JadeWeserPort
Sep 012003
 

Was läuft da noch?

Acht Wochen ist es her, dass der letzte Gegenwind erschien. Ist in dieser Zeit überhaupt etwas passiert? Wir baten das Mitglied der BI gegen den JadeWeserPort, Joachim Tjaden, der bekanntlich ja auch für die WALLI im Rat der Stadt sitzt, für den Gegenwind einen Überblick über die Entwicklung des JWP zu verfassen. Hier sein Überblick:

Auch aus der gegenwindlosen Zeit, die heute endlich ein Ende hat, gibt es vieles zu berichten. Sicher nicht vollständig, aber hoffentlich umfangreich genug: Der JWP im Zeitraffer.

  • Es gibt ein Strukturkonzept der Stadt Wilhelmshaven
  • Der Bund will nicht mitmachen?!
  • Das Land hat Geld für den JWP?!
  • Die Schleuseninsel soll planiert werden!!!
  • Informationsoffensive der Stadt
Strukturkonzept

Schon im letzten Jahr stellte die Walli eine Anfrage und wollte wissen, wie weit die Planungen für Straßen und Schienen im Stadtnorden gediehen sind. Vollmundig verkündete Stadtbaurat Kottek, dass alle Ratsvertreter bis spätestens Ende 2002 die Unterlagen im Ratsfach hätten. Als auch Anfang 2003 noch nichts im Ratsfach war, folgte ein Schreiben an den OB. Bis heute keine Antwort. Im Mai erneute Anfrage im Rat.
Herr Kottek beantwortete die Frage dahingehend, dass die Vertreter des Rates im Bauausschuss laufend über den Sachstand informiert und in die Terminplanungen mit einbezogen worden seien. Leider gibt es in den Protokollen keine Hinweise darauf.
Am 21.05. beschloss der Rat die Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 76 – Geniusdeich. Zu diesem Thema gab es eine Bürgeranhörung im technischen Rathaus. Leider hatte der Mitarbeiter ein Informationsverbot aus dem Rathaus erhalten. Mit einem Ratsvertreter durfte er gar nicht reden, dem Bürger, und ein Ratsvertreter ist auch dies, durfte er lediglich mitteilen, dass die Aufhebung einer städtebaulichen Fehlentwicklung entgegenwirken solle. Mit diesem Verhalten haben wir schon heute ca. 200 Dauercamper vertrieben.
Erfreut zeigte sich das Stadtplanungsamt darüber, dass nun die Erlaubnis vorliegt, die Ratsvertreter am 3.Juli 2003 über das Strukturkonzept zu informieren. In der gemeinsamen Sitzung mehrerer Ausschüsse lag dann auch eine Beschlussvorlage auf den Tischen. Unterlagen gab es keine. Angeblich, weil diese noch nicht fertig waren. Wieder eine der „Lügen“. Unschwer konnte man während des Vortrages auf einer der Zeichnungen das Datum 12. Februar 2003 lesen. Aber auch das störte die Ratsvertreter nicht.
In seinem Vortrag erschloss das Stadtplanungsamt dann den Voslapper Groden, und zu allem Überfluss auch noch den Teil der neuen Hafenfläche, welche nicht einmal aufgespült wird. Aber dazu später mehr.
Die 21 Ratsvertreter hatten nach dem Vortrag alles begriffen, auch ohne Unterlagen. Schon seltsam, brauchen die Mitglieder ansonsten schon für eine Straßenbenennung eine Zeichnung, um abstimmen zu können. Die WALLI präsentierte einen Fragenkatalog, der die Stadtplaner dann auch sichtlich überforderte. Die übrigen Ratsvertreter verstanden nicht einmal, worum es ging. Nun hatte die WALLI den Vorteil, die Planungen schon seit Monaten zu kennen. Wissen ist Macht! Nichts wissen, macht nichts, sagt man. Für den Rat trifft das auch wohl zu.
Am Ende des Jahres soll nun das fertige Strukturkonzept beraten werden. Beschlossen wurde in der Sitzung und der anschließenden Ratssitzung schon einmal, dass der Rat der Stadt keine wesentlichen Einwände gegen den Bau des JWP vorbringen wird. Damit ist der Rat dann auch gleich entmündigt worden. Hinzu kommt, dass die Ratsvertreter für weitere Beschlüsse JWP lediglich die Unterlagen erhalten sollen, welche sie unbedingt benötigen. Zensur? Um die Entscheidungen auch sicher in die richtigen Bahnen lenken zu können? Und wer da wohl festlegt, was der Ratsvertreter wissen muss/darf ?
Im Rat war die Stimmung zur Vorlage nicht ganz so gut. Dass die WALLI dagegen stimmen musste, war klar, sie lässt sich nicht entmündigen. Das reine Strukturkonzept hätte auch die WALLI mitgetragen. Aber auch die FDP hat sich hier wenigstens der Stimme enthalten.

