Kinderwohngeld
Jan. 312008
 

Herr W. lässt nicht locker

(noa) „Plausible Erklärungen für eine unplausible Sache“ lieferten wir in der Dezember-Ausgabe. Der „Erfinder“ des Kinderwohngeldes, Herr Hein von der Wilhelmshavener Wohngeldstelle, hatte im November bei der Arbeitsloseninitiative genau erklärt, warum er der Meinung ist, dass das Kind eines Langzeitarbeitslosen ein eigenständiges Recht auf Wohngeld hat – und damit aus der Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern fällt.


Unser Leser W.W., von dessen Strafanzeige gegen das Job-Center wir in der Ausgabe 230 berichtet hatten, ließ sich davon ganz offensichtlich nicht überzeugen. Und auch die Antwort der Staatsanwaltschaft Oldenburg konnte ihn nicht beeindrucken.
Da heißt es: „Mit Ihrer Strafanzeige vom 04.08.2007 werfen Sie der Geschäftsführung des Job-Center Wilhelmshaven einen Betrug vor… Dabei sind Sie der Auffassung, dass das Job-Center durch Vorspiegelung falscher Tatsachen den Irrtum errege, Kinder von Alg II-Empfängern seien verpflichtet, Wohngeld zu beantragen.“
Und im weiteren Text vertritt die Staatsanwaltschaft das, was auch Herr Hein bei der ALI vorgetragen hat:
„Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Wohngeldgesetz sind Empfänger von Leistungen des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes nach dem SGB II, bei deren Berechnung Unterkunftskosten berücksichtigt worden sind, vom Wohngeld ausgeschlossen. Die minderjährigen Kinder, für die von der Wohngeldstelle Wohngeld gewährt wird, erhalten keine Sozialleistungen nach dem SGB II und sind somit nach § 1 Abs. 2 Satz 1 des Wohngeldgesetzes nicht vom Wohngeldbezug ausgeschlossen. Als Empfänger der Leistungen gelten die in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Personen, die bei der gemeinsamen Ermittlung ihres Bedarfs berücksichtigt worden sind. Danach gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 des § 7 Abs. 3 SGB II genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen beschaffen können. Hier liegt keine Ausschlusssituation nach § 1 Abs. 2 Satz des Wohngeldgesetzes für die betroffenen Kinder vor, denn sie können ja gerade mit den Unterhaltsleistungen, dem anteiligen Kindergeld und dem Wohngeld ihren eigenen Bedarf decken…“
Die Hervorhebung im letzten zitierten Satz stammt nicht vom Staatsanwalt, sondern von uns. Da liegt der Hase im Pfeffer: Die betreffenden Kinder sind nicht bedürftig, weil sie Wohngeld beziehen; und deshalb dürfen sie Wohngeld beziehen. Ohne das Wohngeld sind sie bedürftig, haben Anspruch auf Sozialgeld und damit keinen Anspruch auf Wohngeld. Mit gesundem Menschenverstand kann man das nicht begreifen – juristische Logik geht wohl anders. Herrn W. geht es jedenfalls so, dass er es nicht begreift. Er reagiert auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft mit einer „sachlichen Dienstaufsichtsbeschwerde“, in der er schreibt:
„Ihre Ausführungen sind für mich nicht nachvollziehbar, weil sie der Logik entbehren.
Die Berechtigung zum Bezug von Wohngeld setzt voraus, dass der Antragsteller als Mietzahlungsverpflichteter mit Mietkosten belastet ist, die er aufgrund seines unzureichenden Einkommens nicht befriedigen kann und dadurch latent in Gefahr schwebt, seine Wohnung zu verlieren und obdachlos zu werden. Deshalb muss in solchen Fällen der Staat öffentliche Fürsorge leisten, damit der Betroffene seine Wohnung als Lebensmittelpunkt nicht verliert.
Diese Ausgangssituation ist aber nicht gegeben, wenn der Antragsteller ein minderjähriges Kind ist, welches im Haushalt eines alleinerziehenden Elternteils lebt. Zumal der Elternteil als Alg-II-Empfänger bereits über das Job-Center seine Miete komplett erstattet bekommt und deshalb ein weiterer, zusätzlicher Bedarf zum Einsatz öffentlicher Mittel zur Finanzierung der Kosten für Unterkunft für diesen Haushalt gar nicht mehr besteht….
Nach allem halte ich meinen Verdacht auf strafbares Verhalten aufrecht. Ihre bisherigen Ausführungen sind nicht geeignet, diesen Verdacht zu zerstreuen.
Nach allem besteht nach wie vor der Verdacht, dass die Geschäftsführung des Job-Center Wilhelmshaven mit dem Leiter der Wilhelmshavener Wohngeldstelle, Herrn Hein, kollusiv Hand in Hand arbeitet, um die Ausgabenbelastung des Job-Centers zum Teil auf den Bund abzuwälzen…
Ich beantrage daher, endlich konkrete Ermittlungen gegen die angezeigten Personen zu führen und diese zum Sachverhalt als Beschuldigte zu vernehmen…“
Nun, die Geschäftsführung des Job-Centers Wilhelmshaven ist mittlerweile turnusgemäß ausgetauscht worden. Gegen einen der damaligen nach Meinung von Herrn W. mutmaßlichen Betrüger kann man nicht mehr ermitteln, da er nicht mehr am Leben ist.
Möglicherweise liegt Herr W. mit der Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft auch vollkommen daneben. Es geht um die Auslegung von Gesetzen, und wahrscheinlich ist es am Ende die Sache eines höheren Verwaltungsgerichts, zu klären, ob es Aufgabe unterer Behörden ist, Katzen dazu zu veranlassen, sich selber in den Schwanz zu beißen. Aber vielleicht ist es für die Beschleunigung dieses Rechtsweges ja nützlich, eine Staatsanwaltschaft vor ein kniffliges Problem zu stellen.

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