Zukunftsweisend
Oberbürgermeister Menzel formulierte seine Ziele als zukünftiger Verwaltungschef
(hr) Das Thema „Bürgerorientierte Stadt Wilhelmshaven“ war am 19. September 2002 Inhalt eines Vortrages von OB Menzel bei der Initiative „Mündige Bürger Wilhelmshaven“ (MBW). Als neuer Leiter der Verwaltung der Stadt hat er seine Ziele und Vorstellungen vorgetragen und Fragen beantwortet.
Bei der Informationsveranstaltung zeigte er erste zukunftsweisende und positiv zu bewertende Ziele auf. Um die Ziele nicht im Raum stehen zu lassen, hat der OB eine Überprüfung erster Umsetzungsschritte in einer neuen Informationsveranstaltung in einem Jahr angeboten. Dieses Angebot wurde gerne angenommen: Im September nächsten Jahres soll hierzu eine weitere Informations- und Diskussionsveranstaltung stattfinden.
„Bürgerorientierung“ in Verwaltungen und politischen Gremien der Kommunen zu erreichen, ist seit Jahren ein Ziel, das von vielen Städten in einem Netzwerk „Bürgerorientierte Kommunen“ verfolgt und auch vom Deutschen Städtetag in der „Resolution für die Stadt der Zukunft“ empfohlen wird. In Wilhelmshaven fehlen derzeit in Politik und Verwaltung weitgehend noch Akzeptanz und Umsetzungswille hierzu. Bürgerorientierung bedeutet u.a. auch, vermehrt auf die BürgerInnen, den Handel und die Wirtschaft zuzugehen und ihr Wissen und Engagement in städtische Entscheidungsprozesse einzubinden.
- Verbesserung der Abstimmungsprozesse innerhalb der Verwaltung (fachliche Abstimmungen durch Vernetzung der Ämter und Fachbereiche) und Abstimmungen mit Betroffenen im Vorfeld, so dass von der Verwaltung nur noch abgestimmte und optimierte Vorstellungen vertreten und dem Rat vorgelegt werden (z.B. Hafenkonzept; Schließung der Schule Coldewei, etc.)
- Bei Einzelaktionen und Entscheidungen der Verwaltung sollen in Zukunft längerfristige Aspekte und die daraus entstehenden Folgen berücksichtigt und Entscheidungen in übergeordnete längerfristig angelegte Konzepte eingebettet werden. (z.B. Bau von 7 Brunnen in der Bahnhofstraße, die oft sehr verdreckt bzw. außer Betrieb und zudem bei Veranstaltungen, wie z.B. beim Citymarkt, äußerst störend sind; Anlegen und Reparatur von Fahrradwegen ohne Gesamtkonzept für die Fahrradwege der Stadt, etc.)
- Verbesserte Bürgernähe der Verwaltung durch Zugehen auf die BürgerInnen sowie durch verbesserte Information über Planungen und Entscheidungen. ( z.B. „Offenes Rathaus“, verbesserte Pressearbeit, vermehrte Nutzung von Veröffentlichungen im Internet, ggf. eigenes Informationsblatt der Verwaltung, Wilhelmshaven-Card der Stadt für Neubürger zum Kennenlernen von Kultur- und Sporteinrichtungen der Stadt, etc.)
- Zielgerichtete Einführung von E-Government („Virtuelles Rathaus“) für einen verbesserten Zugang der Öffentlichkeit zu Dienstleistungen der Verwaltung über das Internet und die damit verbundene Umstrukturierung der Verwaltung zur Effektivitätssteigerung (z.B. Anpassung interner Prozesse der Verwaltung an neue Schnittstellen zu den Bürgern, dem Handel und der Wirtschaft, etc.)
Die schnelle Durchsetzung der Ziele ist nicht leicht und erfordert die starke Hand des Chefs, so die Meinung von Teilnehmern in Gesprächen nach der Informationsveranstaltung. Eingefahrene, für die BürgerInnen, den Handel und die Wirtschaft nicht immer optimale Verfahrensweisen in der Verwaltung sind nicht leicht zu ändern. Die Verwaltung der Stadt sollte sich jedoch zukünftig in eine rein sachorientierte Verwaltung wandeln, die sich als Dienstleistungsverwaltung und Servicebetrieb für die BürgerInnen, den Handel und die Wirtschaft versteht. Mit dem Bürgeramt wurden erste positive Ansätze aufgezeigt. Obrigkeitsdenken sollte der Vergangenheit angehören.
Die erforderliche Einführung des E-Government muss schnell begonnen werden und, wie in anderen Städten auch, Chefsache sein, da hier die ganze Verwaltung von Umstrukturierungen betroffen ist und eine erhebliche Optimierung und Effizienzsteigerung zum Wohle der Stadt erreicht werden kann. Hierzu ist jedoch auch die politische Unterstützung des Rates erforderlich, da am Anfang auch investiert werden muss. Derzeit fehlt jedoch aus Sicht von Teilnehmern bei der im Rat seit Jahren Alles bestimmenden Mehrheitsgruppe noch die Einsicht hierzu. Die vom OB genannte Einsetzung einer Person wird mit Sicherheit nicht ausreichen. Vielleicht kann die städtische Datenverarbeitung dazu auch mit eingesetzt werden und von anderen Kommunen gelernt werden. Auch hier ist ein Konzept und ein Plan erforderlich. Bund und Länder wollen z.B. ähnliche Modelle bis zum Jahr 2005 einführen.
