JadeWeserPort 4
Nov 212000
 

Stichproben

Platz wäre ja vorhanden – aber wird ein JadeWeserPort überhaupt gebraucht?

(jm) Die Bedarfsanalyse für einen Tiefwasserhafen von Planco Consult und die Vergleichsstudie Cuxhaven/Wilhelmshaven von der Gutachterfirma Roland Berger liegen noch nicht öffentlich vor. Nach Auswertung diesbezüglicher Zeitungsmeldungen zu urteilen, wird von den Gutachtern weder die Notwendigkeit eines deutschen Tiefwasserhafens erhärtet noch der mittelfristige Bedarf zusätzlicher Container-Stellplätze bzw. Schiffsliegeplätze nachgewiesen. Es lohnt sich jedoch, einige Plausibilitätstests durchzuführen…

Schiffstiefgänge

Nach den Worten von Planco-Geschäftsführer Georg Dietrich Janssen muss in spätestens 10 Jahren mit riesigen Schiffen gerechnet werden, die 12.000 Container der 20-Fuß-Klasse tragen können, rund 400 m lang und 54 m breit sind und einen Tiefgang von mindestens 15,50 m haben (HAZ, 21.10.00).
Natürlich kann man so ein Schiff bauen, das diesen Tiefgang, voll beladen bis Unterkante Brückenfenster, erreicht. Es könnte aber nicht durch den Suezkanal fahren und in der Nordrange nur noch Rotterdam anlaufen. Ein kaum hinnehmbares Risiko für den Reeder.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird der Reeder, wenn es sich lohnt, ein 12.000 TEU Schiff bauen lassen. Doch dieses Schiff würde 10 Meter länger und 4 Meter breiter als die jetzigen Schiffe sein. Dadurch würde der Tiefgang bei voll beladenem Schiff auf 14 m reduziert und es könnte unter voller Ausschöpfung der Breiten- und Tiefgangsbeschränkungen den Suezkanal passieren.
Zwar kommt ein Schiff mit 14 m Tiefgang nur noch mit der Tidewelle nach Bremerhaven oder Hamburg hoch – aber das spielt insofern keine Rolle, als die Schiffe sowieso nur noch teilbeladen die Deutsche Bucht befahren. So haben die zur Zeit größten Containerschiffe der Welt einen Maximaltiefgang von 14,50 m. Und die haben Bremerhaven in ihren Fahrplänen, obwohl die Außenweser tideunabhängig nur bis zu einem Tiefgang von 12,80 m befahren werden kann. Ein Teil dieser Schiffe läuft sogar noch Göteborg an, wo nur eine Wassertiefe von 12 m vorhanden ist. So wird die Abhängigkeit von Rotterdam, dem zur Zeit einzigen Tiefwasser-Containerhafen in der Nordrange, vermieden.
Und das sollte auch möglichst so bleiben, denn auch die Jadefahrrinne ist für solche Schiffsdimensionen nicht ausgelegt. Über den Milliardenbetrag für die Aufspülung des Terminals, der Ausbaggerung der Terminalzufahrt usw. hinaus müsste die Rinne ja erst mal so an diese Mega-Carrier angepasst werden, dass die hier jederzeit sicher fahren können. Das würde noch mal einige hundert Millionen kosten!
Möglicherweise kommt es aber auch gar nicht zu dieser Schiffsgrößenentwicklung. Denn schon warnt das Institut für Weltwirtschaft Kiel: Eine zunehmende Divergenz zwischen technischen Möglichkeiten und ökonomischen Ergebnissen zeichnet sich ab. Statt partieller Sicht nur der Seetransportkette ist daher eine umfassende Sicht der gesamten Transportkette dringend geboten (Weltseeverkehr: Mit Zuversicht in das neue Jahrtausend, Juli 2000).

Flächen

Den Zuschlag würden die Berater Wilhelmshaven geben, weil es dort größere Erweiterungsmöglichkeiten gibt (TAZ, 21.10.00).
Fraglos kann man in Wilhelmshaven durch Aufspülung von ca. 200 Millionen m³ Sand zwischen Hooksiel und der 4.Einfahrt 1.300 ha neue Flächen schaffen. Das reicht dann wohl für die nächsten 50, 60 oder 100 Jahre.
Aber sollten wir nicht zunächst die Frage stellen, wie viel Fläche in den nächsten zehn Jahren überhaupt gebraucht wird?! Ungeachtet eines JadeWeserPorts besteht die Absicht, Bremerhaven weiter auszubauen, und Hamburg ist schon dabei. Beide Häfen sorgen also für die nächsten zehn bis 15 Jahre vor. Und auch danach gibt es streng genommen keine Probleme, man muss die Container lediglich höher stapeln. Durch den Bau von Schubfächern könnte man doppelt oder gar dreifach höher stapeln als bisher. Nur weil Boden in Hülle und Fülle und zudem spottbillig von der öffentlichen Hand zu bekommen ist, lohnt es sich nicht, Platz zu sparen.
Vielleicht führt die Vereinigung der Küstenländer zur Deutschen Bucht AG, zu der Erkenntnis, dass man sich die milliardenteuren Aufspülungen in Wilhelmshaven sparen könnte, wenn man statt dessen die Hafenbetreiber durch Beihilfen zum Bau solcher Containerschubfächer anregen könnte…

Schiffsliegeplätze

Bei Schaffung von maximal 10 möglichen Liegeplätzen für 400 m Schiffe soll Cuxhaven zwischen den Jahren 2022 und 28 seine Kapazitätsgrenzen erreicht haben. (TAZ, 21.10.)
Wilhelmshaven könne, so das Gutachten, bis zu 24 derartige Liegeplätze zur Verfügung stellen. Dafür bräuchte man unter Hinzurechnung von gewissen Sicherheitsabständen zwischen den Schiffen am Kai ca. 10,5 km Kajenlänge. Wo die hingebaut werden sollen, ist allerdings rätselhaft, denn vor dem Stadtgebiet von Wilhelmshaven stehen nach Abzug der Umschlagbrücken lediglich 7 km zur Verfügung. Hat man etwa das Watt zwischen Schillig und Hooksiel schon mit verplant?
Der zukünftige Liegeplatzbedarf ist für Außenstehende ohne statistische Unterlagen schwierig einzuschätzen. Aber man sollte sich auch nicht durch die gegenwärtigen Steigerungsraten beim Containerumschlag ver- rückt machen lassen. So bedeutet eine Verdoppelung des Containerumschlags noch lange keinen doppelten Liegeplatzbedarf.
Im Moment geht die Schiffsgrößenentwicklung vom 300 m langen Panamax-Schiff, das 4.800 TEU transportieren kann, zum propagierten 400 m langen Suezmax-Schiff, welches mal 12.000 TEU transportieren soll. Das bedeutet: Man braucht nur 25% zusätzliche Liegeplatzkapazität zu bauen, um die 2,5fache Menge an TEU umschlagen zu können. Und das bei nur geringer Verlängerung der Hafenliegezeit, denn die Umschlaggeschwindigkeit soll im gleichen Zeitraum ver- doppelt werden. Ob das Bremerhaven und Hamburg nicht für eine längere Zeit alleine bzw. ohne einen deutschen Tiefwasserhafen wuppen könnten?

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