Kaiser
Jan 261994
 

Der Adel der Geburt

Trotz Kälte und Nässe: Kaiserwetter in Wilhelmshaven

(hk) In einem dem würdigen Anlaß der Krönung Seiner Majestät des Kaisers angemessenen Rahmen fand am 18. Januar in der Kaiserstadt am Meer eine Feierstunde statt. Der Versuch einiger Proleten, die Feierlichkeiten durch die lautstarke Darbietung ihrer monarchiefeindlichen und gemeingefährlichen Forderungen zu mißbrauchen, führte zwar zum vorzeitigen Abbruch der Feier, muß aber insgesamt als erneute Peinlichkeit dieser aufgehetzten Namenlosen gewertet werden.

gw119_kaiser2gw119_kaiser1Als Festredner konnte der Vorsitzende der Wilhelmshavener Sektion des „Zentralkomitees zur Renovation des Deutschen Kaisertums“, Herr Trauhart von Felsen, den eigens zur Teilnahme an dieser Feierstunde aus Berlin angereisten Sprecher der „Königstreuen Deutschen Volkspartei“, Herrn Carl von Knahll begrüßen. Herr von Knahll begann seine Festrede über „Die Rettung Deutschlands durch den Adel der Geburt“ mit einem Lied. Damit hatte er schon gewonnen – einige Zuhörer unterstützen seinen“ Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben“ – Gesang spontan. In wohltuend klaren Worten, untermalt von einem Feuerwerk im Friedrich-Wilhelm-Park, äußerte sich Herr von Knahll ausgesprochen befriedigt über das, was in der Stadt, der Seine Majestät Wilhelm I. Seinen Namen gab, geschieht. Während des symbolischen Kaiserfrühstücks (Fürst Metternich-Sekt, Kaviar und französisches (!) Stangenbrot) der geladenen Gäste, im Abendschatten des Denkmalstumpfes, bricht gw119_kaiser3völlig unvermutet eine Horde vaterlandsloser Gesellen aus den Jasminbüschen des Friedrich-Wilhelm-Parks und skandieren ihr penetrantes „Wir wollen keinen Kaiser“; Herr von Knahll wird vom Podest gezerrt und der Rädelsführer, im Outfit der Frühsozialisten, läßt flammende Hetztiraden auf die anwesenden Zuhörer niederprasseln. Daß die Aktion von langer Hand vorbereitet war, ist wohl dadurch belegt, daß der Pöbel die anwesenden Damen und Herren Zuhörer mit Unmengen von heißen Pellkartoffeln und eingelegten Heringen abspeiste. Damit dürfte wohl auch die Zukunft der Rädelsführer dieser Aktion klar sein. Das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ hat auch für solcherlei Tun seinen Paragraphen. Trotz alledem war es eine würdige Veranstaltung zu Ehren des Tages im Jahre 1871, als Wilhelm I. „nach dem glorreichen Sieg über Frankreich in Versailles zum Kaiser gekrönet wurde“, wie Herr von Knahll die Bedeutung dieses Tages in seiner Festrede so treffend beschrieb. Die musikalische Umrahmung der Feierstunde lag wieder in den goldenen Händen des Herrn Präsenz, der, nomen est omen, immer an der richtigen Stelle den richtigen Ton auf seiner Drehorgel anschlägt.

Kommentar:

Wilhelms-Sklaven

Mit völlig unverständlicher Härte zieht Oberbürgermeister Menzel gegen die Leute zu Felde“, die etwas dagegen haben, daß Wilhelmshaven dem Kaiser Wilhelm I. wieder ein Denkmal setzt. Die Auseinandersetzung wird von Seiten der Wilhelm-Gegner politisch geführt, indem sie die Rolle, die Wilhelm I. in der Geschichte spielte, in den Vordergrund stellen. Da wird mit Argumenten gearbeitet, Argumenten, die die Politik dieses Kaisers geißeln; Argumenten, die versuchen klarzumachen, daß die Wiedererstellung des Kaiser-Denkmals einem sich in Deutschland breitmachenden nationalistischen Denken das Wort redet. Dagegen führt sich der OB auf, als wäre er ein leiblicher Ur-Enkel des Hohenzollernkaisers.
Den Leuten, die sich mit der Geschichte auseinandersetzen, wirft er vor, daß sie sich nicht zur Geschichte bekennen. Wenn der Oberbürgermeister auf dem Neujahrsempfang mit Sprüchen wie „mit unserer Vergangenheit gut umgehen“ was „einige wenige in der Stadt nicht möchten“, denn die „möchten die Vergangenheit nicht kenntlich machen“, weil man die „Vergangenheit restlos beseitigen wolle“ agiert, beweist er nur, dass er sich bisher nicht die Mühe gemacht hat, sich mit den Argumenten der Kaisergegner auseinanderzusetzen. Seine Auslassung, daß man die Geschichte als „Realien der Vergangenheit“ hinnehmen muß, ist eines Sozialdemokraten unwürdig.
Kein Mensch würde momentan auf den Gedanken kommen, den Faschisten ein würdigendes Denkmal zu setzen. Auch der Faschismus ist eine Realität der Geschichte Wilhelmshavens. Doch man setzt sich damit inhaltlich auseinander. Vielleicht wäre das anders, wenn Adolf Hitler schon 1940 die Autobahn bis nach Wilhelmshaven gebaut hätte. Hat er aber nicht, nicht einmal die Elektrifizierung der Bahnstrecke hat er vorangetrieben.
Bewußtes Umgehen mit der Geschichte erfordert die bewußte Auseinandersetzung mit der Geschichte. An der Rolle, die Wilhelm I. in der Geschichte gespielt hat, gibt es nichts zu deuteln: Er war ein Demokratenhasser, Sozialistenverfolger und Kriegstreiber. Wer die Geschichte „unvoreingenommen“ betrachtet, wie OB Menzel auf dem Neujahrsempfang forderte, sollte wenigstens in der Lage sein, gut und böse voneinander zu unterscheiden.
Die Tatsache. daß unsere Stadt den Namen Wilhelmshaven trägt, sollte Ehrung genug sein. Der Denkmalsockel an der Ebertstraße mit dem dort angebrachten Relief des Namensgründers sollte auch für diejenigen ausreichen, die des ersten Wilhelms Verdienste für diese Stadt höher einstufen.

Hannes Klöpper

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