Leserbriefe
Sep 151999
 

Leserbriefe:

Hallo Gegenwind,
in eurer Juli-Ausgabe (Nr.153) muss ich mit Erschrecken feststellen, dass das Fehlen inhaltlicher Auseinandersetzung bei euch inzwischen Ausmaße angenommen hat, die schon tragischer sind als die ohnehin schon bedenkliche Kleingärtnerlnnenmentalität der Fixierung auf regionales Faktensammeln und lokalpolitische Empörung, die euch schon des Öfteren in die Nähe (alternativer) VollstreckerInnen staatlicher (also kapitalistischer und somit inhumaner) Politik befördert hat.
Auf Seite 3 der besagten Ausgabe wird unter der Überschrift „Kriegsfolgen“ über die in der regionalen SPD geführte Debatte zum Kosovo-Krieg berichtet und das Austrittsschreiben eines namentlich nicht genannten (Ex-)SPD-Mitglieds im Wortlaut nachgedruckt. Für den Inhalt dieses anti-amerikanistisch und national daherkommenden Schreibens sind die VerfasserInnen des Artikels (ef/noa) zwar nicht verantwortlich zu machen, jedoch kein kritisches Wort darüber zu verlieren, dass in diesem Schreiben vor allem der Befürchtung unermesslichen ,,Schaden(s) für Deutschland“ Ausdruck verliehen wird und der Krieg seines Erachtens einer rationalen Kosten/Nutzen-Analyse nicht standhält („Die Kriegs- und Kriegsfolgekosten werden gewaltig sein“) ist mit gewöhnlicher Schlampigkeit schon nicht mehr erklärbar. Ebenso die fehlende inhaltliche Distanz zu einem Satz wie dem folgenden: „Wie kleine Schulkinder hat sich die SPD-geführte Bundesregierung von den USA in diesen Krieg förmlich hineindrängen lassen.“ Dieser Satz ist 1. falsch, da die Bundesregierung (übrigens ungebrochen durch den Regierungswechsel) schon seit Jahren kontinuierlich an der Bestärkung ethnisch definierter Gruppen in ihren separatistischen Bestrebungen arbeitet und somit gezielt eine völkisch-biologistische Staatsdefinition fördert, was dem Interesse des erstarkten Deutschlands an der Zersplitterung der umliegenden Staaten und somit deren Schwächung in Relation zum wiedervereinten Deutschland dient, sowie. 2. anti-amerikanistisch, obwohl das ja wieder in zu sein scheint, da der Hauptfeind ja nicht im eigenen Land stehen darf. Noch schwächer als die fehlenden Distanzierungen fällt dann jedoch der redaktionelle Teil des Textes aus. Mit Bezug auf die Belehrung, die dem ausgetretenen SPD-Mann in Form eines WZ-Leserbriefes vom Fregattenkapitän a.D. Dieter Wilde widerfuhr, schreiben ef/noa: „Dass Kriege auf jeden Fall schrecklich sind, weiß der so Belehrte genau. Er hat den 2. Weltkrieg mit Bombenhagel selber erlebt, hat die Bilder der Flüchtlingstrecks aus Ostpreußen und Schlesien und die radikale Vertreibung (Hervorhebung von mir) Deutscher aus diesen Gebieten immer noch vor Augen, hat im Verwandten- und Bekanntenkreis liebe Menschen verloren. (…) Der ihn da belehrt, war bei Kriegsende gerade eben schulpflichtig und kennt Krieg vom taktischen Schiffe-Versenken auf Seekarten.“

