JadeWeserPort 3
Okt 072004
 

Eigentorfestival

(von Manfred Berger, Bürgerinitiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“)

Mit dem Erörterungstermin vom 6. bis 17. September wollten die JadeWeserPort-Planer einen weiteren Schritt in Richtung Hafenbau machen; bedingt durch die Qualität der Antragsunterlagen und die Präsentation während des Erörterungstermins haben sich die Planer selber um drei Schritte zurückgeworfen.

Mehr als 2.700 Einwender haben mit ihren schriftlichen Einwendungen auf Schwachpunkte und Fehler der Antragsunterlagen zum JadeWeserPort hingewiesen. In einem Sitzungsmarathon von 8 Tagen wurden circa 70 Stunden lang Informationen und Meinungen ausgetauscht; unterschiedliche Positionen wurden diskutiert oder nur zu Kenntnis genommen.
Drei Diskussionsleiter der Wasser- und Schifffahrtsdirektion aus Aurich und ca. 30 Gutachter, Fachleute und Rechtsanwälte der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft saßen bis zu 250 Einwendern gegenüber.
Die Anwesenheit von Wilhelmshavener Ratsvertretern ließ sich mit der Eieruhr messen. Lediglich drei Ratsvertreter haben für kurze Zeit die kontroversen Diskussionen stumm verfolgt. Einzige Ausnahme war Ratsherr Joachim Tjaden (WALLI), der an allen Verhandlungstagen anwesend war. Er hat durch seine präzisen und fundierten Beitrage den Erörterungstermin wesentlich mitgestaltet.
Die Frage der Wirtschaftlichkeit eines zusätzlichen Containerhafens an der Deutschen Nordseeküste wurde kontrovers diskutiert. Diese Frage ist aber nicht Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens und wird somit von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest nicht bewertet. Aber gerade die Wirtschaftlichkeit und damit die Planrechtfertigung für den JWP ist nicht nachgewiesen.
Ich halte es für zwingend erforderlich, dass die Planfeststellungsbehörde den volkswirtschaftlichen Nutzen, die Notwendigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit dieses Hafens prüft, bevor sie den Antrag auf Planfeststellung zulässt. In der derzeitigen Finanzsituation des Landes Niedersachsen grenzt es an sträflichem Leichtsinn, dem Steuerzahler ein 600 Mio. Euro Projekt ohne erkennbare Gegenleistung zuzumuten.
Die vorgelegten Antragsunterlagen haben zwar einen Umfang von 12 Aktenordnern, sind aber dennoch nicht vollständig. Weit über 1.000 weitere Unterlagen werden in diesem Antrag hinzugezogen. Aber gerade diese Unterlagen stehen nur zum Teil der Öffentlichkeit zur Verfügung. Eine vollständige Bewertung des Projektes ist damit nicht möglich.
Wesentliche Auswirkungen dieses Projektes wurden nicht oder nur unzureichend und einseitig untersucht. So ist der gesamte Bereich der Umweltmedizin nicht berücksichtigt worden. Krankheiten, die durch zusätzliche Lärm- oder Stressfaktoren hervorgerufen oder verstärkt werden, stellen aber einen extremen volkswirtschaftlichen Schaden dar.
Der „Unterhaltungswert“ dieses Erörterungstermins stieg bei dem Gutachterstreit zwischen der Bundesanstalt für Wasserbau aus Hamburg und Prof. Dr.-Ing. Ulrich Zanke von der TU Darmstadt deutlich an. Unterschiedliche Auffassungen über kurzfristige Vorhersagen oder langfristige Prognosen bei der morphologischen Veränderung des Jade-Weser-Ästuars machten deutlich, dass die WSD in Betracht ziehen muss, das ein vollständiger Umbau des hydromorphologischen Systems zum Nachteil des Nationalparks „Niedersächsischen Wattenmeer“ möglich ist. Die Bundesanstalt für Wasserbau glaubt, das sich im Bereich der Jade nur geringfügige Änderungen ergeben werden. Prof. Zanke ist davon überzeugt, das tiefgreifende Veränderungen bis in die Weser hinein zu erwarten sind.
