Leserbrief
Nov 042009
 

Die Wahl 2009

Diese Wahl zeigt erste Anzeichen dafür, dass wir Deutschen endlich den Glauben an die (ehemals kaiserliche) ‚Obrigkeit’ und deren ‚Fürsorge’ für den Bürger verlieren. Erfreuliches Anzeichen dafür ist die Höhe der Wahlverweigerung: 32,32%, bei der die Anzahl der vielleicht beabsichtigten ungültigen Stimmzettel nicht berücksichtigt ist.

Ein Drittel der Deutschen wollen mit dem Parteienklüngel nichts zu tun haben. Es ist auch kein Wunder, dass in Wilhelmshaven die Wahlbeteiligung noch unter der erfreulich niedrigen Wahlbeteiligung in ganz Deutschland liegt. Denn wir Wilhelmshavener haben die Auswirkungen der ‚Maßnahmen der Obrigkeit’ in den letzten Jahren zu deutlich zu spüren bekommen und wir werden sie auch weiterhin zähneknirschend hinnehmen müssen. Die ‚Obrigkeit’, das sind ehemals nette Bürger, die in der heutigen Grabschgesellschaft in Positionen geraten sind, in denen sie an allem etwas verdienen können, wenn sie ein bisschen dran drehen: Der Jade-Weser-Port (überflüssig, siehe Ausbau Weser und Elbe): Und fort ist das Naherholungsgebiet, um das uns andere Kommunen glühend beneideten. Das 2. Kohlekraftwerk: Und der Dreck auf den Fensterscheiben wird dichter. Das 3., das 4. und vielleicht das 5. Kohlekraftwerk: Um die uns keiner mehr beneiden wird und die den kläglichen Rest der Erholungssuchenden vom Südstrand fernhalten werden. Besonders, wenn ihnen ein Hiesiger verrät, dass dort in Zeiten beispielloser Hochtechnisierung die Exkremente einer mittelgroßen Stadt schwimmen oder abgesunken sind. Der wahnsinnige Verkehr der Lastwagen, ihr Lärm, die Erschütterungen der Straßen und ihre Überlastung: Die Straßen gehen weiter kaputt, damit der Aushub des Hafens an den verrücktesten Stellen der Stadt untergebracht werden kann. Und dann der Wahlkampf! Kein ‚Politiker’ hat ein heißes Eisen angefasst! Sie wussten alle nur zu genau, dass sie mit ihren Gesetzen und Verordnungen gegen die Interessen der Bürger untergehen würden. Deshalb wundert es mich gar nicht, dass keine der ‚Leistungen’ der großen Koalition im Wahlkampf auch nur erwähnt wurde: Das blödsinnige Verbot der Glühlampe. Warum? Glaubt hier angesichts der neuen und der geplanten Kohlekraftwerke noch jemand an die angeblichen Wirkungen des CO2? Das blödsinnige !gesetzliche! Rauchverbot in Kneipen. Ein paar richtig angebrachte Ventilatoren, wie bei dem Lokal in Leffers, machten das Essen neben den „Rauchertischen“ gesund und angenehm. Oder ein Zettel in der Tür der Kneipe „Hier wird geraucht“ hätte das Problem ohne Existenzverluste und Schließungen gelöst! Und die Stammtische, die einzige Stelle, an der ‚Die Deutschen’ auch über Politik sprechen, wären gerettet gewesen. Aber vielleicht sollten gerade die Stammtische durch das Gesetz abgeschafft werden? Und dann die ‚obrigkeitlichen’ Maßnahmen von ‚et Ulla’! Die Praxisgebühr! Was für ein Witz! Schon der Name ist falsch! Oder der große Selbstbedienungstopf, in den alle Beiträge der Pflichtversicherten fließen, ausgerechnet die Beiträge derer, die sich nicht weigern können! Wie war das mit der KFZ- und der Sektsteuer? Sollten die nicht zweckgebunden sein? Was sind sie heute? Und dann die Erfindung und Fortführung von Harz IV. Dieses gesetzlich zementierte Unrecht, das den ‚Sachbearbeiten’ das Gefühl einer unanfechtbaren, göttlichen Allmacht verleiht. Wie man an der Prozesslawine sieht. Und dieser Unfehlbarkeitsvirus breitet sich auch unter anderen Sachbearbeitern weiter aus, wenn der Bürger nicht bald den einzelnen Sachbearbeiter gezielt belangen kann. Anscheinend reicht das alles noch nicht zur Ablehnung der Parteienherrschaft, die sich klugerweise auch noch ‚Demokratie’ nennt. Ja, gemessen an Kaiser, Hitler und Honnecker ist die ‚Obrigkeit’ schwächer. Aber menschlicher? Aber eine Demokratie wie z.B. in der Schweiz ist sie noch lange nicht. Erst bei einer Wahlbeteiligung unter 10% werden wohl auch die ‚Oberen’ oder die, die sich dafür halten, nachdenken müssen, wenn wir dann nicht schon in die gierigen Hände von winzigen Gruppen aus Idioten der radikalen Rechten oder Linken gefallen sind.

Hans Pilch, Schulstr. 127, 26384 Wilhelmshaven, pilch@fbf.fh-wilhelmshaven.de

LeserInnenbriefe geben ausschließlich die Meinung des Verfassers/ der Verfasserin wieder. Die Redaktion behält es sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

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