Jadegate?
Jun 261996
 

Mit schwerem Geschütz ziehen die Grünen gegen die SPD ins Feld

(hk) Eine Äußerung von OB Menzel im letzten GEGENWIND brachte das Blut der beiden grünen Ratsmitglieder Marianne Fröhling und Gerd Kläne nochmals in Wallung. Der OB unterstellte Gerd Kläne, daß er versucht habe, aus den Anschuldigungen in der Süddeutschen Zeitung gegen ihn (Kontakte mit Leuten aus dem rechtsradikalen Spektrum) politisches Kapital zu schlagen. In einem Gespräch stellten die beiden Grünen ihre Sichtweise dar und orten ein kleines Watergate an der Jade.

Für Kläne ist klar, daß einige in der SPD den Ausschuß für besondere Angelegenheiten benutzten, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Kläne zum GEGENWIND: „Die SPD-Trögeler-Affäre verwandelte die SPD-Fraktion in einen aufgeschreckten Hühnerhaufen. Es mußte irgend etwas her, um die auseinanderstrebenden Leute und Gruppierungen in der Fraktion zusammenzuführen.“ Darum ersann man in der SPD eine Strategie, so Kläne weiter, um diejenigen, die der Partei durch ihre Aktivitäten zur Aufklärung der SPD-Trögler-Affäre Schaden zugefügt hatten, politisch unmöglich zu machen. „Schon früh warnten uns Leute aus der SPD, daß so etwas wie Rufmord, Verleumdung oder ähnliches geplant sein könne. Vermutlich ging es OB Menzel um seine Wiederwahl als Oberbürgermeister. Er wollte gern von allen Ortsvereinen einstimmig aufs Schild gehoben werden. Darum wahrscheinlich diese Inszenierung im Sonderausschuß. “ Nach Meinung Klänes war es ein großer Fehler, daß die Trögler-Affäre und die Veröffentlichung der Süddeutschen Zeitung in einem Ausschuß behandelt wurden, weil, so Kläne „es der SPD dadurch gelang, von den wirklichen Problemen abzulenken und mit Hilfe der Presse die Vorwürfe gegen OB Menzel in den Vordergrund zu spielen.“
Eine besondere Rolle in dieser Auseinandersetzung spielt ein Brief von Trögeler, in dem dieser behauptete, daß Fröhling und Kläne die Leute waren, die Handlögten die Informationen über Menzels angebliche Kontakte zu rechtsradikalen Immobilienhändlern gegeben hätten. In dem Trögeler-Brief wurden persönliche Informationen über die bei den verbreitet, Informationen, die nach Meinung von Fröhling und Kläne, nur direkt aus Wilhelmshavens SPD und Verwaltung stammen konnten.
Doch sie gehen noch weiter: „Dieses Schreiben ist hier in Wilhelmshaven von einigen Leuten der SPD verfaßt worden! Ziel dieser Kampagne war es, uns unglaubwürdig, unmöglich zu machen und als Informanten von Handlögten hinzustellen. Ziel war es aber auch, in der SPD einen Schulterschluß herzustellen und alle Kritiker in der Partei mundtot zu machen. Und dieses Ziel wurde ja auch erreicht. Erst dieser Brief, der mit einem Verteilerschlüssel an alle Ratsmitglieder -bis auf die Fraktion der Grünen -versandt wurde, hat den OB Menzel bewogen, am 25. November 1995 in der hiesigen Presse öffentlich die Frage zu stellen, ob wir, Fröhling und Kläne, die Informanten seien und kündigte an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diesen Sachverhalt aufzuklären. Erklärungen von Herrn Handlögten und auch eigene Erklärungen,
daß wir beide nicht Informanten sein können, wurden ignoriert und veranlassten uns dann, Selbstanzeige zu erstatten.“
Erreicht wurde nach Meinung der grünen Ratsmitglieder aber auch, daß der Zündstoff, der in dem SZ-Artikel enthalten war, ungehört verpuffte. Als Beispiel führt Marianne Fröhling das Gutachten über die Deponie-Altlast Kirchreihe an. In einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten war von hohen Schadstoffkonzentrationen und von gesundheitlichen Gefahren die Rede. Dieses Gutachten wurde vermutlich wegen seiner Brisanz unter Verschluß gehalten und erst aufgrund eines Beschlusses im Rat einigen Ratsmitgliedern zur Einsicht vorgelegt. Im Verlauf der Einsichtnahme stellte Frau Fröhling die Frage, warum noch ein zweites Gutachten erstellt werden müsse und die Begründung war, daß es nicht von einem Toxikologen, sondern nur von einem Geologen gemacht wurde. Diese Antwort konnte Frau Fröhling schon allein wegen des Titels des Zusatzgutachtens „Toxikologische Bewertung der Bodenbelastung durch Schwermetalle und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe – Projekt 1069 -“ nicht nachvollziehen und setzte sich daraufhin mit den Autoren des ersten Gutachtens in Verbindung. Von dort bekam sie zur Antwort, dass dieses Gutachten‘ selbstverständlich von einem Toxikologen erstellt wurde. Dieser Toxikologe habe gemeinsam mit dem Geologen einem Kreis der Stadtverwaltung, dem Gesundheitsamt sowie dem Staatlichen Amt für Wasser und Abfall Brake das Gutachten am 21. März 1994 in Wilhelmshaven vorgestellt.
Auch die Frage, warum ein Geologe das Gutachten unterschrieben hat, konnte sie aufklären: „Meine Gesprächspartner beim Contrast-Institut erklärten mir, daß am Tag nach der Vorstellung des Gutachtens eine Frau Goericke von der Stadt Wilhelmshaven die sofortige Zustellung des Gutachtens erbat. Der Einwand des Institutes, daß der Verfasser, der Toxikologe, in Urlaub sei und das Gutachten nicht unterschreiben könne, wurde mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Nachreichens der Unterschrift vom Tisch gewischt. So kam eben nur die Unterschrift eines Geologen unter das Gutachten. Ausreichend, um für viel zusätzliches Geld noch ein vermutlich verwaltungsfreundlicheres Gutachten erstellen zu lassen. Solche Sachen wurden im Untersuchungsausschuß nicht geklärt, weil die Strategie der SPD aufging.“
Die beiden Ratsmitgliederzollten der SPD ein dickes Lob, weil sie es verstand, den Untersuchungsausschuß „strategisch hervorragend“ für ihre Ziele zu nutzen, daraus Kapital zu schlagen. Gerd Kläne bezweifelt allerdings, daß dieses Kapital für die vor der Tür stehenden Kommunalwahl ausreicht.

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