so lautet wohl das neue, kaiserlich-militärische Demokratieverständnis dieser Stadt. Richtungsweisende Beschlüsse wie die Aufstellung des Kaiserdenkmals oder des U-Bootes am Südstrand werden im Schnellverfahren und an der Bevölkerung bzw. an den zuständigen Fachausschüssen vorbei vom Verwaltungsausschuß und dem Rat der Stadt (oder gar im Grunde von der Verwaltung?) gefällt. OB Menzel äußerte sich auf dem Kunstmarkt anläßlich der Enthüllung eines alternativen, d. h. kritischen Kaiserdenkmals dahingehend: „Die Kaiserkritiker , das sind doch nur die Leute, die ohnehin immer gegen alles sind. “ Sprach’s, nachdem er kurz zuvor anläßlich des Jahrestags der Reichsprogromnacht sich für die Opfer einer Gewaltherrschaft eingesetzt hatte, die nur deshalb erfolgreich war, weil eben nicht genug Menschen erstmal alles, was von oben kommt, in Frage gestellt haben. Menzel weiter: „Das ist doch nur eine Minderheit, die gegen das Kaiserdenkmal sind. “ Ob Mehr- oder Minderheit, darüber läßt sich nicht streiten, solange die Statistik allein auf dem subjektiven Mist der Wilhelmshavener Zeitung oder des Orglers Desenz gewachsen ist. Wohl aber läßt sich darüber streiten, warum auf einmal die Meinung sogenannter Minderheiten, lebendiger Ausdruck eines pluralistischen Systems und seit langem Zielgruppen wählerstimmensüchtiger Parteien, ins politische Abseits gestellt werden sollen.
Man könnte Herrn Menzel theoretisch noch zustimmen, daß die Abstimmungsergebnisse der gewählten VertreterInnen des Kommunalparlaments die Meinung ihrer WählerInnen repräsentieren. Weit gefehlt: Abtrünnige des Fraktionszwangs werden jetzt ganz öffentlich mit Partei-Mobbing bedroht – so die SPD-Abgeordneten Ursula Aljets und Walter Heide, die gegen eine Aufstellung des U-Bootes votierten. Wer sich dem Konflikt zwischen Mobbing und Gewissen entziehen will, kann sich seit neuestem einfach verpissen, d.0h. während der Abstimmung werden die Toiletten des Rathauses aufgesucht, sodaß man/frau bei der Frage nach dem eigenen Votum nach allen Seiten hin abgesichert ist.
Nov 221993
Tarnen, täuschen und verpissen
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