NPD-Demo 8
Apr 012004
 

Rede zum 20.3 (Lesekreis im “Kling Klang”)

Der “Ursprung” der Rechtsentwicklung in der BRD und das Manifest werden von unter Herrschaftsbedingungen immer latent vorhandenem Rassismus und diffuser Fremdenfeindlichkeit, vor allem, aber nicht nur an der gesellschaftlichen Basis, ist wohl markiert mit dem Beginn der Krise des sogenannten “Modell Deutschland” ca. Mitte der 70er Jahre. Durch die beklagte Verteuerung des Wirtschaftsstandorts durch relativ stetige Lohnzuwächse und den Ausbau des Wohlfahrtsstaates bedingt, wurde, wie auch in anderen reichen kapitalistischen Industrieländern, mit Produktionsauslagerungen in so genannte Billiglohn-Länder und mit verstärkter Rationalisierung der Produktion zur Überflüssigmachung von Arbeitskräften begegnet. Beides führte zu einer strukturell bedingten Massenarbeitslosigkeit.

Die während des Arbeitskräftemangels vor allem in den 60er Jahren angeworbenen Arbeitsemigranten wurden nun zuerst überzählig und von deutschen Arbeitskräften und v.a. von Arbeitslosen, wie einer interessierten politischen Öffentlichkeit mit noch wachsender Feindseligkeit angesehen und behandelt.
Die strukturelle Krise des Kapitalismus führte zur Kapitalauslagerung und neoliberalistischen Politik der meisten Staaten, als Reaktion auf die durch Massenarbeitlosigkeit gestiegenen Sozialkosten, da die sich zunehmend herausgebildeten global orientierten multi- und transnationalen Konzerne mit hoher Machtkonzentration in einem bisher nie gekannten Maße die jeweiligen Standorte gegeneinander ausspielen konnten.
Die Neubildung sogenannter Schwellenländer (Billiglohn) bedeutete das Aufstreben neuer kapitalistischer Metropolen, die zusätzlich mit den herkömmlichen in eine scharfe Standortkonkurrenz eintraten. Die Konzentration des international agierenden Kapitals führte gleichzeitig zu einer Verödung anderer Regionen, die bisher hauptsächlich als billige Rohstoffliferanten dienten. Der Preisverfall u.a. durch größere Mobilität verschärfte die Verelendung dieser Regionen mit der Zunahme sozialer und ethnischer Konflikte im Gefolge. Dies bewirkte eine moderne Form der Völkerwanderung, die auf eine verstärkte Abschottung der Metropolen stieß, und mit der Massenarbeitlosigkeit und der damit verstärkten Konkurrenz, Abstiegs- und Verlustängsten verschärften sich auch rassistische und fremdenfeindliche Aggressionen. Nach dem Zusammenbruch des staatssozialistischen Machtblocks nahm die Standortkonkurrenz und Arbeitsemigration noch zu.
In der neu vereinigten BRD veränderte sich das Verhältnis zum Nationalen und damit gegenüber den als fremd empfundenen Menschen dramatisch,.was sich in sich häufenden brutalen Brandanschlägen v.a. gegen AsylberberInnenheime wie von AusländerInnen bewohnte Häuser und andere Gewaltakte auch gegen einzelne, zuerst in den neuen Bundesländern, auf beklemmende Weise kund tat. Das neu gestärkte Nationalbewusstsein fühlte sich durch die Gegenwart von Fremden, wie von der unerwünschten Erinnerung an die deutsche Geschichte gestört.
Die auf diesem Boden an Einfluss gewinnenden rechtsradikalen Parteien forderten die Konkurrenz der etablierten Altparteien heraus, aus denen immer mehr auf eine sogenannte Reform des in Deutschland besonders verpflichtenden Asylrechts gedrängt wurde. Die breite Öffentlichkeit reagierte ambivalent: einerseits gab es Demonstrationen und Lichterketten gegen die fremdenfeindliche Gewalt, gleichzeitig eine große Zustimmung zu den sehr weit gehenden Einschränkungen des Asylrechts, die faktisch auf seine Abschaffung hinausliefen.
