Nichtraucher
Apr 032003
 

Frerichs: Der Kampf geht weiter!

Ein Fortsetzungsroman

(iz) Was bisher geschah: Seit einem Jahr kämpft Rolf Frerichs gegen die Behörden, um die fiktive Fußgängerzone nördlich der Nordseepassage in eine echte zu verwandeln. Bis jetzt werden zahlreiche Verkehrsdelikte dort nicht geahndet. Inzwischen hat Frerichs auch eine rauchfreie und behindertengerechte Nordseepassage zu seinem Anliegen gemacht. Lappalien? In Anerkennung seiner Beharrlichkeit begleitet der GEGENWIND seit Monaten Frerichs Aktivitäten und Erfahrungen.

Jetzt hat er einen WZ-Artikel vom August 2000 rausgekramt, der die gefährliche Verkehrssituation in der Bahnhofstraße thematisiert. „… wenn irgendwo in der Stadt ein Schild Sinn hat, das dazu beitragen soll, viele Fußgänger vor Autos zu schützen, dann ist das an jener Stelle der Fall“, schreibt Max Schmidt in einem halbseitigen Artikel mit großformatigen Fotos. Und: „Hinter vorgehaltener Hand wird sogar von einer Art ‚Stillhalteabkommen‘ zwischen wem auch immer gesprochen.“ Dieser Provokation der allmächtigen Lokalzeitung folgen tatsächlich Polizeikontrollen – kurzfristig. Danach passiert nichts mehr.
Am 3.2.2003 bittet Frerichs gewohnt höflich den Oberbürgermeister persönlich (danach kann kaum noch was kommen), ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen. Die Antwort steht noch aus.
Zwischenzeitlich recherchiert Frerichs weiter in Sachen nikotinfreie Passage. „Raucher inhalieren 1 Tasse Teer im Jahr!“ entdeckt er in „Bild der Frau“ (10.2.03). Als Friese liest man zwar zuerst „1 Tasse Tee“, weil man Teer selten mit Tassen in Verbindung bringt. Doch selbst (nicht militante) Raucher muss er damit nicht überzeugen: Im Sinne der Nichtraucher wäre es schon nett, die Passage zu entnebeln.
Am 27.9.2002 wendet sich Frerichs in Sachen rauchfreie Passage sowie barrierefreie Eingänge an die damalige Centermanagerin Anja Seemann. Er kriegt nie eine Antwort.
Neuer Manager, neues Glück?
Dann wechselt der Stelleninhaber, und Frerichs ergreift die Chance. Mitte Januar 2003, nur 5 Tage nach seiner neuerlichen Anfrage und nur 15 Tage nach Antritt des neuen Mangers Hendrik Hoffmann, kriegt Frerichs Antwort. Hoffmann bedauert Seemanns Ignoranz. Was das Rauchen betrifft, verweist er auf das geltende Verbot in der Passage. Doch: „Ausnahmen bilden die gastronomischen Einrichtungen.“ Und ist nicht der Erste, der Frerichs gegen die Wand laufen lässt: „Seit meinem Start hier in Wilhelmshaven bin ich schon von vielen Besuchern angesprochen worden, die unsere Regelung zum Thema Rauchen/Nichtrauchen begrüßen. Durch meine bundesweiten Centererfahrungen kann ich Ihnen mitteilen, dass wir eine übliche Lösung gefunden haben.“ Peng. Was Hoffmann üblich dünkt, bleibt für Frerichs übel.
Was die Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen angeht, verweist der Manager auf die automatischen Drehtüren. Wir schlagen Herrn Hoffmann vor, sich mal einen Tag in den Rollstuhl zu setzen und das zu testen. Schon für viele mobile Menschen sind Drehtüren angstbesetzt. Gut, die Klapptüren zur Bahnhofstraße will er noch in diesem Jahr ändern lassen. Warum nicht auch die anderen Zugänge – zur Bahnseite, zum Busbahnhof und zum Taxenstand?
Am 24. Januar 2003 wendet sich Frerichs an Bundesgesundheitsministerin Schmidt (nach Menzel kann also doch noch was kommen). „Wir in Wilhelmshaven haben eine sehr schöne Nordseepassage, in der im Moment die Gesundheitstage laufen. Auch hier … wird in und vor den gastronomischen Einrichtungen … geraucht“. Er bittet die Ministerin, eine Gesetzesinitiative für den Nichtraucherschutz auf den Weg zu bringen. Das Ministerium antwortet ihm gerade 14 Tage später (schneller als manche hiesige Behörde): Der Nichtraucherschutz sei in der Tat verbesserungswürdig. Der Entwurf eines umfassenden Nichtraucherschutzgesetzes hatte jedoch 1998 im Bundestag keine Mehrheit gefunden. In der nächsten Wahlperiode gab es wieder eine überfraktionelle Initiative zum Nichtraucherschutz, die letztlich aber nur zur Entschließung führte, den Schutz am Arbeitsplatz zu verbessern. Mit einem Gesetz sei in nächster Zeit nicht zu rechnen.
Muss Frerichs erst zu anderen Mitteln greifen: eine Bürgerinitiative gründen, Flugblätter an Autofahrer verteilen, eine Sitzblockade auf der Straße veranstalten, sich überfahren lassen, röchelnd in der Drehtür oder in einem Passagencafé zusammenbrechen – kurz: endlich nicht mehr nur höflich sein, ehe wir unseren Roman mit einem Bericht über eine Fußgänger- und Nichtraucherparty auf der „Rambla“ abschließen können?

Kommentar:

Otto ist an allem Schuld
Im Dezember 2002 hat die EU – gegen den Widerstand der Bundesrepublik – ein Verbot gegen Tabakwerbung in Zeitschriften, Radio und Internet verhängt. Jetzt will Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Verbot klagen. Kein Wunder: 2002 hat die Bundesregierung 11,5 Mio Euro aus Tabaksteuer eingenommen. Die war zum 1.1.2002 erhöht worden, um das so genannte Anti-Terror-Paket zu finanzieren. Wenn damit kritischen Linken das Rauchen abgewöhnt werden sollte, war es ein Fehlschlag: Der Tabakkonsum hat sich seitdem um fast 8 Prozent erhöht.
Eine rauchfreie Nordseepassage hieße also auch: den Beitrag zu Otto Schilys demokratiefeindlichen Gesetzen senken! Vielleicht sollte Frerichs mal den Innenminister fragen, wer die größere Bedrohung für das deutsche Volk darstellt: Nikotin oder Osama Bin Laden?

Imke Zwoch

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