JadeWeserPort
Okt 012001
 

Fetisch Tiefwasserhafen

Welche Probleme hat Hamburg mit dem JadeWeserPort?

(jm) Bekanntlich reitet die hiesige Hafenlobby völlig unbeeindruckt von den Fakten auf Containerschiffen herum, die angeblich wegen ihres Tiefgangs einen deutschen Tiefwasserhafen brauchen – nämlich Wilhelmshaven.

So auch der Chef der neu gegründeten JadeWeserPort-Entwicklungsgesellschaft Curt Wülfers: Der Containerhafen mit 18 m Wassertiefe werde dringend benötigt und deshalb müsse weiterhin mit Hochruck an den vorbereitenden Planungen gearbeitet werden. (WZ, 27.09.01)
Zu o.a. Wassertiefe ist anzumerken, dass in der Planung der Zufahrt zum Terminal des JadeWeserPorts eine Wassertiefe von lediglich 16 m unter Seekartenull vorgesehen ist. Dieses Maß wurde in der diesjährigen Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift HANSA wiederholt. Die Verfasser sind Andreas Kahlfeld und Günter Baak von der IBP Ingenieur-GmbH. Diese Firma hat als Mitglied des ‚Projektkonsortiums JadePort‘ mit Schwerpunkt Hafenbau maßgeblich an der Machbarkeitsstudie mitgearbeitet.
Und 16 m reichen für die Zukunft auch dicke aus. Denn viele Fachleute gehen davon aus, dass die Reeder auch für zukünftig größere Schiffe nicht weltweit auf lediglich 15 Häfen angewiesen sein wollen, sondern ihre Auswahl unter einer möglichst großen Anzahl von Anlaufhäfen treffen möchten.
Der Vorstandsvorsitzende der deutschen Klassifizierungsgesellschaft „Germanischer Lloyd“, Hans G. Payer, erklärt dazu in der Deutschen Schiffahrts-Zeitung vom 9.5.01: Schiffe über 10.000 TEU seien vorerst nicht in Sicht, weil für sie grundlegende Änderungen – größere Propeller, zwei Maschinen, größere Wassertiefen in den Häfen etc. – nötig seien.
Zu den von der Reederei Maersk-SeaLand ins Gespräch gebrachten Vision eines 15.000 TEU Schiffes meint Payer bezüglich der Schiffsmaße, dass diese mit einer Länge von 400 m, 69 m Breite und einem Tiefgang von 14,0 m gebaut werden könnten…
Ungeachtet der Realisierungschancen hat die norwegische Klassifizierungsgesellschaft „Norske Veritas“ einen Mega-Carrier mit 12.500 TEU Stellplatzkapazität entworfen. Dieser soll bei einer Breite von 54,2 m nur einen Maximaltiefgang von lediglich 14,50 m erreichen. (Schiff&Hafen August 2001)
Zum Vergleich: Die derzeit größten in Fahrt befindlichen Containerschiffe der Welt von der Reederei „Maersk-SeaLand“ tragen 7.200 TEU und kommen auch schon auf einen Maximaltiefgang von 14,50 m. Einige davon laufen regelmäßig Bremerhaven an.
Auch der Präses der Hamburger Handelskammer, Nikolaus W. Schües, zugleich Geschäftsführer der Reederei Laeiz, vertrat auf einem internationalen Linienschiffsymposium die Ansicht: Der Trend zu größeren Schiffen wird bei einem Tiefgang 14,5 m Halt machen.
Dazu der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft (HHLA) Peter Dietrich: Vor dem Hintergrund der neuen und künftig in Fahrt kommenden Großcontainerschiffe kommen die beiden wichtigsten deutschen Universalhäfen Hamburg und Bremerhaven um eine weitere Vertiefung nicht umhin. (Deutsche Seeschiffahrt August 2001)