Ein sich durchhaltendes Muster drängt sich selbst einer oberflächlichen Wahrnehmung geradezu auf. Der Grund und die Schuldigen für die eigenen Ängste und Probleme werden immer in den schwächeren Gliedern der Gesellschaft gesucht, was zusätzlich von der herrschenden Politik, auf Grund ihrer Konkurrenz um leichte Mehrheiten, populistisch bedient und gefördert wird. Ob es sich um die so genannten GastarbeiterInnen handelt, wobei diese Bezeichnung schon auf die erwünschte Begrenztheit ihrer Gegenwart weist, die sich ausschliesslich an der Nützlichkeit festmacht, ob es die Asylsuchenden waren, da deren Zahl durch die restriktive Asyl-Politik gegen Null geht. Die Situation der illegal hier lebenden Flüchtlinge wird ganz ausgeblendet, wie natürlich gegen die Einknastung und gewaltsame Abschiebung von Asylsuchenden kaum jemand etwas einzuwenden hat, soweit diese Tatsachen überhaupt bekannt sind.
Auch werden so populär von einer mehr als zweifelhaften Presse und anderen Medien aufbereitete Feindbilder verbreitet. Z.B. der “Florida-Rolf” getaufte Sozialhilfeempfänger, der ironischerweise als Deutscher im Ausland lebt und nach dem den allgemeinen Vorurteilen folgenden Blick in grenzenlosem Luxus schwelgt, steht stellvertretend für andere von staatlicher Hilfe Abhängige, die in der Öffentlichkeit hauptverantwortlich den als eigenen empfunden Standort Deutschland schwächen. Selbst wenn es dieses Luxusdasein in Florida wirklich so gäbe. Warum fällt es vielen Menschen, gerade in Deutschland, so schwer, ohne Feindschaft und Besitzneid anderen weigstens ein im Materiellen “besseres Leben” zu gönnen? Ist es nicht eine geradezu psychotisch anmutende Besessenheit, mit der über Schwächere eifersüchtig gewacht wird, wofür sie nicht ein auf Heller und Pfennig abgerechnetes Äquivalent gegeben haben?
Diese immer wieder erhobene Forderung ist nicht zu trennen, sondern ursächlich zusammenhängend mit der unreflektierten Projektion auf das Fremde oder was dafür gehalten wird. Das Fremde oder andere, nicht zu einem selbst oder der Eigengruppe gehörende, und meist in einer gesellschaftlich schwächeren Position stehende, bietet sich spontan an zur Besetzung aus dem psychischen Haushalt der beschädigten Individualität. Es ist die projektive Erwartung, dass der/die Fremde sich den von einem selbst repressiv verinnerlichten Ge- und Verbote, deren Sinn nicht hinterfragt werden darf, mit gelassener Missachtung behandelt. Das Eigene, d.h. unterdrückte Wünsche und Bedürfnisse, die nicht sein dürfen, werden im Anderen bekämpft. Nur die Aggressionen, die destruktiven Wünsche gegen Menschen scheinen gerechtfertigt, da sie ja psychisch überbesetzte Verbote bzw. deren Einhaltung einfordern, statt die gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsstrukturen zu befragen, die sich im Inneren der Individuen abgelagert haben.
Auf diese Weise wird auch eine mörderische Konkurrenz im globalen Maßstab, die quer zu allen menschlich-sozialen Bedürfnissen steht, gerechtfertigt. So wird davon abgesehen, dass weltweit eine gewaltige Produktivität und entsprechender Reichtum existiert, der aus der strukturell monopolisierten Verfügung befreit, in wirklich neuen Arbeits- und Verteilungsbedingungen, jenseits bestehender nationaler Grenzen, und versöhnt mit der inneren und äußeren Natur, den Menschen als Friedfertigen auch im Umgang mit Fremden denkbar werden lässt.
Es wäre wünschenswert, dass es leichter fallen könnte, loszulassen und den falschen Kampf, der immer auf der horizontalen Ebene geführt wird, aufzugeben, sich statt dessen der realen Komplexität der schlechten Verhältnisse zu stellen, als Voraussetzung für eine offene emanzipatorische Perspektive.

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