Im Zusammenhang mit der Schließung von Schulen wurde ein seit Jahren fehlendes Schulentwicklungskonzept der Verwaltung angemahnt. Vom OB wurde darauf hingewiesen, dass zwar ein Teilkonzept besteht, jedoch ein langfristig angelegtes integriertes Schulentwicklungskonzept für alle Schulen erstellt werden müsse. Auch hier fehlt ein umfassendes Konzept, das als Grundlage für Entscheidungen der Verwaltung und des Rates dienen könnte.
Für den Bereich des Jugendamtes wurde das Fehlen eines Konzeptes für die Jugendhilfe festgestellt. Durch unklare Kompetenzabgrenzungen, z. B. bei Meldungen durch Lehrer im Falle von langfristiger Nichtteilnahme von Schülern am Unterricht, passierte nichts.
Zu Fragen der Wirtschaftsförderung in Wilhelmshaven wies OB Menzel darauf hin, dass diese durch die WFG GmbH, deren Gesellschafter die Stadt Wilhelmshaven und der Wirtschaftsverband Wilhelmshaven-Friesland sind, erfolgt, und die Verwaltung diese Wirtschaftsförderung unterstützt. Hier muss jedoch die Frage gestellt werden, ob die Wirtschaftsförderung nicht besser durch einen hauptamtlichen national und international erfahrenen Geschäftsführer zur Verbesserung der Wirtschafts- und der Ansiedlungsförderung besetzt werden sollte.
Auf Fragen zum Ersatz des Campingplatzes Geniusstrand und zum Verlust der Jugendherberge in Verbindung mit einem Touristikkonzept der Stadt wies der OB darauf hin, es sei für ihn nicht vorstellbar, dass kein Gebiet für einen Ersatz des Campingplatzes in Wilhelmshaven gefunden werden könne. Ein Ersatz für die Jugendherberge sei schwierig zu erreichen. Er werde sich jedoch nochmals des Themas annehmen und über Möglichkeiten erneut mit dem Landesverband des DJH sprechen.
Zum „Stadtleitbild“ mit dem Titel „Leitbild für die zukunftsorientierte Entwicklung Wilhelmshavens“ wurde folgendes moniert: In die Planungen und die Erstellung der Ziele des „Stadtleitbildes Wilhelmshaven“ wurde die Bevölkerung unzureichend integriert. Die BürgerInnen wurden bisher nicht mit in die Formulierung und Verfolgung von Zielen einbezogen. Nur einzelne Gruppen wurden bei der Erstellung eines von der Firma Komet im Auftrag der WFG GmbH erstellten Leitbildes beteiligt und konnten Stellungnahmen dazu abgeben.
Bei der ersten von zwei geplanten öffentlichen Veranstaltungen der Evangelischen Kirche in Heppens zum Leitbild der Stadt sollte die Bevölkerung über einen Bereich des Leitbildes durch einen Professor aus Bremen informiert und mit den Teilnehmern anschließend diskutiert werden. Trotz Einladung waren keine Vertreter der Verwaltung und nur ein Vertreter des Rates von der WALLI anwesend. Fragen dazu wurden aufgrund der vorangeschrittenen Zeit nicht mehr gestellt. OB Menzel wies jedoch darauf hin, dass in der kommenden Woche wieder Gespräche zum Leitbild mit Vertretern der Wirtschaft stattfinden werden.
Die Tatsache, dass die BürgerInnen, der Handel, die Wirtschaft und auch die meisten Vertreter der BürgerInnen im Rat in Zukunft von Informationen über die Holding und deren Planungen ausgeschlossen werden, konnte ebenfalls wegen vorgerückter Stunde nicht mehr angesprochen werden. In diesem Zusammenhang muss jedoch gesagt werden, dass hier das Vermögen der Bürger der Stadt verwaltet und eingesetzt wird. Viele Aufgaben wurden und werden von der Stadt in die Holding verlagert. Aufgenommene Kredite und Schulden sind auch Schulden der Bürger, die jedoch nun nicht mehr im Haushaltsplan der Verwaltung der Stadt erscheinen und damit nicht öffentlich sind. Von der Opposition im Rat ist derzeit z.B. nur ein Vertreter im neunköpfigen Aufsichtsrat der Holding vertreten. Der neue Chef der Verwaltung, OB Menzel, ist zwar Aufsichtsratsvorsitzender, darf den restlichen Ratsmitgliedern und der Verwaltung aber keinerlei Informationen über die Holding geben, ebenso wie der Stellvertreter Adam und die Aufsichtsratsmitglieder Neumann und Gabriels von der SPD und Prof. Reuter von der CDU. Eine bessere Kontrollmöglichkeit durch die gewählten Vertreter der Bürger im Rat und eine bessere Information der BürgerInnen ist zwingend erforderlich. Hier sind der Rat, d. h, primär die Mehrheitsgruppe, und der Chef der Verwaltung gefragt.
Ein immer wiederkehrender Hinweis auf Gesellschafts- und Aktiengesetze ist nicht ausreichend.
Kontakt: Initiative „Mündige Bürger Wilhelmshaven“ (MBW),
Postfach 1934, 26359 Wilhelmshaven; E-mail: MB-WHV@gmx.de
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