Küstenmuseum
Dez 172008
 

Auf zwei Rädern ins Wirtschaftswunder

Räder, Roller und Mopeds der Achilles-Werke Wilhelmshaven

Sonderausstellung im Küstenmuseum

Kaum eine Zeitgeist-Epoche fasziniert so viele Deutsche wie die legendären 50er Jahre. Noch heute kennen Jugendliche von Eltern und Großeltern Erzählungen und Gebrauchsgegenstände aus dieser Zeit, vor allem aber leben noch viele interessierte Zeitzeugen. Das kam auch Tanja Kwiatkowski zugute, die mit viel Liebe und Engagement die sehenswerte Ausstellung über die Geschichte der Achilles-Werke zusammenstellte.

Kaum hatte es sich herumgesprochen, dass die Zweiräder im Küstenmuseum thematisiert werden, meldeten sich Zeitzeugen und Sammler, und noch bei der phänomenal gut besuchten Eröffnung am 7. Dezember brachte ein älterer Herr wunderbare Fotos aus der Achilles-Blütezeit vorbei. Solch eine Ausstellung, die von vielen nicht nur konsumiert, sondern aktiv unterstützt wird, strahlt eine besondere Lebendigkeit aus. So wünschen wir uns das Küstenmuseum.
AusstellungDie Ausstellung ist mit Original-Fahrzeugen, -Zubehör und anderen Exponaten aus der damaligen Zeit, Fotos, Audio- und Videodokumenten und überschaubaren Texttafeln interessant und anschaulich gestaltet. Den Anziehungspunkt bilden 12 liebevoll restaurierte Zweirad-Oldtimer, doch dahinter steht die wechselvolle Wirtschafts- und Sozialgeschichte eines mittelständischen Metallbaubetriebes. Die Achilles-Werke gab es (im heutigen Tschechien) schon seit 1894. Ab 1939 wurde auch Rüstungsmaterial produziert. Die Eigentümer-Familie Weikert verschlug es nach Kriegsende und Enteignung über ein Flüchtlingslager an die Jade. 1948 wurde in Langewerth der Betrieb wieder aufgenommen und schwamm erfolgreich auf der Welle der Massenmotorisierung mit. Dabei hatte die Belegschaft noch Muße, sich nebenbei Weihnachtsbaumständer zu schmieden. Ihre Produkte erwiesen sich als alltagstauglich, wie z. B. die legendäre Alpenquerung von Heinz Schütt mit seinem goldenen Achilles Sport-Roller bewies (den er noch heute besitzt, zu sehen in der Ausstellung), und waren auch bei Rennen erfolgreich. Andere Nutzer schwärmen von der selbstbestimmten Fahrt zum Arbeitsplatz. Auch optisch sprachen die Fahrzeuge in so eleganten Farben wie „Kongogrün-Nilsand“ und Modelle wie „Capri“ oder „Lido“ diverse Zielgruppen an. 1956 hatte der Betrieb 500 Mitarbeiter, und 2500 Händler bundesweit vertrieben die Achilles-Fahrzeuge. Zwischenzeitlich hatte sich das Schweizer Unternehmen Haefener zu 95% in die Achilles-Werke eingekauft, und der Betrieb war auf Akkordarbeit umgestellt. Doch mit wachsendem Wohlstand eroberten die Autos die Straße, und die Schließung zahlreicher Zweiradfirmen war die Folge. Im Februar 1956 wollte Haefner noch expandieren und auf dem Gelände der Nordwestdeutschen Fahrzeugbaus (Konkurs 1955) neue Produktionshallen errichten, doch, so verrät die Zeittafel in der Ausstellung, die Stadt erfüllte die damit verknüpften Bau- und Darlehensanforderungen nicht. So entschloss sich Haefner für eine Verlagerung nach Süddeutschland. 1958 schlossen die Achilles-Werke in Langewerth für immer ihre Tore. (iz)

Küstenmuseum Wilhelmshaven, Weserstraße 58, 26382 Wilhelmshaven, Tel.: 04421/400940, www.kuestenmuseum.de. Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 bis 17 Uhr (24.12. bis 25.12. und 31.12. bis 1.1. geschlossen)

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