Konzertkritik
Mrz 282001
 

Dasselbe Konzert?

Irritiert waren FreundInnen der klassischen Musik über zwei Kritiken zum Konzert des Tschaikowsky Sinfonieorchesters des Moskauer Rundfunks in der Stadthalle. Die Besprechungen von Ernst Richter im Jeverschen Wochenblatt und von Norbert Czyz in der WZ (jeweils vom 19.3.) erwecken den Anschein, als seien die Autoren auf verschiedenen Veranstaltungen gewesen.

Czyz beschreibt den Dirigenten Thomas Sanderling, der als Sohn des großen Dirigenten Kurt Sanderling in der WZ-Ankündigung noch ordentlich Vorschusslorbeeren erhalten hat, als in seinen Bewegungen „verkrampft, unpräzise und stereotyp“ und schreibt die teilweise Rettung des Abends dem Orchester zu, indem es den Dirigenten ignorierte, wenngleich es eine „gewisse Unentschlossenheit“ zeigte. Zwischen dem hoch dotierten Solisten Oleg Maisenberg am Piano und dem Orchester stellte sich laut Czyz „keine organische Einheit her“. Zudem werden dem Pianisten Fehler im Tempo vorgeworfen.Richter hingegen spricht von einem „großartige Konzert“, hat eine „musikalische Kostbarkeit, ein Kleinod moderner Klavierinterpretation“ fühlbar genossen. Der Pianist wirkte auf ihn konzentriert, mit dem Orchester unter Sanderling als „einfühlsame Begleitung“.Leider konnte unsere Kulturredaktion sich zu diesem Abend keinen eigenen Eindruck verschaffen. Czyz zufolge müssten wir darüber erleichtert sein, Richter zufolge uns schrecklich ärgern, etwas verpasst zu haben. Insgesamt tendieren wir eher zu letzterem. In seiner doppelt so langen Kritik (1/3 Seite) vermittelt Richter sehr viele Hintergrundinformationen zur Entstehung, zum Aufbau und zum Charakter der gespielten Stücke und somit eine viel stärkere musikalische wie seelische Verbindung zwischen Komponisten, Interpreten und Zuhörer.Einig sind sich die beiden allerdings in ihrer Schelte am („klatschwütigen“ – Richter) Wilhelmshavener Publikum, das durch heftigen Applaus an der falschen Stelle die Musiker irritierte oder sogar verletzte. Wo für Czyz „der verfrühte Schlussapplaus zur kräftigen Blamage für das jadestädtische Publikum“ geriet, sagt es Richter den Klatschern noch drastischer: „Sie haben sicher von der tiefgreifenden Wirkung der Schlusscoda rein gar nichts verstanden“.

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