Kleine Ursache, große Wirkung
Gegenwind-Artikel als Auslöser eines Ausschlußverfahrens aus dem Guttempler-Orden
(noa) Eine relativ unwichtige Passage eines Gegenwind-Interviews hat jetzt, fast ein Dreivierteljahr später, unerwartete Folgen: Gegen Wolfgang Klaaßen läuft ein Antrag auf Ausschluß aus dem Guttempler-Orden wegen „ordensschädigenden Verhaltens“.
Der Antrag wurde vom Distrikttempler Helmut Krethe an das Distriktsgericht Niedersachsen gerichtet. Krethe legt dem Antrag Gegenwind-Artikel zugrunde, die er zum Teil zitiert, ohne die Zitate als solche zu kennzeichnen, so daß die Antragsbegründung ein wenig abstrus wirkt:
„Als Anlage unseres Antrages übersenden wir Auszüge aus der Wilhelmshavener Zeitschrift „Gegenwind“ der Ausgaben Nr. 128, 129 und 130 … Aus diesen Zeitungsartikeln geht hervor, daß Br. (Bruder, Anm. d. Red.) Klaaßen mit einer Frau Czech in Wilhelmshaven zusammenarbeitet, die einen zweifelhaften Ruf in Wilhelmshaven hat. Frau Czech hatte in ihrem Hause in Wilhelmshaven, Gökerstr. 109, seinerzeit Asylbewerber untergebracht und dafür von der Stadt entsprechende Mieten kassiert. Da die Asylbewerber ausblieben, vermietete sie die besagten Räumlichkeiten an Bürgerkriegsflüchtlinge und auch zumindest an einen Alkoholabhängigen. Sie hatte dort angeblich auch Guttemplermitgliedern einen Raum zur Verfügung gestellt. Keine Guttempler-Gemeinschaft hatte jedoch dort getagt.
Offensichtlich steckt Br. Klaaßen dahinter, der einen Alkoholabhängigen zu einem „kalten Entzug“ an Frau Czech vermittelte, der dort in einem gefängnisartigen Raum ohne Tageslicht über mehrere Wochen zumindest zeitweilig gegen seinen Willen untergebracht wurde. (Gegenwind Nr. 128, Seite 10).
Nach Aussagen der Dipl.-Sozialpädagogin Weber in einem Leserbrief in Gegenwind Nr. 129, Seite 14, wurde gegen die Betreiberin der Unterkunft Strafantrag wegen Verdacht der Freiheitsberaubung gestellt.
Br. Klaaßen hat einen Alkoholabhängigen zu einer zweifelhaften Dame vermittelt, die eine ebenso zweifelhafte und von Fachleuten keinesfalls anerkannte Therapiemaßnahme durchführte.
Da in diesem Zusammenhang der Name Guttempler (Gegenwind Nr.128, Seite 12, 3. Spalte und Seite 13, 1. Spalte oben) als Vermittler und später auch der Name „Herr K.“ und Wolfgang Klaaßen genannt wurden, ist in der Öffentlichkeit der Eindruck zu entstehen gewesen, daß die Guttempler durch Vermittlung alkoholgefährdeter Menschen an Frau Czech mit dieser zusammenarbeiten.
Daß es sich bei Frau Czech um eine zweifelhafte Person handelt, ergibt sich auch aus dem Bericht Gegenwind Nr. 128, Seite 10, 2.Spalte.
Der Ruf der Guttempler hat somit in der Öffentlichkeit der Stadt Wilhelmshaven Schaden erlitten …
In einer persönlichen Erklärung in Gegenwind Nr. 130, Seite 13, 3. Spalte, läßt Br. Klaaßen verbreiten, daß er bei den Guttemplern in Nienburg seine Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer absolviert hat. Seine ehrenamtliche Tätigkeit führt er jetzt für den Reichsbund durch.
Eine Ausbildung bei den Guttemplern in Nienburg kann Br. Klaaßen nicht absolviert haben, da die Nienburger Geschwister keine Ausbildung anbieten.
Bedingt durch das Vermischen der Suchtgefährdetenarbeit bei den Guttemplern und beim Reichsbund ist auch bei Außenstehenden eine Irritation entstanden, die geeignet ist, einen Vertrauensverlust der Guttempler zu bewirken.
