LAW-Gespräch
Nov 082006
 

Theaterdonner

Johann Janssen, LAW, nach seiner ersten Ratssitzung

Gegenwind: Johann, wie kommt ein ruhiger Mensch wie du mit dem teilweise rüden Ton im Ratssaal zurecht?

Johann Janssen: Ich kannte das ja schon von der Zuschauertribüne aus, war dann aber doch erstaunt, dass z. B. Siegfried Neumann und Günter Reuter außerhalb des Ratsaals recht vernünftig miteinander umgehen. Wenn sie da aufeinander losgehen, wirkt das fast wie einstudiert. Solch ein Theaterdonner ist unnötig.

Andere Ratsneulinge halten sich erstmal zurück – ihr seid gleich in der ersten Sitzung mit Anträgen und Wortmeldungen eingestiegen.

Das Thema „Metropolregion“ war uns so wichtig, dass wir nicht ohne ausreichende Vorinformation darüber abstimmen wollten. In dieser Form ist das eine Ausgeburt des Kapitalismus, es geht nur um die Wirtschaft – für uns muss es aber auch um die Menschen gehen, dann steckt in einem solchen Konstrukt echtes Potenzial. Das Gremium muss paritätisch besetzt sein – uns fehlen die Arbeitnehmervertretungen, die Gewerkschaften.

Werden die „Jamaica“-Vorstöße zu Bürgernähe und Transparenz von euch begrüßt?

Das hängt davon ab, ob z. B. ein „Runder Tisch“ rein populistischen Nährwert hat oder als ernst zu nehmende Entscheidungsgrundlage genutzt wird. Die LAW hat vor einiger Zeit einen kommunalpolitischen Arbeitskreis ins Leben gerufen, durch den wir regelmäßig engen Kontakt zu politisch interessierten BürgerInnen haben. Ihre Anliegen fließen so direkt in unsere Arbeit ein. Wer dort mitarbeiten möchte: bitte bei uns melden.

Ruft der „Jamaica“-Vorschlag zur Bildung von Planungszellen nicht Erinnerungen an alte KBW-Zeiten (Kommunistischer Bund Westdeutschland) in dir wach?

Ja – mit gemischten Gefühlen. Gerade diese Zellen waren ein eher undemokratisches Instrument. Trotzdem ist damals auch gelegentlich etwas Gutes bei rausgekommen – so habe ich im Rat auch für die Zellen gestimmt.

Was sind eure Vorschläge für mehr Bürgernähe?

Transparenz in der Ratsarbeit dient nicht nur dem Abgleich zwischen den Erwartungen der BürgerInnen, Wahlversprechen und Praxis. An dieser Stelle muss ich die fleißigen Ratsmitglieder – das sind nicht alle, aber mehr als man denkt – mal in Schutz nehmen. Sie werden oft deshalb ungerecht beurteilt, weil die BürgerInnen gar nicht wissen, wie arbeitsintensiv der Weg von einer Idee über einen Antrag bis zum Beschluss ist. Ein „Tag der offenen Ratssitzung“ wäre ein Ansatz, diese Hintergründe nach draußen zu vermitteln.

Wie viele BürgermeisterInnen braucht diese Stadt eurer Ansicht nach?

Wir haben eine Aufstellung erhalten, wonach der OB und seine Vertretung wirklich sehr viele Repräsentationstermine wahrnehmen müssen. Es ist schwer, eine gerechte Auswahl zu treffen. Bestimmte Termine können jedoch ebenso gut von anderen Ratsmitgliedern übernommen werden, die jeweils am besten dafür geeignet sind.

So bekommen auch mehr als zwei, drei Stadtpolitiker die Gelegenheit, ihr Gesicht zu zeigen, was nur gerecht ist. – In den Medien haben sich die anderen Fraktionen vorab nicht gerade freundschaftlich über die LAW geäußert. Ist das auch nur Theaterdonner?

Ich war positiv überrascht, wie freundlich die meisten Ratsmitglieder mit mir umgehen und auch die Verwaltung. Sie kamen vor Sitzungsbeginn oder in den Pausen auf mich zu und sprachen mich offen an. Ich sehe uns auch nicht unbedingt als „zwei gegen den Rest“. Norbert Schmidt ist ein toller Ratsvorsitzender, und Herr Stoffers und seine MitarbeiterInnen haben den Ablauf neutral und konstruktiv unterstützt.

In der LAW herrscht offensichtlich kein Fraktionszwang.

Richtig. Wir stimmen auch nicht mit oder gegen bestimmte Fraktionen, sondern für oder gegen eine Sache. Auffallend war, dass auch innerhalb anderer Fraktionen die Arme unterschiedlich gehoben wurden. Insgesamt herrschte eine positive Aufbruchstimmung bei dieser konstituierenden Sitzung. Wir werden auch nicht auf Biegen und Brechen versuchen, durch Kompromisse und Absprachen mit anderen unsere Anträge durchzudrücken. Wir wollen neue Impulse in die Ratsarbeit einbringen. Was politische Änderungen hervorbringt, läuft ohnehin nur zu 30% im Rat – 70% laufen „draußen“.

Wir wünschen der LAW weiterhin demokratische Akzeptanz im Rat und danken für das Gespräch.

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