Gewerkschaften
Mrz 012006
 

Klassenkampf

Auch die Beschäftigten der Stadtverwaltung kämpfen für ihre Rechte

(hk) Ein mit ‚Eberhart Menzel, Wilhelmshaven’ unterzeichneter Leserbrief in der Bild-Zeitung sorgte zu Beginn der Streiks im Öffentlichen Dienst für gehörige Aufregung. Es stellte sich heraus, dass der Leserbrief von einem Wilhelmshavener Bürger an die Bild-Zeitung geschickt wurde und diese den Brief ohne Überprüfung abdruckte. Der dadurch angerichtete Schaden hielt sich auch für den unter Verdacht geratenen Oberbürgermeister in Grenzen – schließlich konnte sich niemand vorstellen, dass das ver.di-Mitglied Menzel einen solchen Brief verfassen würde.

In der konkreten Auseinandersetzung vor Ort lässt unser Oberbürgermeister aber schon gehörig den Chef raushängen, wie der nachfolgend dokumentierte Streit belegt.

1.: Der Aufruf – ver.di an Beschäftigte

Nach uns bekannt gewordenen und bestätigten Beschlüssen aus den diesjährigen Klausurberatungen der beiden großen „Volks“-Parteien soll die Gangart gegenüber dem städtischen Personal massiv verschärft werden.
Geplant ist folgendes:

  • Gehaltskürzungen, 
  • Zwangsumsetzungen, 
  • Privatisierungen und 
  • betriebsbedingte Kündigungen

Ver.di und die Personalvertretungen der Stadt werden sich gegen diese unsozialen, unwirtschaftlichen und unstrukturierten Vorschläge mit allen Mitteln zur Wehr setzen und keinesfalls auf bestehende Rechte verzichten!
Kolleginnen und Kollegen, es geht um eine vollkommen neue Qualität des Arbeitsplatzabbaus, da nunmehr auch Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden sollen.
Im Zusammenhang mit der derzeitigen Tarifauseinandersetzung ruft ver.di alle Beschäftigten der Stadt Wilhelmshaven zu einem Streik und einer Kundgebung am Donnerstag, den 16.02.2006 auf.

2.: Die Antwort – Der Oberbürgermeister an die Beschäftigten

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
(…) Heute habe ich von einem Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 07.02.2006 Kenntnis erhalten. Darin werden Sie alle aufgerufen, an einem Streik und einer Kundgebung am 16.02.2006 teilzunehmen. Die von der Gewerkschaft aufgeführten Gründe sind jedoch nur Unmutsäußerungen gegen Parteibeschlüsse und können deshalb nicht Gegenstand von Arbeitskampfmaßnahmen sein.
Der Streikaufruf richtet sich gegen Beschlüsse von Parteien und ist deshalb unzulässig, weil er kein tarifvertragliches Ziel beinhaltet. Ein Streik wäre somit nach der Rechtssprechung des BAG rechtswidrig.
Die Teilnahme an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen während der Arbeitszeit werde ich nicht ungeahndet hinnehmen, da sie ein Verstoß gegen die Friedenspflicht und außerdem eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass

  • diese Pflichtverletzung Grund für eine Abmahnung sein kann
  • darüber hinaus die Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik zu einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung berechtigen kann
  • Beschäftigte, die an rechtswidrigen Streikmaßnahmen teilnehmen, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sind.

In Ihrem eigenen Interesse fordere ich Sie daher auf, die Teilnahme an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen.

3. Die Reaktion – ver.di an Beschäftigte

Liegen beim Oberbürgermeister die Nerven blank..?
Arbeitskampfmaßnahmen von ver.di sind eindeutig rechtmäßig
Der Aufruf von ver.di zur Teilnahme zu Streikmaßnahmen bei der Stadt Wilhelmshaven geht eindeutig um den derzeitigen Tarifkonflikt hinsichtlich der Kündigung der Arbeitszeitregelungen und richtet sich nicht gegen die Beschlüsse von Parteien, wie der Oberbürgermeister fälschlicherweise behauptet. (…)
Ver.di hat den Oberbürgermeister bereits aufgefordert, die gegenüber den Mitarbeitern ausgesprochenen Drohungen zurückzunehmen, da sie sich gegen das grundgesetzlich geschützte Streikrecht wenden.

4. Unterstützung – ver.di Landesbezirk an den Oberbürgermeister

Sehr geehrter Herr Menzel,
Ihre Behauptung, unser Streikaufruf richte sich gegen Beschlüsse politischer Parteien, stellt eine bewusste Verdrehung der Tatsachen dar. Unser Streikaufruf für den kommunalen Bereich Niedersachsens ist ausschließlich auf die Wiederinkraftsetzung der Vorschrift über die wöchentliche Arbeitszeit gerichtet.
Die von den Arbeitgebern geforderten längeren Arbeitszeiten stellen eine Gehaltskürzung dar und können in der Folge zu betriebsbedingten Kündigungen und Zwangsumsetzungen führen.
Ihre Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen entbehrt daher jeglicher Grundlage. Wir fordern Sie auf, den unzulässigen Eingriff in die Arbeitkampfparität sofort zu unterlassen.

5. Der Rückzug – Der Oberbürgermeister an die Beschäftigten

Der ver.di Landesbezirk Niedersachsen-Bremen hat mir schriftlich erklärt, dass ausschließlich die Wiederinkraftsetzung der Vorschrift über die wöchentliche Arbeitszeit Ziel der Arbeitskampfmaßnahme ist. Anders als in dem erheblich missverständlichen Aufruf der ver.di-Geschäftsstelle Wilhelmshaven ist damit aber auch klargestellt, dass andere – offenbar örtliche – Wünsche, Vorstellungen und Forderungen als die, die mit der gekündigten Arbeitszeitregelung zusammenhängen, nicht Gegenstand der derzeitigen Tarifauseinandersetzung und damit auch des angedrohten Streiks sein werden. Damit ist vermieden, dass der Streik insgesamt als ein rechtswidriger zu qualifizieren wäre und die Teilnahme arbeitsrechtliche Konsequenzen außer dem Verlust der Bezüge für den streikbedingten Arbeitsausfall nach sich ziehen würde.

6. Der Erfolg

Streik

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