Chef vons Ganze
Seit dem 1. Januar weht ein neuer Wind in Wilhelmshaven
(hk) Vor 15 Monaten wurde Eberhard Menzel als neuer ‚eingleisiger’ Bürgermeister gewählt. Mit Ablauf des letzten Jahres verabschiedete sich der Oberstadtdirektor Arno Schreiber und Menzel wird das Ruder übernehmen.
Der Abschied von Arno Schreiber fiel den meisten WilhelmshavenerInnen nicht sonderlich schwer – er lenkte das Geschehen in dieser Stadt mehr aus dem Hintergrund. Schreiber beendete vor 18 Jahren die unsägliche Ära Eickmeyer und versuchte den Wilhelmshavenern einzureden, welch eine tolle Stadt sie doch haben. Es kam die Zeit der Logos (Wilhelmshaven setzt Zeichen) und PR-Aktionen zur Steigerung der Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt. Unzählige Millionen wurden mehr oder weniger obskuren Instituten in den Rachen geworfen, ohne dass sich wirklich etwas änderte. Gekrönt wurde Schreibers Wirken durch die Expo am Meer, die zwar als finanzielle Katastrophe endete – aber eine nicht zu missachtende Imageverbesserung zur Folge hatte.
Dem Chef der Wilhelmshavener Zeitung fiel der Abschied von Schreiber auch nicht sonderlich schwer, wie die folgenden Zitate aus seinem Abschiedskommentar beweisen:
Aber Wilhelmshaven selbst – nein, das war seine Sache nicht. Hier war er nie richtig verwurzelt. Heimisch fühlte er sich eher in Cuxhaven, wo er seine Freizeit gern verbrachte und wo er künftig leben wird.
Wieso nahm niemand aus der Gesellschaft, dem Vereinsleben, aus Handel und Wandel, dem Sport, den Kirchen, der Kultur, der politischen Parteien das Wort? Waren sie alle als Redner nicht willkommen? Oder wollten sie nicht?
Und was hätten sie gesagt? – Wäre berichtet worden, wer tatsächlich hart für die „Expo am Meer“ gekämpft hat, wäre daran erinnert worden, wie der Oberstadtdirektor in einer einsamen Entscheidung die Großseglerregatta „Sail“ absagte, oder dass von den zahlreichen China-Reisen nichts geblieben ist außer einem ziemlich vergammelten Schriftzug „Qingdao Hafenbüro“ im City-Haus?
Neue Besen kehren bekanntlich gut – und Eberhard Menzel wird da keine Ausnahme bilden. Die Liste seiner Vorhaben ist lang. Er will die Verwaltung neu organisieren, die Verantwortungsbereiche der einzelnen Dezernenten neu ordnen. Aus Wilhelmshavens Verwaltung soll der „Konzern Stadt“ entstehen. Menzel will dafür sorgen, dass die babylonische Stimmenvielfalt der Verwaltung ein Ende hat, dass die Verwaltung mit einer Zunge spricht.
Um einige Bereiche will sich der neue Hauptverwaltungsbeamte Menzel zukünftig selbst kümmern. Chefsache wird z.B. die Wirtschaftsförderung, der ja unter der Führung von Wolfgang Frank jeglicher Pep fehlt. Ebenfalls in seinem unmittelbaren Zuständigkeitsbereich wird er den Bereich Reinhard-Nieter-Krankenhaus ansiedeln, und mit der JadeWeserPort-Entwicklungsgesellschaft will er „vertrauensvoll“ zusammenarbeiten. Auch die Situation des City-Hauses (wir berichteten mehrfach) brennt ihm auf den Nägeln. Bis zum Abriss des Gebäudes kann sich der neue Oberbürgermeister alles vorstellen.
Im Zusammenhang mit dem durch den Bau des JadeWeserPorts abgängigen Campingplatz am Geniusstrand hat Menzel sich einiges vorgenommen: „Wir werden denen, die einen Stellplatz am Geniusstrand haben, auch wieder einen geben. Und wir werden auch einen attraktiven Platz für Wohnmobilisten schaffen. Das wird nicht das Areal unterhalb des Fliegerdeichs sein.“ (Menzel laut WZ vom 31.12.02)
Eberhard Menzel steht vor keiner leichten Aufgabe, zumal er sich gerade in den ersten Wochen und Monaten einer genauen Beobachtung durch die Öffentlichkeit gewiss sein kann. Der Gegenwind wird ein treuer Begleiter seiner gesamten Amtszeit sein.