Hier liegt eine Rufschädigung nach außen und innen vor.“
Natürlich sind wir stolz darauf, daß der GEGENWIND auch weit über Wilhelmshavens Grenzen hinaus (Bruder Krethe wohnt in Schiffdorf-Wehden) gelesen wird und dort Menschen zu Handlungen veranlaßt. Nur stimmt in der Begründung des Ausschlußantrages so einiges nicht, und das will Wolfgang Klaaßen nicht hinnehmen. „Ich bin mir keiner Schuld bewußt“, erklärt er gegenüber dem Gegenwind.
Mitnichten hat er den jungen Alkoholiker, der vor mittlerweile einem Jahr in der Gökerstraße 109 einen Entzugsversuch gemacht hat, dorthin vermittelt, und er arbeitet auch keineswegs mit Frau Czech zusammen. Dergleichen hat Frau Czech in dem Interview, auf das Bruder Krethe sich bezieht, auch nicht behauptet. Sie hat lediglich erwähnt, daß sie den jungen Mann durch Herrn Klaaßen kennen gelernt hat, und in diesem Zusammenhang fälschlicherweise gesagt, die Gruppe von Alkoholabhängigen, der sie im vergangenen Winter ihren Gruppenraum zur Verfügung stellte, sei eine Abstinenzgruppe der Guttempler gewesen, was wir ohne Überprüfung veröffentlichten.
Irritation entstand genau genommen erst durch den Leserbrief der 1. Vorsitzenden der Guttempler-Gemeinschaft Nordseestrand Frau Erika Guddusch, den wir in unsere; Ausgabe N r. 130 veröffentlichten. Sie schrieb, es sei bei den Guttemplern in Wilhelmshaven kein Herr K. bekannt, und da es tatsächlich mindestens drei männliche Guttempler in
Wilhelmshaven gibt, deren Nachname mit K. beginnt, waren mit Sicherheit außer der Gegenwind-Redaktion noch einige weitere Menschen irritiert. Herr Klaaßen wurde in der Folge jedenfalls von vielen Bekannten angesprochen und gefragt, was denn da los sei bei den Guttemplern.
Allerdings trug nun der Gegenwind zur Irritation bei. Unsere kurze Bemerkung zu Frau Gudduschs Leserbrief enthielt unrichtige Feststellungen: Zu der Zeit, als Herr Klaaßen eine Gruppe von Alkoholkranken im Gruppenraum im Hause Czech leitete, war er nicht Mitglied der Guttemplergruppe Nordseestrand. Tatsächlich war dies schon die Gruppe, die Wolfgang Klaaßen für den Reichsbund leitete und der Frau Czech den Gruppenraum zur Verfügung stellte, solange der zugesagte Raum im „Point“ noch nicht fertig war. Auch daß Herr Klaaßen seine Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer in Nienburg absolviert habe, ist unrichtig. Er hat diese Ausbildung beim Guttempler-Bildungswerk in Hoya gemacht.
Nun werden diese fehlerhaften Passagen in dem Ausschlußantrag zwar genannt, doch es ist schwer vorstellbar, daß sie die Ausschlußgründe sein sollen. Eher läßt sich denken, dass eine „Zusammenarbeit mit einer zweifelhaften Dame“ wegen der Gefahr der Rufschädigung einen Ausschluß aus einem Verein nahelegt – allerdings sollte der Antragsteller dann doch erst einmal überprüfen, ob eine solche Zusammenarbeit tatsächlich stattfindet oder stattgefunden hat (was nicht der Fall ist).
Eine andere Frage ist, wie die Gegenwind-Ausgaben 128 bis 130 ihren Weg nach Schiffdorf-Wehden zu Bruder Krethe gefunden haben. Es scheint ganz so, als wären die damaligen Querelen bei den Wilhelmshavener Guttemplern, die zu W. Klaaßens erstem Ausschluß und seinem Wechsel zur Gemeinschaft Nienburg/Weser geführt haben, dadurch keineswegs beigelegt worden. Schwester Guddusch kann ja wohl kaum die Informantin gewesen sein, da sie ja keinen Herrn K. bei den Guttemplern kennt. Oder?
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