Es wird zwar ein Hafen geplant, und damit liegt es nahe, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) mit der Betreuung dieses Verfahrens zu beauftragen. Der Erörterungstermin hat deutlich gemacht, das der Containerhafen nur den Endpunkt der Planungen markiert. Die überwiegende Anzahl der entstehenden Probleme befindet sich auf der Landseite. Diese Probleme sind aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Ein großflächiges Raumordnungsverfahren unter der Aufsicht der Bezirksregierung kann die Vielzahl der Probleme besser analysieren und bündeln.
Grobe Verfahrensfehler wurden bereits im Vorfeld dieser Verhandlung begangen. Gemeinden, die durch die zusätzlichen landseitigen Güterverkehre besonders belastet werden, wurden aus diesem Verfahren ausgeschlossen. Damit wird die Betroffenheit dieser Bürger in diesem Verfahren nicht bewertet.
Eines der Hauptthemen waren die Verkehrsanbindungen. Besonders die Bahnstrecke aus dem geplanten JWP über Sanderbusch, Varel, Rastede und Oldenburg war ein Stein des Anstoßes. Diese Strecke führt teilweise weniger als 10 Meter an Häusern vorbei. Dort sollen in Zukunft bis zu 36 Containerzüge mit einer Länge von ca. 700 m überwiegend in den Nachtstunden fahren. Die Bahn AG teilte in einem Schreiben mit: Kein Problem, die Strecke kann den zusätzlichen Güterverkehr mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h zusätzlich aufnehmen.
Aber jeder, der diese Strecke über den Ems-Jade-Kanal durch Sanderbusch kennt, weiß, dass diese Strecke völlig ungeeignet ist. Die Bürgerinitiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“ hat beantragt, diese Strecke durch eine unabhängige Gutachterkommission untersuchen zu lassen. Wenn dieses Gutachten bestätigt, dass diese Strecke ohne zusätzliche Baumaßnahmen keine Güterverkehre mehr aufnehmen kann, darf der JWP nicht gebaut werden.
Im Bereich der Straße wurden ähnliche Fehler begangen. Die Verkehrsströme, die in Richtung Autobahn fließen, wurden nicht vollständig erfasst und analysiert. So wurden die Straßentransporte des Müllentsorgungszentrums und des Schlachthofes nicht in die Verkehrsanalyse einbezogen. Diese Fehler haben zur Folge, dass die Autobahn nicht bis in den Hafen verlängert wird, sondern die einspurige Verbindung über die Marktkaufkreuzung bestehen bleibt.
Bei der Analyse der Verkehrslärme wurden die größten Fehler begangen. Es wurde nur ein Teil der Voslapper und Rüstersieler Firmen bei der Ermittlung des heutigen Grundlärmes berücksichtigt. Da der Zusatzlärm aus dem JWP in den östlichen Bereichen Voslapps sehr hoch sein wird, besteht die Gefahr, dass bei vollständiger Ermittlung der Grundbelastung der JWP nicht in Betrieb genommen werden darf.
Bei der Betrachtung des Gesamtlärms wurde lediglich der Lärm aus dem Containerhafen und dem Hafengroden ermittelt. Diese beiden Lärmquellen zusammen sind so stark, dass der Voslapper Groden nicht mit „Veredelungsbetrieben“ bebaut werden darf.

Damit zerplatzt schon wieder eine Seifenblase.

In der Aufteilung in unterschiedliche Plan- und Bauverfahren wird die Salamitaktik besonders deutlich: Erst einmal den Hafen bauen – alles andere muss dann folgerichtig auch durchgezogen werden. Jeder Teilnehmer an diesen Erörterungen sieht dieses Problem, beruft sich aber auf seine „Nichtzuständigkeit“.
Die Bürgerinitiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“ erkennt in dem Verfahren eine Vielzahl von Ansatzpunkten, um die Rechte der betroffenen Bürger durch deutsche und europäische Gerichte überprüfen zu lassen.
Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion hat während des Erörterungstermins eine offene Diskussion der Betroffenheiten gewährleistet.

www.antiport.de

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