Auszüge aus den städtischen Informationen im Zusammenhang mit dem Übergang auf die „Eingleisige Verwaltungsspitze“ am 1.1.2003
Am 23. September 2001 haben die Wilhelmshavener Bürgerinnen und Bürger erstmals ihr Stadtoberhaupt direkt gewählt. Auf der Grundlage der reformierten niedersächsischen Gemeindeordnung ging es aber um noch mehr: Erstmals wurde ein hauptamtlicher Oberbürgermeister gewählt, der nicht nur oberster Repräsentant der Stadt, sondern auch als „Hauptverwaltungsbeamter“ Chef der Stadtverwaltung ist und alle bisher dem Oberstadtdirektor obliegenden Aufgaben wahrnimmt.
Aus dieser Urwahl ging Eberhard Menzel, Jahrgang 1944, nach Gewinn der Stichwahl als Sieger hervor. Der Sozialdemokrat, der bereits seit 1986 als ehrenamtlicher Oberbürgermeister amtiert, tritt seine bis zum 31. Oktober 2011 dauernde Amtszeit nach dem Ende der Wahlperiode des langjährigen Oberstadtdirektors Arno Schreiber am 1. Januar 2003 an. Mit diesem Datum wird auch in Wilhelmshaven der Übergang von der bisherigen „zweigleisigen“ – mit Oberbürgermeister als ehrenamtlichem Repräsentanten der Stadt und Oberstadtdirektor als Leiter der Verwaltung – zur „eingleisigen“ Verwaltungsspitze vollzogen sein.
Der Rat der Stadt kommt am 08.01.2003 zu seiner ersten Sitzung des Jahres zusammen. Von diesem Tag an wird der Rat für den Rest seiner bis zum 31.10.2006 dauernden Wahlperiode 46 (bisher: 45) Mitglieder haben.
Herr Menzel gehört – bis er sein Amt als direkt gewählter Oberbürgermeister antritt – dem Rat aufgrund der Kommunalwahl am 09.09.2001 als Ratsherr an und wurde aus dieser Eigenschaft heraus zum Ratsvorsitzenden – Bezeichnung in zweigleisigen Kommunen ebenfalls Oberbürgermeister – gewählt.
Da das Amt des hauptamtlichen Oberbürgermeisters mit dem Amt eines Ratsherren unvereinbar ist, hat Herr Menzel zum 01.01.2003 auf sein Ratsmandat verzichtet. Für ihn rückt ein neuer Ratsherr bzw. eine neue Ratsfrau nach und wird in der Januar-Sitzung des Rates verpflichtet. Aus seinem Amt als Ratsvorsitzender scheidet Herr Menzel ebenfalls mit Ablauf des 31.12.2002 aus.
Der direkt gewählte Oberbürgermeister ist jedoch nicht gleichzeitig auch Ratsvorsitzender. In seiner ersten Sitzung im Jahr 2003 wählt der Rat daher aus seiner Mitte eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden. Der/Die Ratsvorsitzende hat in einer eingleisigen Kommune nur die Aufgabe, die Ratssitzungen zu leiten und nicht, wie der Ratsvorsitzende (= Oberbürgermeister) der zweigleisigen Kommune, die zusätzliche Aufgabe der repräsentativen Vertretung der Stadt.
Der Rat der Stadt Wilhelmshaven setzt sich ab 2003 – soweit keine weiteren Änderungen des bei den Ratsherren und Ratsfrauen zugrunde gelegten Standes 16.12.2002 eintreten – wie folgt zusammen:
- Oberbürgermeister Menzel
- 21 Ratsherren und Ratsfrauen der SPD
- 17 Ratsherren und Ratsfrauen der CDU
- 2 Ratsfrauen des Bündnis 90/Die Grünen
- 2 Ratsherren der FDP
- 1 Ratsherr der Wilhelmshavener Alternativen Liste
- 1 Ratsherr der Deutschen Partei
- 1 parteiloser Ratsherr
SPD und Bündnis 90/Die Grünen bilden mit 23 Sitzen die Mehrheitsgruppe. Die Unterscheidung der Ratsmitglieder in „Ratsfrauen und Ratsherren“ und „Oberbürgermeister“ ist von einiger Bedeutung, da laut Niedersächsischer Gemeindeordnung an der Bildung der Ausschüsse sowie bei der Besetzung von „mehreren gleichartigen Stellen“ durch den Rat nur die Ratsherren und Ratsfrauen mitwirken – nicht aber der direkt gewählte Oberbürgermeister. Aus diesem Grunde ergeben sich durch den Übergang zur Eingleisigkeit auch keine Veränderungen der Sitzverteilung in den Ausschüssen.
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