Rohrkrepierer
ICI und Umweltschutz: Unversöhnlich gegeneinander
(buw/hk) Über mehrere Stunden plätscherte in den frühen Morgenstunden des 5.November unbemerkt giftiges, krebserregendes EDC in die Jade. Für den Umweltschutz ein erneuter, makabrer Beweis, daß sich die Chlorchemie und der Schutz der Nordsee gegenseitig ausschließen.
Noch immer gibt es keine Klarheit darüber, wieviel von dem Giftzeug sich in die Jade ergoß. Ob es sich um 800, 1.500 oder gar·3.000 Liter handelte – die Chancen das jemals zu erfahren sind eher gering einzuschätzen. Die Klärung dieser Frage ist auch erst in zweiter Linie bedeutend. Bedeutender ist das, was durch den Störfall ans Tageslicht kam.
Brandmarkt der Störfall doch die lauthals bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit herausposaunten Sicherheitsgarantien der ICI als billige Zwecklügen. Wenn aus einem Hahn stundenlang giftiges EDC (siehe Kasten unten) in die Jade plätschern kann, kann es mit der „doppelt-computerkontrollierten Sicherheit“ (so ICI-Manager Dr. Czieslik) nicht weit her sein. Dieser ungesicherte und nicht überwachte Ablaßhahn auf der ICI-Brücke wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Behörde, die diesen Ablaß genehmigte. Oder war der Hahn gar nicht genehmigt?
Das von der Wasserschutzpolizei ausgesprochene Fangverbot für den Jadebusen (bis zur Linie Mellum/Minser Oldeoog) wurde zwar von der Gewerbeaufsicht bestätigt, doch dachte niemand daran, auch die Öffentlichkeit zu unterrichten. So war es auch nicht verwunderlich, daß am Vormittag des darauffolgenden Tages noch Angler am Hooksieler Außenhafen zu beobachten waren. Erst durch Aktivitäten der Fischer und der Bürgerinitiative Umweltschutz konnte das offizielle Schweigen durchbrochen werden und die Presse und das regionale Fernsehen auf den Störfall aufmerksam gemacht werden.
Die Stadt Wilhelmshaven, bzw. deren für den Umweltschutz zuständige Beamte haben sich, wie wir mehr zufällig erfuhren, in erster Linie darüber Gedanken gemacht, eine Sprachregelung zu finden, durch die ein Imageverlust von der Stadt abzuwenden sei. Wir Wilhelmshavener konnten das Ergebnis erleben: Drei Affen „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen!“
Was bei der ICI stundenlang unkontrolliert in die Umwelt gelangen kann:
EDC=Ethylendichlorid=1,2 Dichlorethan
- EDC ist eine klare, farblose Flüssigkeit mit süßlichem Geruch und ist biologisch schwer abbaubar.
- EDC ist giftig und verursacht Leber- und Nierenschädigungen, Veränderungen der Enzymaktivitäten (Enzyme sind z.B. für den Stoffwechsel maßgeblich) sowie irreversible Schädigungen des zentralen Nervensystems.
- EDC wirkt depressiv auf das Nervensystem.
- EDC führt zu Herz-, Kreislauf – und Magenschädigungen. Die krebserregende und erbgutschädigende Wirkung von EDC ist nachgewiesen, ebenso auch Fruchtschädigungen bei Schwangeren.
- EDC findet auch als Schädlingsbekämpfungsmittel Anwendung.
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