Strukturkonzept – Was wird geplant?

Voslapp soll eine Ortsumgehung bekommen, und das ist auch gut, wenn man sich einmal den heutigen Verkehr auf der Flutstraße ansieht. Dazu soll die Osttangente bis zur Raffineriestraße verlängert werden. Die Trasse würde auf dem Voslapper Groden hinter der Deponie verlaufen. Dadurch kann der Voslapper Groden erschlossen werden, so das Stadtplanungsamt. In diesem Punkt soll dann wohl wieder mit verdeckten Karten gespielt werden, denn im weiteren Verlauf des Vortrages wurden alle Erschließungsstraßen für den Voslapper Groden von der Straße am Tiefen Fahrwasser aus geführt.
Neben der Trasse für die Straße wird ein Streifen frei gehalten, auf welchem dann das Nordgleis verlaufen könnte. Ein Nordgleis, welches jedoch aus allen Überlegungen der Bahnplaner gestrichen wurde. Die alte Bahnlinie bleibt vorerst unverändert erhalten.
Die Raffineriestraße soll zwischen Deich und Utters nach Norden verlegt werden, um nördlich Utters auf die Utterser Landstraße zu kommen.
Wie schon eingangs erwähnt, gab es auf die vielen Fragen keine Antworten. Wohl um die Bevölkerung ruhig zu halten. Was würden wohl die Anwohner der Ebbestraße sagen, wenn schon heute bekannt würde, dass die Verlängerung der Osttangente auf Deichkronenhöhe verlaufen muss? LKW rauschen dann in 8m Höhe an den Siedlungen vorbei, Abstand 50 m.
Auf dem neuen Hafengelände soll am südlichsten Punkt noch eine Aussichtsplattform für Hafentouristen erstellt werden. Von hier aus wird der Besucher dann die vielen tausend Arbeitskräfte beobachten können. Für die Errichtung des Aussichtsturmes gibt es sogar schon eine Gesellschaft – Wilhelmshavener Messe und Marketing GmbH / Art Jade Trigon.

Der Bund will nicht mitmachen!?

Der Bund will sich nicht am JadeWeserPort beteiligen, so las man in der Wilhelmshavener Zeitung. Es geht dabei um 89 Mio. Euro, die der Bund zugesagt haben soll und welche die SPD-Landesregierung auch mit dieser Anmerkung in den Haushalt gestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt haben Sigmar Gabriel und Wilfried Adam wohl schon gewusst, dass es zu einem Wechsel in der Landesregierung kommen wird. Ohne dieses Wissen hätten sie diese Summe sicherlich nicht eingestellt. Schon lange ist bekannt, dass der Bund dieses Geld nicht geben kann und wird. Vorgesehen waren die 89 Mio. Euro für die Verschwenkung der Fahrrinne vor dem Terminal des JWP.
Hierzu schrieb das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen schon am 18.Okt. 2001: Es ist richtig, dass der Bund für den Bau und die Unterhaltung der dem allgemeinen Verkehr dienenden Bundeswasserstraßen zuständig ist, nicht aber für die Zufahrten zu den Umschlagsanlagen. Bei den Seewasserstraßen, zu denen die Jade zählt, beschränkt sich die Zuständigkeit gem. §8 Abs. 5 WaStrG auf die vom Bund gekennzeichneten Schifffahrtswege. Der Stromhafen Jade-Weser-Port und seine Zufahrten fallen nicht hierunter. Insoweit hat das Land Niedersachsen im Rahmen seiner Planungs- und Finanzierungs­verantwortung für den Tiefwasserhafen auch die Kosten der Zufahrt zu tragen.
Diese Schreiben kannten Gabriel und seine JWP-Mannen.

Das Land hat Geld für den JWP?!

Jetzt springt das Land ein, liest man. 13 Mio. für den JWP. Auch das ist so nicht richtig.
Die Landesgelder sind kein Ersatz für den Fehlbetrag von 89 Mio. Euro, sondern lediglich eingestellt, um die laufenden Verpflichtungen, welche sich aus den vielen unsinnigen Verträgen der SPD-Vorgänger ergeben, bezahlen zu können, z.B. muss die Realisierungsgesellschaft, welche noch immer nicht arbeitet, mit finanziellen Mitteln bestückt werden. Hierfür geht ein Großteil dieser Summe drauf. Auch die Realisierungsgesellschaft ist eines der Kuckuckseier der SPD, schnell noch kurz vor der Abwahl gegründet, verursacht sie diese Kosten, ohne einen Sinn zu machen. Der Rest fließt in Vorarbeiten zum JWP. Auch das ist bekannt und hätte in der hiesigen Presse durchaus richtig dargestellt werden können.

