Iken geht neue Wege
Jul 011997
 

Gehaltskürzung - und wer nicht einverstanden ist, fliegt raus

(noa) “Wir sind ein sozial orientiertes Wirtschaftsunternehmen,…” so beginnt der Text eines Stellenangebots der “iken Krankenpflegedienste GmbH”. Einige ehemalige Beschäftigte dieses Betriebes sehen das nicht so. Mindestens zwei von ihnen befinden sich seit Monaten in einer juristischen Auseinandersetzung mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber.

Angefangen hat der Streit schon Mitte Februar. In einer Personalversammlung wurden alle damals Beschäftigten aufgefordert, einer 20%igen Gehaltskürzung zuzustimmen, und das rückwirkend zum 1. Februar. Ein entsprechendes Papier, das mit den Worten “Änderung des Arbeitsvertrages” überschrieben war und in dem von einer “einvernehmlichen” Änderung die Rede war, sollten die anwesenden Pflegekräfte sofort unterschreiben. Mit der Unterschrift erklärten sich die Beschäftigten gleichzeitig damit einverstanden, ihre Bezüge statt zum 1. jeweils erst zum 10. des Folgemonats angewiesen zu bekommen. Die Gehaltskürzung sei notwendig, um die Arbeitsplätze zu sichern, betont Iken, aber darüber, warum es finanziell so eng geworden ist, gehen seine Aussagen und die seiner MitarbeiterInnen auseinander.

Daß der Betrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, liege nicht daran, daß die Krankenkassen den ambulanten Pflegediensten neue Verträge (mit geringeren Sätzen)  aufgezwungen hätten – zum damaligen Zeitpunkt gab es nämlich noch gar keine neuen Verträge – sondern, wie ein entlassener Kollege behauptet, an einer Fehlkalkulation: Das Haus in der Preußenstraße werde nicht kostendeckend betrieben. Von den insgesamt 18 Plätzen seien 14 als teilstationäre Pflegeplätze konzipiert, aber die Zielgruppe – Senioren und Seniorinnen, die tagsüber Pflege benötigen, doch in der eigenen Wohnung übernachten können – nehme das Angebot nicht an. Der ambulante Pflegedienst trage sich durchaus, aber wenn Fred Iken aus diesem “gesunden” Bereich Gelder abziehen wolle, um das Minus aus dem Pflegeheim zu decken, dann müsse er das Geld den Beschäftigten wegnehmen.

Ob diese Einschätzung zutreffend ist oder nicht, konnte der GEGENWIND leider nicht in Erfahrung bringen. Herr Iken will uns gegenüber keine Stellungnahme abgeben. In einem ersten Telefonat warf er uns lediglich vor, “doch nur alles zu verreißen”, und beim zweiten Kontakt verzichtete er darauf, eventuell unzutreffende Darstellungen Dritter vor der Veröffentlichung richtigzustellen, und kündigte an, statt dessen lieber hinterher “Maßnahmen zu ergreifen”.

Mit seiner Forderung nach Lohnverzicht kam Iken einem Alternativvorschlag einiger Kollegen und Kolleginnen zuvor. Nachdem er schon eine knappe Woche vorher eine Gehaltskürzung angekündigt hatte, wollten sich die Beschäftigten zusammensetzen, um andere mögliche Wege aus der Finanzknappheit zu finden. So gab es z.B. die Idee, statt dessen für eine Übergangszeit auf die Bezahlung der (ständig anfallenden) Mehr- und Überstunden zu verzichten. Die Einsparung für den Betrieb wäre nach Einschätzung der Initiatoren dieselbe gewesen, aber die Berechnungsgrundlage für das Arbeitslosengeld (für den Fall, daß die “Sanierungsmaßnahme” den Betrieb nicht retten würde) wäre dadurch nicht gesunken. Für den Tag, an dem die Beschäftigten, die diese Idee hatten, sich mit ihren KollegInnen treffen wollten, legte nun Fred Iken eine Mitarbeiterversammlung fest – außer der Reihe, denn solche Besprechungen liegen normalerweise auf einem anderen Wochentag.

Nun, von den anwesenden Beschäftigten unterzeichneten die meisten das vorbereitete Papier sofort und drei nach einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Chef. Dieser bemerkenswerte Vorgang las sich in der “Grodenpost” vom 6.3.97 so: “Gerade in diesen schwierigen Zeiten gehen die Mitarbeiter der Krankenpflegedienste Iken geschlossen an die Problematik heran.” Diejenigen, die nicht unterschrieben, bekamen wenige Tage später “aufgrund der vorgenannten betriebsbe- dingten Probleme” die Kündigung zu Ende Juni, verbunden mit dem Angebot, zu einem gesenkten Gehalt weiterbeschäftigt zu werden.

Eine von einer solchen (Änderungs-?) Kündigung betroffene Kollegin hatte noch Urlaub aus dem vergangenen Jahr. Sie wollte ihn, wie es der Tarifvertrag vorschreibt, noch vor Ende März antreten und meldete ihn schriftlich an. Nun ist es bei Iken so, daß man auf ein solches Schreiben manchmal keine Antwort bekommt, und deshalb ist es dort mittlerweile betriebsüblich, daß ein Kollege, der ein solches Ansinnen hat, um eine schriftliche Bestätigung – egal ob Zustimmung oder Ablehnung – bittet, um sich gegen den Vorwurf unentschuldigten Fehlens abzusichern. Genau dieser Vorwurf traf nun aber trotz ihrer Vorsichtsmaßnahme besagte Kollegin, so daß sie nun außer gegen ihre ordentliche auch noch gegen ihre außerordentliche Kündigung klagt.

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