Kohlekraftwerk
Jan 252006
 

Noch ein Kohlekraftwerk?

Belgischer Stromproduzent lässt Standorte prüfen

(Joachim Tjaden) Fast könnte man aus den Berichten der letzten Wochen entnehmen, die Würfel seien schon gefallen und Wilhelmshaven bekäme ein zweites Kraftwerk auf dem Rüstersieler Groden.

Die Electrabel mit Hauptsitz in Belgien betreibt einige Kraftwerke in Belgien, darf dort kein weiteres mehr errichten und möchte sich daher nach Deutschland orientieren, um hier weitere Kraftwerkskapazitäten zu errichten. Die Electrabel Deutschland AG prüft im Moment, wo in Deutschland ein Kraftwerk gebaut werden kann. Dabei steht auch Wilhelmshaven auf der Liste der möglichen Standorte. Man prüft zunächst die Gegebenheiten vor Ort in Wilhelmshaven und Stade näher. Wo schlussendlich weiter geplant wird, entscheidet sich erst nach der Beurteilung der möglichen Standorte.
KraftwerkplanUntersucht wurde jetzt auch der Bau und Betrieb eines 800 MW-Kohlekraftwerkes am Standort Wilhelmshaven im Rüstersieler Groden, ohne dabei schon Näheres über das Betriebskonzept festgelegt zu haben. Sicher ist, es soll ein Kohlekraftwerk werden, welches fast ausschließlich mit Importkohle betrieben werden soll.
Wie in solchen Verfahren üblich und vorgeschrieben, wurden die Umweltverbände am 12.12.05 zu einem Scopingtermin ins technische Rathaus geladen (scoping: näher betrachten). In diesem Termin wurde deutlich, dass die Absicht der Electrabel, das Kraftwerk tatsächlich in Wilhelmshaven zu errichten, wenig konkret ist.
Trotzdem gibt es einiges anzumerken, ohne dabei auf Details einzugehen.
Neben der Frage der Befeuerung, hier Steinkohle, ist die Kühlung eines Kraftwerkes von entscheidender Bedeutung. Eine Festlegung auf die möglichen Kühlsysteme gibt es jedoch bisher nicht und wird auch erst dann getroffen, wenn ein tatsächlicher Standort gefunden ist.
Der Hauptwasserbedarf von Wärmekraftwerken entsteht für Kühlzwecke, wobei der Kühlwasserbedarf im Wesentlichen von der Art des eingesetzten Kühlsystems abhängt.
Zur Kühlung werden in den Unterlagen zwei Varianten beschrieben: Durchflusskühlung oder Kühlung über Kühlturm (Naturzug-Nass-Kühlturm).
Das für die Durchflusskühlung benötigte Kühlwasser könnte aus dem Jadebusen entnommen und nach Aufnahme der Prozesswasserwärme wieder in den Vorfluter (36 m3/s) eingeleitet werden.
Hier dürfte das erste Problem bestehen. Wie bekannt, hat schon heute das bestehende e.on-Kraftwerk erhebliche Probleme mit dem Kühlwasserkreislauf, welche sich durch den geplanten JWP noch erheblich verschärften würden. Zusätzliche Warmwassermengen eines zweiten Kraftwerkes, welches zudem in unmittelbarer Nähe geplant wird, kann die Jade nach den heutigen Bestimmungen ganz sicher nicht mehr aufnehmen.
Beim Einsatz eines Naturzug-Nass-Kühlturmes werden Luft und Wasser zur Kühlung genutzt. Die Wärme wird dabei größtenteils durch Verdampfung des Kühlwassers und teilweise durch Erwärmung der Umgebungsluft abgeführt. Hierbei muss man jedoch mit zusätzlichen erheblichen Lärmemissionen rechnen.
Die Planer geben einen Wert von 120 dB(A) bei Naturzugkühlung an, welcher durch Lärmschutzmaßnahmen auf 100 – 106 dB(A) reduziert werden könnte. Bei Durchlaufkühlung ist die Lärmbelastung mit 100 dB(A) angegeben.
In den Unterlagen steht dazu wörtlich:
„Vor dem Hintergrund der aktuellen Planungen für den JadeWeserPort Wilhelmshaven muss davon ausgegangen werden, dass in den für die Kraftwerksplanung besonders relevanten Immissionsorten IO 6 – IO 10“ (Anm.: Das sind Voslapp Mitte, Mitte Süd, Süd und Rüstersiel Nord und Mitte) „die Gesamtbelastung den zulässigen Immissionsrichtwert im Nachtzeitraum bereits vollständig ausschöpft oder bereits geringfügig überschreitet.“
Die Schallausbreitungsrechnung mit einem flächenbezogenen Schallleistungspegel von 57 bzw. 60 dB(A)/m2 nachts für die in Aussicht genommene Kraftwerksfläche zeigt, dass der für das Kraftwerk zulässige Immissionspegel am maßgeblichen Immissionsort Rüstersiel Nord den nächtlichen Immissionsrichtwert 40 dB(A) um mindestens 11 dB(A) unterschreiten muss.
Nach den vorliegenden Unterlagen gehen die Planer davon aus, dass trotz der Überschreitung der Lärmwerte eine Genehmigung nicht versagt werden darf. Die nähere Erklärung hierzu ist wenig verständlich.
Da aber bisher nur über mögliche Standorte nachgedacht wird, ist sicherlich nicht angesagt, schon heute intensiv in dieses Thema einzusteigen, aber es muss natürlich im Auge behalten werden. Auch die Frage, ob tatsächlich zusätzliche Kraftwerkskapazitäten benötigt werden, ist noch lange nicht beantwortet. Die neue Bundesregierung plant momentan den Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomkraft, was bedeutet, dass die deutschen Atomkraftwerke weit länger am Netz bleiben werden als bisher geplant.

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