Gleicher Name
Nov 021992
 

Schlechter Ruf

Fatale Folgen einer Namensvetternschaft

(hh) Frage an Radio Eriwan: Ist es schlimm, in einer Stadt wie Wilhelmshaven einen oder mehrere Mitbewohner gleichen Namens zu haben? Antwort: Im Prinzip nein, außer man heißt Thorsten de Vries. Der GEGENWIND sprach mit dem Thorsten, der mit rechter Gesinnung nichts am Hut hat.

Schon vor Jahren hatte Thorsten de Vries gemerkt, daß es mit seinem Namen etwas Ungewöhnliches auf sich hatte. Da kamen schon mal Telefonanrufe, bei denen er aufs Übelste beschimpft wurde und, schlimmer noch, er sollte zu Anzeigen, die bei der hiesigen Polizei gegen ihn eingegangen waren, Stellung nehmen, von deren Hintergrund er keinen Schimmer hatte. Bald fand er heraus, welche Ursache diese Verwechslungen hatten. Der andere de Vries, fleißige GEGENWIND-Leser wissen das, macht seit Jahren durch ausländerfeindliche und neonazistische Aktivitäten auf sich aufmerksam. Er war Organisator des Treffens des Deutschen Kameradschaftsbundes; von dem wir im GEGENWIND 108 ausführlich berichteten. Demnächst wird er eine längere Haftstrafe antreten.
Nach dem 23.5., dem Tag des Faschistenaufmarsches, wurde für unseren Thorsten de Vries der Alltag jedoch qualvoll. Die Anrufe nahmen massiv zu. Unter der Woche waren es 1 – 2 Anrufe pro Tag, bei denen er als Faschistenschwein u.ä. beschimpft wurde. An Wochenenden klingelte es dann minütlich. Thorsten, der, schon leicht verzweifelt auf Sätze wie „Du Nazischwein, wir machen dich kalt“ reagierte, indem er den Anrufern zu erklären versuchte, daß er nicht der richtige sei, bekam zu hören, daß das ja jeder sagen könne. Aber auch andere Anrufe verunsicherten ihn etwas. Da beglückwünschte dem vermeintlich Rechten ein „Kamerad“ zur Eröffnung einer neuen Partei. So oder so, Thorsten ist wider Willen zwischen die Fronten geraten und möchte, obwohl er nicht besonders ängstlich ist, dem ein Ende bereiten. Zumal de Vries‘ Aktivitäten seinem Ruf nicht gerade zuträglich sind. Vor einigen Wochen bezichtigte ihn die Polizei, die offensichtlich auch wenig dazulernt, an einer Schlägerei in F-Groden maßgeblich beteiligt gewesen zu sein. Für Thorsten, der dort wohnt, eine schlimme Geschichte. Unerträglich wird es allerdings, wenn Thorsten, der, gerade mit dem Bund fertig, Absagen auf Bewerbungen bekommt, die möglicherweise auf seine Namensgleichheit zurückzuführen sind.
Daraus hat er jetzt Konsequenzen gezogen und beim Ordnungsamt einen Antrag auf Namensänderung gestellt. Außerdem vergibt die Post Geheimnummern, von denen er eine beantragt hat. Nicht eben billig: Eine Namensänderung kann Kosten bis zu 10% des Nettogehalts nach sich ziehen und die Post, die ja bekanntlich für viele Leistungen einen Einheitspreis von 65,- DM verlangt, wird mit ihrer Rechnung auch nicht auf sich warten lassen.
Man mag zu Unmutsäußerungen per Telefon gleich welcher Art ja stehen wie man will, man sollte jedoch sicher sein, auch den richtigen an der Strippe zu haben. Unser Thorsten wohnt in Fedderwardergroden und möchte in Zukunft gerne auf Drohanrufe und Beschimpfungen verzichten.

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