Massentierhaltung
Aug 161990
 

Latrinenlandschaft

Zwei Bauern im nördlichen Wangerland wollen in die Massentierhaltung einsteigen

(hk) Zwei zur Zeit laufende Verfahren zur Genehmigung von Mastbetriebenbereiten momentan den Umwelt – und Tierschutzgruppen gehöriges Kopfzerbrechen. Im Wangerland drohen „südoldenburgische Verhältnisse“.

Der Getreidebauer Hermann Backhaus beabsichtigt auf seinem Gelände in Friederiken Vorwerk in einem Stall 30.000 Hähnchen zu mästen – Nebenan in Bassens beabsichtigt Eilts Onno Garlichs seinen Schweinemastbetrieb von jetzt 480 auf 974 Tiere mehr als zu verdoppeln.
Bekannt und beschrieben sind die Verhältnisse in solchen Massentierhaltungen seit es diese Art der Tierquälerei gibt. Der neue niedersächsische Landwirtschaftsminister Funke (Varel) lehnte in einer Diskussionssendung die Massentierhaltung aus ethischen Gründen ab. Er ist jetzt gefordert, zumindest erstmal deren Ausweitung zu verhindern.
Logischerweise läuft die Tierrechtsbewegung Wilhelmshaven-Friesland e.V. Sturm gegen diese Art der tierquälerischen Fleischproduktion 30.000 Hähnchen, zusammengepfercht auf einer „Nutzfläche“ von 1.326 m2 – da bleibt für jedes Tier gerade eine Fläche von der Größe einer Single-Schallplatte. Die Tierrechtsbewegung hat eine Petition an den Landtag eingereicht, desweiteren wurden von ihr in kürzester ca. 1.000 Unterschriften unter der Überschrift „Keine tierquälerische Massentierhaltung! Weder in WANGERLAND noch sonstwo!“ gesammelt, die dem Landkreis Friesland übergeben werden.
Auch der BUND stemmt sich in seiner bekannt moderaten, aber dennoch bestimmten Form gegen die Planungen. In einer „Gemeinsamen Stellungnahme“ des BUND und dem Tierschutz Wilhelmshaven gerichtet an Frieslands Oberkreisdirektor Bode heißt es unter anderem: „Die Größenordnung beider Projekte läßt vermuten, daß Befürchtungen berechtigt sind und daß die geplanten Maßnahmen in eine Richtung gehen, die fortschrittlichen landschaftsstrukturpolitischen Zielen ebenso wie Tier- und Umweltschutzbestrebungen zuwiderläuft.

Wir erinnern die Niedersächsische Landesregierung an ihre dem Wähler gegebene Zusage, einen harten Kurs gegen Massentierhaltung und Agrarindustrie zu steuern, angemessene Bestandsobergrenzen durchzusetzen und, so der Koalitionsvertrag, „alle Hebel in Bewegung zu setzen“, um „artgerechter Tierhaltung in bäuerlichen Betrieben“ wieder eine Chance zu geben.
(…) An den Landkreis Friesland wird appelliert, das Vordringen “ südoldenburgischer Verhältnisse“ in unserer Region abzuwehren.“ Vor dem Hintergrund des Anfang des Jahres vorgestellten sogenannten „Jadegutachtens“, auch der Landkreis Friesland gehörte zu den Auftraggebern, würde eine Genehmigung der Anträge verdeutlichen, welcher Stellenwert Umweltgutachten in den Behörden beigemessen wird. Kommt doch das Gutachten unter anderem zu dem Ergebnis, daß gerade die von den landwirtschaftlichen Flächen über die Gräben und Tiefs in die Jade gespülten Nitrate und Phosphate eines der Hauptprobleme für Jade und Küstengewässer darstellen.
Und genau das wird durch die Massentierhaltung noch forciert: Allein für die Ausscheidungen aus der Hühnerproduktion wird ein 790.000 m2 (79 Hektar) großes Gebiet zur größten Latrine Wangerlands umfunktioniert. Die Hühnergülle versprühenden Jauchewagen werden dann wohl zum ungewollten Muß für jeden Wangerland-Touristen.

Durch die Gülle kommt es nicht nur zu erheblichen Geruchsbelästigungen – die Gülle enthält dutzende von Schadstoffen: Von den den Tieren verabreichten Medikamenten (ohne die eine Massentierhaltung nicht möglich ist) über eine breite Palette von Schwermetallen bis hin zu den Nitraten und Phosphaten. Alle diese Stoffe finden wir über kurz oder lang auch in der Jade wieder, wo dann besonders die Nitrate und Phosphate ein gefundenes Fressen für die Algen sind, die sich dann explosionsartig vermehren. Die Folgen dieser Art der Überdüngung können wir jedes Jahr wieder an der Nordseeküste oder im Banter See beobachten.

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