Marinearsenal
Aug 021993
 

Privatisierung durch die Hintertür

Rationalisierungskommission im Marinearsenal bereitet den Ausverkauf vor

(noa) Für „zumindest verfrüht“ erklärte der Inspekteur der Marine, H.-P. Weyher, im Auftrag des Bundesverteidigungsministers in einem Schreiben vom 5. Mal d.J. die Besorgnis, die Privatisierung des Marinearsenals stehe bevor.

Entsprechende Gerüchte kursieren in Wilhelmshaven schon seit Monaten, woraufhin die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft im April beim Minister nachfragte“. Das Antwortschreiben des Inspekteurs der Marine kann diese Gerüchte nicht entkräften – im Gegenteil: „Die politische und wirtschaftliche Lage unseres Staates erfordert jedoch in vielen Bereichen eine Neuorientierung – und damit auch den Abschied von in der Vergangenheit bewährten Ideen und Organisationen“, heißt es da weiter.
Wie in dem Weyher-Brief angekündigt, arbeitet nun seit Mai im Arsenal eine Arbeitsgruppe „Aufwandsbegrenzung im Betrieb“. Sie untersucht die derzeitigen Strukturen und Verfahren in Materialerhaltung und -planung. Ursprünglich sollten die Ergebnisse dieser Rationalisierungskommission im November 93 vorliegen; voraussichtlich wird die Arbeitsgruppe aber schon im September fertig sein. Sollte sie ihr Motto auch für sich selbst angenommen und „aufwandsbegrenzt“ und flott gearbeitet haben?

Der Präsident des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung hat sich in einem Brief an die Beschäftigten des Arsenals gewandt und sie aufgefordert, sie sollten Verbesserungsvorschläge machen. Der Zusatz, sie dürften ihre Ideen auch anonym mitteilen, läßt tief blicken – für einen Verbesserungsvorschlag im Sinne einer tollen neuen Erfindung wird ja wohl niemand auf die Lorbeeren verzichten. Angesichts der Auflage des BWB, daß bis 1995 26 % der Stellen abgebaut werden müssen, neuerdings ergänzt durch die Festlegung, daß darüber hinaus jährlich weitere 1 – 2 % der Arbeitsplätze eingespart werden müssen, ist der Aufruf zu anonymen Verbesserungsvorschlägen eher zu verstehen als ein Aufeinanderhetzen der Beschäftigten, frei nach dem Motto: „Bevor sie mich entlassen, weise ich lieber nach, dass mein Kollege überflüssig ist.“

Sollte diese Taktik schon gewirkt haben, so daß die Rationalisierungskommission schneller als geplant fertig wird? Oder stand das Konzept schon vorher fest?
27 Kollegen, die für eine Vorruhestandsregelung in Frage kommen, sind schon in diesem Sinne angeschrieben worden – wenn sie gehen, werden ihre Stellen nicht neu besetzt. Wenn das so weitergeht, sind ganze Bereiche (wie z.B. die Instandsetzung) gefährdet, zumal die Auszubildenden nach Abschluß ihrer Lehre nicht übernommen werden. Im Sinne des Weyher-Schreibens -„mögliche Privatisierung von einzelnen Regiebetrieben des Bundes“ – werden Instandsetzungsaufträge an Fremdfirmen vergeben werden müssen. Die Privatisierung kommt dann eben Stück für Stück.
Die Folgen sind absehbar: Qualifizierte Arbeitskräfte wandern ab; stattdessen kommen Fremdfirmen mit Billigarbeitskräften. Im Marinearsenal , das immer einen guten Ruf für seine Ausbildung hatte, die Zahl der Ausbildungsplätze aber schon halbiert hat, wird es mit fortschreitender Privatisierung immer weniger Ausbildungsplätze geben.

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