Glücklich
Mrz 171999
 

Glückliches Rüstersiel

(red) Die Rüstersielerin Marianne Fröhling, seit der letzten Ratssitzung von der einfachen Ratsfrau zur Bürgermeisterin Numero zwei avanciert, hat jetzt in ihrem Umfeld wieder alten Stallgeruch in der Nase.

Die frisch gebackene grüne Bürgermeisterin kennt sich schließlich in den Stallungen des neuen Partners SPD gut aus. In den 80er Jahren war sie dort ziemlich aktiv und brachte es bis zur stellvertretenden SPD-Unterbezirksvorsitzenden. Ihr Rüstersieler Ortsverein schlug sie 1989 gar als eine von drei Kandidatinnen (neben Iwersen und Aljets) für die Bundestagswahl vor. Das Rennen machte damals bekanntlich Gabriele Iwersen.

Doch Ende Oktober 1990 schien sie von den strengen Stallgerüchen etwas zu viel ins Riechorgan bekommen zu haben. In einem Brief an den Unterbezirksvorstand der SPD in Wilhelmshaven vom 27.10.1990 erklärte sie ihren Rücktritt vom Amt als Stellvertreterin des Unterbezirksvorsitzenden.

Ihren Abgang vom Amt begründete sie damals u.a. so: “Beschlüsse, die im Vorstand mehrheitlich gefasst wurden, sind im Anschluss daran von dem 1.Vorsitzenden ohne Rücksprache mit dem UB-Vorstand geändert oder gar nicht erst ausgeführt worden”. Über Absprachen zum Wohle der SPD hätte sie gar nicht oder erst später von anderen erfahren, da die vom UB-Vorsitzenden heraus- gegebene “Geheimstufe 1” galt.

“Für mich” – so wörtlich – “ist der Vorstand des Unterbezirks Wilhelmshaven lediglich zu einem statutengerechten Erfüllungsgehilfen ausgewachsen. Lediglich die Bewältigung um Personalgerangel sind Hauptthema in den Vorstandsitzungen”.
Aber so richtigen Ärger mit den Genossen bekam sie dann Anfang 1991, als sie sich über die – eigentlich parteiüblichen – Machenschaften im SPD-Ortsverein Rüstersiel im Kreise lieber Genossen ausließ. So hätte beispielsweise der Ratsherr Gabriels ohne ihr Wissen eine Rüstersieler Genossin, Irmtraut Pukrop, animiert, für den Rat zu kandidieren.
Doch dies konnte sie letztlich dann doch nicht so recht beweisen, da ihre Parteifreunde plötzlich akute Hörprobleme vorgaben bzw. an Erinnerungsstörungen litten. So musste sie, bei Androhung einer Widerrufs- bzw. Unterlassungsklage ihres Rüstersieler Ratsherrn G., der hierzu einen Notar beauftragt hatte, der rein zufällig auch Rüstersieler Genosse war, klein beigeben.

“Nase voll – habe fertig”; Marianne Fröhling entsagte nun endgültig allen Dünsten und Düften des roten Stalles, kehrte den Genossen im Dorf den geprügelten Rücken und wurde Mitglied der Grünen.

Doch auch da war sie vor Anfechtungen ihrer ehemaligen Parteifreunde nicht sicher.
Wieder war es ein Mitglied des Ortsvereins Rüstersiel, Genossin Irmtraut Pukrop, die unterdessen – wie vormals Fröhling – stellvertretende Vorsitzende im SPD-Unterbezirk Wilhelmshaven geworden war, die sie im Januar 1994 öffentlich im Heimatblatt attackierte.
Als Landtagskandidatin von Bündnis 90/Die Grünen hatte Fröhling vorher den damaligen Unterbezirksvorsitzenden Junklewitz kritisiert. Die Rüstersielerin Pukrop machte nun in einem langen Artikel der Rüstersielerin Fröhling klar, “weshalb sie während ihrer Mitgliedschaft in der SPD keine Mehrheit für eine Kandidatur zum Bundestag bzw. zum Rat der Stadt fand. Nur polemisch sein, reicht nicht aus”, so Genossin Pukrop. Des weiteren habe sie sich nicht sehen lassen, als es um die Arbeitsplätze im Arsenal oder bei den Milchwerken ging. Dagegen seien alle Mandatsträger der SPD, ob auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene immer präsent gewesen (!!! – die Red.). “Und wenn Frau Fröhling gegen die Aufstellung eines U-Bootes ist, gleichzeitig aber für den Erhalt der Arbeitsplätze beim Arsenal eintritt, dann wird vollends deutlich, wie unglaubwürdig dies ist”. Am Schluss dieses Rüstersieler “Damen-Schießens” legte Genossin Pukrop noch eine Schippe drauf und schrieb: “Bevor Frau Fröhling sich zu anderen Parteien äußert, sollte sie erst einmal Klarheit über die politische Zielsetzung ihrer eigenen politischen Gruppierung herbeiführen”.
Doch jetzt sind Klageandrohungen und alle anderen Vorwürfe nur noch Schnee von gestern. Ihre damalige Widersacherin hat längst ihre Parteiämter im SPD-Unterbezirk und im Ortsverein “aus dienstlichen Gründen” wieder abgegeben.

Und Fröhlings politische Ziele sind durch das künftige gemeinsame Kuscheln und Muscheln mit der Rot-Fraktion reale Wirklichkeit geworden.
Eingekehrt scheint damit auch wieder der politische Friede im idyllischen Sielort zu sein.
The King of Rüstersiel, der betagte, aber noch quirlige SPD-Ratsherr Gabriels, kann nun wieder beruhigt durchs Dorf schreiten und vom ankerverzierten Dorfanger aus regieren. Dort könnte jetzt sicher auch ein Kleinst-U-Boot mit Camel-Werbung Platz finden, ohne dass die “Grüne Marianne” protestieren würde.
Hurra! Jetzt ist alles dicht bei dicht. Nur wenige Schritte hat es der Rüstersieler Ratsherr künftig bis zu seiner 2.Bürgermeisterin. Und auch nur ein Katzensprung bis zum Domizil des (noch) parteilosen 1. Bürgermeisters, Focke Hofmann. Glückliches Rüstersiel!

Hier kann jetzt so richtig schön Politik gemacht werden. Die Macht geht nun vom Dorfe aus. Schließlich bringen die beiden Bürgermeister geballte politische Erfahrungen aus CDU, UWB und SPD, Bündnis 90 / Die Grünen mit. Wer weiß, vielleicht machen sich die beiden schon Gedanken über den Kauf einer Parzelle im dörflichem Neubaugebiet, um dort ein Mini-Rathaus zu errichten.

 

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