Junges Theater
Okt 081990
 

„Beweisen was man könnte, wenn man hätte“

Junges Theater und ein Sponsor, der keiner sein mag

(iz) Kunstliebhaber ist er allemal: er leistet sich zunächst ein Kunstwerk, was immer man darunter verstehen mag, von Hartmut Wiesner und findet dann das nötige Ambiente drum rum, sprich ein attraktives Gebäude seiner Heimatstadt, deren Väter und Mütter für sowas zumindest finanziell nichts übrig haben.

gw096_scalaGeld, sagt er, hätte er gar nicht soviel wie man vermutet, sondern in erster Linie Ideen, und deshalb sucht er sich jeweils Teilhaber unterschiedlicher Zusammensetzung. Folgt man seinen Ausführungen, das Styling der Räumlichkeiten sei jeweils Zufallsprodukt der Bekanntschaft zu bestimmten Künstlern oder Handwerkern – im Falle der V2A-Kneipe an der KW-Brücke war es ein begabter Schweißer – so könnte man hier auf den Schortenser Pädagogen und Maler Heinz Sauermann schließen: eine Woge von Blau erschlägt Besucher beim Betreten der ehemaligen Gewerbeschule in der Rheinstraße, die Bolko Seifert, hauptamtlich Advokat, nach dem Erwerb dank höchstpersönlicher Bauaufsicht in nur 2 Monaten soweit herrichtete, dass das JUNGE THEATER der Landesbühne die – endlich – eigenen Räume am vorvergangenen Wochenende spielerisch einweihen konnte.
Über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten – hier dominiert Seiferts Ego -, über historisches Bewusstsein scheinbar doch: der anfangs lancierte Name der Einheit von Theaterraum, Kneipe und geplanten 30 Wohneinheiten, „Roonzentrum“ der sich zu Seiferts Leidwesen in manches Hirn nahezu unauslöschlich eingefräst hat, wurde, auf Hinweis politisch sensibler Zeitgenossen, gegen das neutrale „Theaterforum“ ausgetauscht. Weitere, historisch positiver belegte Varianten wie „Janßen-Hof“ (aber welcher Janßen denn nun ?), bleiben wohl Wunschvorstellung unmaßgeblicher Dritter.
Das dreitägige Einweihungsspektakel stand unter einem Stern, den Peter Kelting vom JUNGEN THEATER zutreffend mit „beweisen was man könnte, wenn man hätte“ betitelte. Womit er wohl auch anderen, von der öffentlichen Hand grob vernachlässigten kulturellen Institutionen der Stadt aus dem Herzen spricht.
Aus eigener Kraft und mit Improvisation wird etwas auf die Beine gestellt, was das marinezentrische Flair der Stadt in etwas milderem Licht erscheinen läßt.
Und der Erfolg gibt Kelting recht: Laut einer Meldung der WZ verdoppelte sich der von der Stadt avisierte Haushaltstitel nach der Veranstaltung auf 20.000 DM. Fehlen nur noch die restlichen 180.000 DM zum geschätzten Investitionsbedarf. Landesmittel sind angekündigt aber nicht fest zugesagt.
Auch die Bauordnung wurde nicht von Kulturpäpsten gemacht: sie begrenzt die Anzahl der Zuschauer auf 99, sofern nicht weitere, kostenintensive bauliche Einrichtungen vorgenommen werden. Der Konflikt zwischen Kostendeckung und in Hinblick auf die Zielgruppen (Kinder und Alte) soziale Preisgestaltung ist absehbar.
Freilich, Seifert stellt die Räumlichkeiten auf drei Jahre mietfrei zur Verfügung. Die durch Investitionen der Nutznießer vorgenommene Wertsteigerung kommt letztlich ihm zugute. Die spätere Gestaltung des Mietzinses – nach privaten, gewerblichen oder gemeinnützigen Gesichtspunkten – steht offen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der Sponsoren Herz am rechten Fleck schlägt.

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