermann gegenüber dem Gegenwind, „aber es müsste eine Optimierung stattfinden.“ So wie Anfang der 80er Jahre, als es einen Radwegeplan gab und jemand zuständig war für eine planerische Gestaltung des Radwegesystems in Wilhelmshaven. Eine Analyse über hauptsächliche Radverkehrströme wäre notwendig. Darauf aufbauend könnte der Radverkehr gezielt geleitet werden. Auf Strecken mit wenig Kreuzungen und Autoverkehr. Wenn dann im Straßenbau bei Straßenerneuerungen mit Firmen zusammengearbeitet wird, die die Problemlagen der Radfahrer kennen und berücksichtigen, wäre einiges möglich. Fritz Oeltermann will noch in dieser Woche erneut beim Stadtbaurat Klaus Kottek vorstellig werden. Kommt der nicht aus Schleswig-Holstein? Die Stadt Kiel jedenfalls liegt auf Platz 2 der Fahrradklimatabelle 2005, übertroffen nur noch von Münster, das auch in diesem Jahr wieder als fahrradfreundlichste Stadt ausgezeichnet wurde.

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