Hier wird nicht nur verschwiegen, wer damit angefangen hat, wen mehr als nur zu vertreiben, nämlich einzukasernieren, zu Zwangsarbeit zu zwingen, systematisch oder auch in individuellen Akten des mit dem Nazi-Regimes einverstandenen Sadismus zu erniedrigen und ermorden. Ebenso wird verleugnet, dass jene, die unter diesem Regime zu leiden hatten, den Bombenhagel auf Deutschland als notwendige Gewalttat zu ihrer Rettung mit Recht begrüßen durften, da der Nationalsozialismus (im Gegensatz zum italienischen Faschismus) nicht von der „eigenen“ Bevölkerung beendet wurde. Und dass der WZ-Leserbrief-Schreiber Wilde nicht selbst im Krieg war, als Argument zu benutzen, ist mindestens so abgeschmackt und v.a. machistisch wie die Schlusssequenz von ,,Rambo 2 – Der Auftrag“, schließlich würdet ihr ja auch mit Recht empört reagieren, wenn alte Soldaten gegenüber Kriegs- gegnerInnen mit ihrer militärischen Erfahrung hausieren gingen (naja, vielleicht auch doch nicht). Dabei-gewesen-sein taugt als Argument für und gegen gar nichts.
Ich bin jedenfalls froh, dass in Ostpreußen und Schlesien genügend Bevölkerung das Wüten der Nazis überstand um die Deutschen (die sich auch in diesen Gebieten nicht gerade als Gegnerinnen und Kritikerinnen der NSDAP hervorgetan haben) dort radikal zu vertreiben, und schließe mit der Bemerkung, dass dem so integren (Ex-)SPD-Mann die faktische Abschaffung des Asylrechts auch kein genügender Grund zum Austritt aus dieser Partei war (aber mal im Ernst: Die potentiellen Flüchtlinge gleich vor Ort zu bombardieren geht ja nun wirklich zu weit).

Markus Heuer, Schulstr. 28,
26384 Wilhelmshaven

Es brennt bei der Feuerwehr
Mit völligem Unverständnis habe ich der Wilhelmshavener Zeitung entnommen, dass zu den Aufgaben der Feuerwehr in Zukunft auch die Bekämpfung von Schiffsbränden auf Jade und Weser gehören soll, die dafür zwingend erforderliche Ausbildung des Feuerwehrpersonals aber ausgesetzt wurde.
Ist der Brand auf dem Holzfrachter „Pallas“ denn schon in Vergessenheit geraten?
Nur knapp entging die Region bei Amrum einer Katastrophe für Touristik, Umwelt und Fischerei. Trotz Einsatz mehrerer Schiffe, darunter der Mellum, konnte das Feuer nicht gelöscht werden. Erst den Niederländern gelang es unter Einsatz der Hubinsel Barbara nach langer Zeit, den Brand zu löschen.
Schiffsbrände gehören zu den kompliziertesten Bränden überhaupt. Sie erfordern zur Bekämpfung einen großen personellen und materiellen Aufwand, dazu einen besonders qualifizierten Ausbildungsstand des Löschpersonals. Nicht von ungefähr führt die Bundesmarine eine solche Ausbildung für ihr Bordpersonal durch.
Dr. Jentch warnt in seinem Referat (WZ. v. 21.08.99) vor jenen Unglücksfällen, die zwischen Bund und Land nicht geregelt sind. Dazu gehören nach seiner Aussage auch Schiffsbrände.
Man muss sich einmal vorstellen, was passieren würde, wenn z.B. ein Containerschiff mit 8.000 Containern und mehr auf der Jade oder vor dem geplanten JadeWeserPort in Brand geraten würde, vielleicht mit hochbrisanten Gütern wie Chemikalien, Kunststoffen oder ähnlichen Gefahrengütern.
Die im Jade-/ Weserbereich vorhandenen Möglichkeiten der Schiffsbrandbekämpfung sind völlig unzureichend. Zwar besteht z.Zt. auch schon die Gefahr von Bränden und Havarien auf den ein- und auslaufenden Öltankern, sie erhöht sich aber um ein Vielfaches, weil bei dem geplanten Bau von Jade-Weser-Port der Schiffsverkehr sprunghaft ansteigen wird. Es steht zu befürchten, dass Schiffsbrände oder Havarien zu einer ökologischen und ökonomischen Katastrophe an der gesamten Jade- und wegen der Strömungsverhältnisse auch der weiteren Nordseeküste führen würden.
Im Interesse der Küstenbewohner sollten erst einmal alle Sicherheitsaspekte abgeklärt und die materiellen und personellen Voraussetzungen zur Gefahrenabwehr geschaffen werden, bevor so gigantische Anlagen wie der JadeWeserPort mit unübersehbaren Risiken für die Jade-/ und Nordseeregion und deren Bevölkerung gebaut werden. Besonders pikant erscheint mir, dass die Stadt Wilhelmshaven zwar 100.000.- DM zur Machbarkeitsstudie JadeWeserPort zuschießt, dass für die Schulung des Feuerwehrpersonals zur Abwehr von Schiffsbränden auf Jade und Weser die Unterstützung fehlt.

Hans Freese

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