Kaiser-Virus
Okt 272005
 

Es geht auch anders!

Nicht ganz Wilhelmshaven ist mit dem Kaiser-Virus infiziert. Pastor Morgenstern von der Christus- und Garnisonkirche tritt da in den Vordergrund.

AufstandAnfang Oktober fand in der Kirche eine besondere Aktion statt. Über die „dem Andenken der während des Aufstandes in Deutsch-Südwest-Afrika 1904 – 07 Gefallenen und Gestorbenen“ gewidmeten Marmortafel wurde eine durchsichtige Tafel montiert, auf der „die andere Seite der Medaille“ (Pastor Morgenstern in seiner Predigt am 9. Oktober) dargestellt ist.
Der deutsche General von Trotha wollte die Herero nicht nur im militärischen Sinne vernichten. In seinem Rapport an den Generalstab hieß es:
„Meine genaue Kenntnis so vieler zentralafrikanischer Stämme, Bantu und anderer, hat mir überall die überzeugende Notwendigkeit vor Augen geführt, dass sich der Neger keinem Vertrag, sondern nur der rohen Gewalt beugt. Deshalb halte ich es für richtiger, dass die Nation in sich untergeht, und nicht noch unsere Soldaten infiziert und an Wasser und Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Außerdem würde irgendeine Milde von meiner Seite von Seiten der Herero nur als Schwäche aufgefasst werden.“
Obgleich es viele Anzeichen dafür gab, dass der Widerstand der Herero gebrochen war, drang von Trothas Truppe weiter vor. Angebote zur Übergabe wurden ignoriert und Verdurstende „von ihrem Leiden erlöst“, die Truppe trieb den Rest des Volkes gnadenlos vor sich her. Das gesamte Vieh der Herero ging zugrunde. Der Herero-Historiker Alex Kaputu hat mündliche Überlieferungen von dieser Todesprozession niedergeschrieben:

„Wenn sie an einen Sandbrunnen kamen, und es gab Wasser, dann tranken die Krieger. Die Frauen tranken nicht, damit die Krieger Kraft hätten zu kämpfen. Und wenn sie Hunger hatten, sagten die Männer zu den Frauen: „Das Kind kann ruhig sterben. Ich muss aus deiner Brust die Milch saugen, denn ich kann nicht anders, damit ich kämpfen kann.“

Und dieser Text findet sich jetzt neben dem Foto einer Herero-Familie gleichberechtigt über der Gedenktafel an die gefallenen deutschen Soldaten. In einem kurzen Gespräch im Anschluss an die Enthüllung kündigte Pastor Morgenstern gegenüber dem Gegenwind weitere Aktivitäten an, damit „die jeweils andere Seite nicht in Vergessenheit“ gerät. (hk)

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