Des weiteren erinnert Dietrich daran, dass die Regierungschefs von Bremen, Hamburg und Niedersachsen mit der politischen Einigung auf Wilhelmshaven als Standort für einen künftigen deutschen Tiefwasserhafen die Bedingung verknüpft hätten, dass Elbe und Weser weiter vertieft werden. Und um zu unterstreichen, dass Hamburg alles tun wird, einen Tiefwasserhafen allenfalls neben sich, keinesfalls aber über sich zu dulden, gibt er auch das Richtmaß für zukünftige Elbvertiefungen an: Auch 20.000 TEU Schiffe müssen nicht tiefer gehen als 14,80 m.
Das entspräche einer Vertiefung der Elbe auf 16 m – also der gleichen Tiefe, wie sie in der Zufahrt zum JadeWeserPort vorgesehen ist.
Regelmäßige Gegenwindleser wissen es:
Die großen Containerschiffe erreichen solche Tiefgänge bei der Ankunft in deutschen Häfen so gut wie nie! Sie laufen diese in der Regel nur teilbeladen an, um die Restladung zu löschen, nachdem sie zuvor schon z.B. Felixstowe und Rotterdam angelaufen sind. Sie nehmen im deutschen Hafen auch nur eine Teilladung wieder auf und werden dann vor der großen Überseereise in den Westhäfen wieder voll beladen.
Nun wird den Hamburgern ob ihrer Haltung purer Egoismus vorgeworfen. Und bar jeder Ratio geht es in der WZ zu, wenn sie von einigen Polit-Klatschbasen als Plattform für ihren kleinkarierten Parteienhickhack benutzt wird.
Wie jedoch den Äußerungen mehrerer Hamburger Wirtschaftführer zu entnehmen ist, geht es um mehr als parteipolitische Profilneurosen:
Hamburg ist ein regionales Kraftzentrum, welches den Hafen nicht nur als Containerschleuse, sondern auch für die regionale Wirtschaft braucht. Diese Wirtschaft will ihre Exportgüter weiterhin auf kürzestem Wege – also im eigenen Hafen – abliefern bzw. Importe dort abholen können. Die Hamburger Wirtschaftsregion soll dem Vernehmen nach mit einem Loco-Aufkommen bzw. einem Ladungsanteil von 20 – 30% am Hafenumschlag beteiligt sein.
Würden sie über Wilhelmshaven umgeschlagen, müssten zusätzliche Glieder in die Transportkette eingefügt werden. Dies würde die Transportkosten vergrößern und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit des Großraumes Hamburg schwächen. Um der Hamburger Wirtschaft diesen Wettbewerbsvorteil zu erhalten, ist sie auch auf Durchfracht ins Binnenland, nach Skandinavien und ins Baltikum angewiesen. Denn Containerschiffe nur mit Hamburger Ladung die Elbe hoch zu schicken, lohnt sich für die Reeder nicht.
Es gibt eben ganz rationale Gründe für die Abwehrhaltung der maßgeblichen Kreise in der Hamburger Wirtschaft, an denen weder ein CDU- noch ein SPD-dominierter Senat vorbeikommt…
Aus Umweltschutzsicht wäre es natürlich wünschenswert, einen Vergleich darüber anzustellen, was denn nun ökologisch sinnvoller wäre, einen Tiefwasser Terminal an der Jade zu bauen und im Gegenzug auf weitere Vertiefungen der Elbe und Weser zu verzichten. Oder umgekehrt den Terminal an der Jade nicht zu bauen und statt dessen die Fahrwasser von Weser und Elbe an die Schiffsgrößenentwicklung anzupassen.
Doch das sind blauäugige Gedankenspielereien. Denn weder Hamburg noch Wilhelmshaven werden zu Gunsten des Natur- und Umweltschutzes auf die von ihnen erhobenen Ansprüche verzichten. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass es zukünftig entweder drei bzw. mindestens zwei Tiefwasser Container Terminals an der deutschen Nordseeküste geben wird oder gar keinen.
Letzteres wäre doch auch ganz schön – zumal zur Zeit ja kein entsprechender Bedarf erkennbar ist.

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