Das Neue JWP-Terminal

Wie wurde uns der JWP schmackhaft gemacht! Tausende von Arbeitsplätzen im terminalnahen Bereich. Direkt hinter den Containerstapeln sollten diese auf der Hafenfläche des JWP entstehen. Das dies schon damals eine Lüge war, wissen wir alle.
Jetzt liegen die neuen Pläne für den JWP vor. Datum 18.Juni 2003. Befestigt wird danach lediglich der vordere Bereich des JWP, also der Bereich, auf welchem sich die Container und die Krananlagen befinden sollen. Der anschließende Bereich wird nicht aufgespült und auch nicht befestigt. Tausende von Mitarbeitern stehen mit ihren hochtechnisierten Computern bis zum Hals im Schlick? Nein! Es ist nicht vorgesehen, hier überhaupt jemanden arbeiten zu lassen. Erklärungsnöte haben die Befürworter aber immer noch nicht, fehlen doch die BürgerInnen dieser Stadt, die diesem Treiben ein Ende setzen.
Politischer Erklärungsversuch: „Dann wird die Fläche eben etwas später befestigt.“
Aber auch das ist eine Lüge. Die Fläche des JWP, und das ist der überwiegende Teil der Gesamtfläche, liegt lediglich auf 3m üSKN1 und erhält ein eigenes Entwässerungssystem. Damit hier nicht ein Badesee entsteht, sorgen Pumpenanlagen, Abflusssysteme und Auffangbecken, welche Millionen kosten, für die nötige Entwässerung, und das nicht nur für einige Monate, sondern auf Dauer. Es bleibt also in Wilhelmshaven bei 68 Arbeitern für den Umschlag! Wach geworden, liebe Bürgerin, lieber Bürger?

Die Schleuseninsel soll planiert werden!!!

Nun schlagen wir dem Fass noch den Boden aus. Die Schleuseninsel wird zu einem Drittel für hafennahe Betriebe des JWP planiert. Kein Witz! Wir vertreiben im ersten Anlauf schon mal die Kleingärtner von 9 Parzellen.
Es gibt angeblich Firmen, welche sich erst dann für diesen Standort entscheiden wollen, wenn die Flächen planiert sind. Wieder werden „Geheim-Firmen“ als Grund für unsinnige Maßnahmen vorgeschoben. Das machte sich schon bei den privaten Investoren für den JWP gut, welche ja Schlange gestanden haben und nur nicht genannt werden durften. Heute ist das Geheimnis gelüftet. Es gab keine Schlange stehenden privaten Investoren. Und so ist es auch auf dem Gelände der Schleuseninsel.
Zu allem Übel erstellt die Stadt schon einmal ein Hafentorbrückengutachten und zahlt dieses mit Geldern, die die Stadt nicht hat. Und wir werden auch noch diese Brücke ins Nichts bauen.

Informationsoffensive der Stadt

Im März 2003 stellte die WALLI den Antrag auf „Ausrichtung einer Informationsveranstaltung über das Planfeststellungsverfahren JadeWeserPort“.
Dieser Antrag wurde mit 38 Gegen- und einer Ja-Stimme (WALLI) abgelehnt. Eberhard Menzel und Norbert Schmidt waren unter den Stimmberechtigten.
Nun verkündet der OB seit einem Monat, dass er eine Informationsoffensive in Sachen JWP starten wird. Norbert Schmidt bläst ins gleiche Horn.
Hat sich da ein Sinneswandel vollzogen, oder wurde der Antrag, welcher genau diese Informationsoffensive forderte, abgelehnt, weil er von „dem Tjaden“ kam?
Nun will sich OB Menzel, so in seiner Rede im Voslapper Festzelt, nicht mit den Bürgern darüber unterhalten, ob dieser Hafen von den BürgerInnen gewollt wird oder überhaupt einen Sinn macht, sondern nur darüber, wie er gebaut wird.
Was der OB nicht weiß, ist:

  • die BürgerInnen dieser Stadt werden es sich nicht gefallen lassen und trotzdem nach dem Sinn fragen;
  • die Landesregierung wird spätestens in zwei Jahren einen Rückzieher machen und diesen mit fehlenden privaten Investoren, mit fehlender Wirtschaftlichkeit und der veränderten Marktlage begründen.

Bis dahin sind jedoch wichtige Jahre für Wilhelmshaven vergangen. Seit 1999 gibt es nur noch den JWP. Alle anderen Möglichkeiten werden mit der Begründung, wir bekommen ja den JWP mit vielen tausend Arbeitsplätzen, nicht bearbeitet.
Bis der JWP-Stern jedoch im Jadefahrwasser verglüht ist, werden in Wilhelmshaven Hunderte von Arbeitsplätzen ohne Gegenwehr vernichtet sein.
Kommt dann, mit vielleicht 60.000 Einwohnern, endlich ein Neuanfang?
Kommt der Aufbruch Wilhelmshavens in Richtung des tatsächlich Möglichen?
Wir werden sehn.

Joachim Tjaden

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