Der Chef antwortet
Lieber Gegenwind,
natürlich braucht eine Sail auch ‚RÜCKENWIND‘. Wie Euch aber bekannt sein sollte, hat allein Bremerhaven mit der vorletzten Sail 300.000 DM und mit der letzten Sail fast eine halbe Million Gewinn gemacht. Das bedeutet, daß die Sail keine millionenteure Veranstaltung ist, sondern daß sich mittlerweile alle europäischen Hafenstädte um diese gewinnbringende Veranstaltung reißen. Also, liebe GEGENWIND-Redakteure. Es lohnt sich, künftig auch einmal unters Wasser zu schauen, um bei der Recherche fündig zu werden.
Michael Konken
Leiter des Referates für Presse & Stadtmarketing
Hoppla, werden jetzt sicher unsere Stammleserinnen sagen, den Leserbrief kennen wir doch schon aus der letzten Ausgabe des GEGENWIND. Sehr richtig! Nur in der letzten Ausgabe beantwortete die Redaktion den Leserbrief mit dem Hinweis auf entsprechende Presseberichte, die von großen Verlusten bei den Sailveranstaltern sprachen.
Doch in dieser Ausgabe gibt Michael Konkens Chef selbst die Antwort.
„Angesichts der dramatischen Entwicklungen der städtischen Finanzen kann ich ein solches Projekt nicht mehr verantworten. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, zumal die Bewerbung um die ‚Sail‘ meine Idee war. Ich kann nicht hinnehmen, daß den Menschen in der Stadt schwere Belastungen auferlegt werden, und gleichzeitig eine Großveranstaltung mit einem Kostenrisiko von bis zu zwei Millionen Mark geplant werde.“
Arno Schreiber
Oberstadtdirektor der Stadt Wilhelmshaven
(Diese Aussage des Oberstadtdirektors wurde der WZ vom 8.11.95 entnommen und von der Redaktion in die wörtliche Rede gesetzt)
Zum Artikel „Opfer einer Gesetzeslücke“, Gegenwind 130
Kein Randdasein
In dem Artikel zur damals anstehenden Auflösung der Pro-Familia-Beratungsstelle fanden wir vom Caritasverband als eine weitere Wilhelmshavener Beratungsstelle bei Fragen und Problemen in Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikt nur am Rande Erwähnung.
Daß wir jedoch keineswegs ein „Randdasein“ führen, zeigt der seit 1988 kontinuierliche Zuwachs an Klientinnen aus dem Stadtgebiet von Wilhelmshaven und aus den ländlichen Regionen Frieslands. Die steigenden Fallzahlen weisen unzweifelhaft darauf hin, daß die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung des Caritasverbandes als eine staatlich anerkannte und somit neben der Pro Familia-Einrichtung gleichberechtigte Beratungsstelle schon lange Fuß gefaßt hat im vielfältigen Beratungsspektrum der hiesigen Region und sich ganz offensichtlich einer großen Akzeptanz in der Bevölkerung erfreut.
Leider fehlen auch uns Zuschüsse von der Stadt und vom Landkreis, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und eine dringend notwendige personelle Erweiterung der Beratungsstelle durchführen zu können. Bei nur einer Vollzeitstelle – die sich zwei Beraterinnen teilen – gegenüber allein 322 Erstkontakten im Jahr 1994, von denen wiederum 60% der durchgeführten Beratungen eine längerfristige Begleitung der Schwangeren erforderlich machten, ergeben sich für die Klientinnen ungute Wartezeiten, obwohl in § 6(1) Schwangerschaftskonfliktgesetz ausdrücklich verfügt ist, daß „eine ratsuchende Schwangere … unverzüglich zu beraten“ ist. Darüberhinaus haben wir bei den vielen Anfragen ratsuchender schwangerer Frauen oft damit zu kämpfen, unserem Anspruch von umfassender Beratungs- und Sozialarbeit gerecht
zu werden.
Dennoch wünschen wir uns mehr Spielraum für wichtige Öffentlichkeitsarbeit sowie aufklärende Schulklassenarbeit, um unsere Arbeit noch mehr ins Bewußtsein zu rufen und effektiver zu gestalten.
Angelika Koke-Barkam
Lisa Dierßen
(Beraterinnen in der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung des Caritasverbandes)
Zum Auftritt des Oberbürgermeisters am 9. November auf dem Synagogenplatz
„Ist dem OB Menzel eigentlich bewußt gewesen, auf welcher Veranstaltung er gesprochen hat?“
Am 9. November hatte ich mich neben einigen – leider viel zu wenigen – Mitbürgerinnen auf dem Synagogenplatz eingefunden, um den Opfern des nationalsozialistischen Regimes in der Reichskristallnacht mit Besonnenheit zu gedenken. Es sprachen an diesem Tag eine Vertreterin der DGB-Jugend, eine Vertreterin des Antifaschistischen Bündnisses
(AFB) Wilhelmshaven und letztlich der OB Menzel.
Als die Reden beendet schienen, kehrte bei den Anwesenden Nachdenklichkeit und Betroffenheit ein. Doch direkt im Anschluß an seine Rede stellte der OB Teile der Beiträge seiner Vorrednerin, aber auch die antifaschistischen Aktivitäten in Frage. Besonders störte ihn die Aussage: „Führende Persönlichkeiten dieser Stadt müssen sich vorwerfen lassen, geschäftlich mit Vertretern der faschistischen Szene zu verkehren.“
Menzel verlautbarte aufgeregt über den noch eingeschalteten Verstärker, er würde diejenigen polizeilich anzeigen, welche behaupten, er (der OB) hätte Kontakte zu Rechtsradikalen. Das rief in mir Entsetzen hervor, deshalb, weil der OB scheinbar keine Möglichkeit ausläßt, selbst auf einer Gedenkveranstaltung, angebliche Vorwürfe gegen ihn aus der Welt zu schaffen.
Entsetzen auch, wie wenig Wert er seiner eigenen Gedenkrede beimißt. Bei mir hat sich der Eindruck verfestigt, daß sein Erscheinen und seine Rede nur eine Repräsentationspflicht waren, nicht aber von ehrlicher Anteilnahme und Trauer zeugten. Sonst hätte unser amtierender OB, der sich bisher öffentlich gegen Rechtsradikalismus aussprach, sich an diesem Tag auf dem Synagogenplatz dem Anlaß angemessen verhalten
Jörg Knipper
Anm. d. Red. : Direkt im Anschluß an die Veranstaltung wurde der OB darauf angesprochen, warum er sich den genannten Vorwurf „angezogen“ hat. Es war Bauunternehmer (und Ratsmitglied) Bernhard Rech, der sich öffentlich in der WZ zu solchen Geschäften bekannt hatte. Einige Tage später hat sich Menzel persönlich für seinen “Ausfall“ entschuldigt.
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